[Date Prev][Date Next][Thread Prev][Thread Next][Date Index][Thread Index]

Re: [InetBib] Neues Urheberrecht noch dieses Jahr?



On Fri, 14 Sep 2007 15:06:31 +0200 (CEST)
 Mario Kowalak <kowalak@xxxxxxxxxxxxxxx> wrote:

Ich greife aber gern den sachlichen Aufhaenger der
Botschaft auf, um
nochmal nachzufragen: So, wie ich Herrn Steinhauer
verstanden habe (vgl.

http://bibliotheksrecht.blog.de/2007/08/30/s_137_l_urhg_die_entspannte_sicht_der_di~2894919)
ist hier aber keine Panik angebracht? Tritt die Aenderung
bei § 137 l UrhG
inkraft, haben die Autoren gegenueber den Verlagen binnen
Jahrsfrist die
Moeglichkeit einer uneingeschraenkten Ausuebung von
Nutzungsrechten zu
widersprechen. Wobei vielfach (z.B. in den Geisteswiss.)
in der
Praxis ueberhaupt keine uneingeschraenkten Nutzungsrechte
bestehen werden.

Diese Jahresfrist kann dann ebenso von
Hochschulserverbetreibern genutzt
werden, um sich Rechte zur Online-Publikation von den
Wissenschaftlern
abtreten zu lassen. Man moege mich bitte korrigieren,
wenn ich das falsch
interpretiert haben sollte und groesste Eile geboten
waere.


Ein Inkrafttreten der Gesetzesaenderung zum 1.12.2007 ist
derzeit nicht unwahrscheinlich, siehe den Beitrag von Herrn
Steinhauer zur Stellungnahme der Bundesratsausschuesse.

Will man auf Nummer Sicher gehen, dann wird man beim Laufen
einer Jahresfrist sicher auch in Zweifelsfaellen zum
Widerspruch raten.

Grund: Es kann ausgeschlossen werden, dass innerhalb des
Jahres eine gerichtliche Klaerung der Zweifelsfragen
moeglich ist. Es ist fraglich, ob etwa seitens des
Boersensvereins eine einvernehmliche Auslegung des Gesetzes
 zustandekommt. Daher besteht das Risiko, dass sich nach
Ablauf der Jahresfrist eine fuer die Autoren unguenstige
Auslegung durchsetzt. Dem Einwand, dass man darauf vertraut
habe, die Voraussetzungen der Regelungen (z.B. Uebertragung
aller wesentlichen Rechte) haetten nicht vorgelegen bzw. es
bestuenden verfassungsrechtliche Bedenken, wird ein Gericht
 entgegnen: Dann waere es ja nur rational gewesen,
sicherheitshalber den Widerspruch einzulegen.

Gehen wir von einem Fachgebiet aus, bei dem auch vor 1995
Vertraege ueber Zeitschriftenartikel bereits moeglich
waren. Dann waere es nicht besonders klug, die bei den
Geisteswissenschaften naheliegende Loesung, nur bei den
Monographien zu widersprechen, ansonsten aber auf § 38 UrhG
zu vertrauen, anzuwenden. Das bedeutet: Der Autor muss
einer Vielzahl von Verlagen ein Einschreiben mit dem
Musterbrief senden.

Sobald man einen Autor dazu bewegt hat, fristgerecht
Widerspruch einzulegen, gibt es im Prinzip gruenes Licht
fuer den Schriftenserver, da der Verlag sein Veto nicht
mehr einlegen kann.

ABER: Der Schriftenserver muss nun an den Autor herantreten
und diesen bitten, seine Beitraege zur Verfuegung zu
stellen, also ein (einfaches) Nutzungsrecht einzuraeumen.

Der besondere Charme des Vorschlages von Steinhauer aber
ist:

Werden die Online-Rechte vor dem Inkrafttreten des Gesetzes
(also dem 1.12.2007, voraussichtlich) einem Dritten (hier:
dem Schriftenserver) eingeraeumt, so sieht der Entwurf vor,
dass der automatische Anfall der Rechte an den Inhaber der
ausschliesslichen Nutzungsrechte unterbleibt.

Das hat 2 grosse Vorteile:

* Der Autor muss nicht gegenueber dem Verlag widersprechen
(wer widerspricht schon gern seinem Verlag?)

* Der Schriftenserver hat die Rechte, die er sonst noch
eigens vom Autor erbitten muesste, und kann die Beitraege
einstellen.

Uebersendet ein Autor dem Schriftenserver vor dem 1.12.2007
seine Veroeffentlichungsliste unter Einraeumung eines
einfachen Nutzungsrechts fuer die Online-Nutzung und
bestaetigt der Schriftenserver dies, so duerfte dies als
Beleg gemaess § 137 l ausreichen. Dies bedeutet nicht
notwendigerweise, dass der Schriftenserver verpflichtet
waere, sofort die komplette Liste zu digitalisieren. Ein
Missbrauch laege wohl nur dann vor, wenn von vornherein
klar ist, dass der Schriftenserver auch in Zukunft keine
einzige Publikation aus der Liste veroeffentlichen wird.
Zaehlt der Autor zu den Destinataeren des Schriftenservers
(z.B. als Hochschullehrer oder Lehrbeauftragter), so stellt
sich die Frage der Unwirksamkeit einer solchen pauschalen
Rechteeinraeumung nicht, da der andere Vertragspartner (der
Schriftenserver) bereits seinerseits eine pauschale
Veroeffentlichungszusage erteilt hat.

Klaus Graf   



Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.