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Re: Re: [InetBib] Was geht in § 52b UrhG?
- Date: Tue, 13 Nov 2007 15:59:39 +0100 (CET)
- From: Eric Steinhauer<eric.steinhauer@xxxxxxxxx>
- Subject: Re: Re: [InetBib] Was geht in § 52b UrhG?
Lieber Herr Kuhlen,
im Grunde sind wir uns über die Zielstellung alle einig. Bibliotheken sollten
alle Materialien am besten campusweit zur Verfügung stellen dürfen.
Von diesem Ziel sind wir noch ein wenig entfernt. § 52 b UrhG darf hier als
erster Schritt in die richtige Richtung gelten. Fraglich ist nur, wie groß
dieser Schritt ist.
Was die Reichweite von § 52b UrhG angeht, bin und bleibe ich knochentrockener
Dogmatiker und nehme den Gesetzgeber einfach beim Wort. Wenn das Ergebnis etwas
merkwürdig ist, ist es Sache des Gesetzgebers das zu korrigieren. Freilich
spricht einiges dafür, auch aktuell lieferbare Titel in den Anwendungsbereich
von § 52b UrhG einzubeziehen. Die ganze Aufregung um die Bestandsakzessorietät
wäre sonst sinnlos.
Allerdings möchte ich in Erinnerung rufen, dass § 52b UrhG in der Fassung des
Regierungsentwurfes OHNE Bestandsakzessorietät in den Bundestag eingebracht
worden ist. Das passt wunderbar zu der von mir favorisierten Auslegung. Denn es
macht in der Tat keinen Sinn, eine Bestandsakzessorietät für vergriffene Titel
zu fordern.
Wie dem auch sei. Die Sache ist nun unklar. Auf der Urheberrechtstagung in
Göttingen war es übrigens Herr Sprang vom Börsenverein, der die
Unverständlichkeit und Unklarheit im Urheberrecht bemängelt hat. Das Recht sei
kaum noch zu durchschauen und in der Praxis nicht mehr handhabbar.
Vor diesem Hintergrund finde ich es bedenklich, das ohnehin schon komplizierte
Recht durch Analogien und dergleichen für den normalen Anwender noch
undurchschaubarer zu machen.
Das Berger-Gutachten hat natürlich eine gewisse Tendenz. Wenn ich der von
Berger vertretene Auslegung von § 52 b UrhG mit einer gewissen Sympathie
gegenüberstehe, so bedeutet das nicht, dass ich mir das Gutachten zu eigen
mache. Im Gegenteil.
Ein enges Verständnis von § 52b UrhG gibt dem Gutachten eine gewisse
Inkonsistenz und macht es angreifbar. Wenn nämlich § 52 b UrhG tatsächlich
keine Vervielfältigung erlaubt und es bei den allgemeinen Regeln bleibt, dann
reden wir über die Digitalisierung von vergriffenen Werken. Die ganze übrige
Argumentation in Bergers Gutachten, die das Problem der Bestandsakzessorität in
den Vordergrund rückt, wäre dann sinnlos, da ja Digitalisierungen, die zu
Umsatzeinbußen der Verlagen führen konnten, rechtlich gar nicht möglich wären!
Man könnte hier eher eine kritische Anfrage an Bergers Gutachten formulieren,
warum er seine eigene enge Auslegung von § 52b UrhG nicht konsequent zuende
gedacht hat.
Die ganze Diskussion, die ich in Ton und Stil übrigens ausgesprochen ausgewogen
finde (Lob an die Liste!), zeigt für mich in aller Deutlichkeit das Versagen
des Gesetzgebers. Das ist kein Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft, das
ist Urheberrecht für den Rundordner! Im dritten Korb ist vor allem ein klares
und verständliches Recht anzumahnen. Was nützen die schönsten Normen, wenn man
sie erst nach der Lektüre eines umfangreichen Lehrbuchs zur juristischen
Methodenlehre einigermaßen sicher anwenden kann? Ein klares und verständliches
Urheberrecht, ich denke, auch dies ist ein Ziel, bei dem sich alle hier in der
Liste einig sind.
Eric Steinhauer
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.