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[InetBib] Zentralbibliothek der Bayerischen Kapuziner (Re: Kapuziner-Bibliothek aus Roudnice nad Labem)



Zur Ergänzung des zuvor mitgeteilten hier noch Auszüge aus der Darstellung des
früheren Provinzials der Bayerischen Kapuzinerprovinz, P. Kosmas Wührer OFMCap,
unter dessen Ägide die Zentralbibliothek in Altötting errichtet wurde
("Bayerische Kapuzinerbibliotheken", in der Festschrift für Hermann Holzbauer
(Entwicklungen und Bestände, Wiesbaden 2003), S. 229-238).

(...) Die Frage lautete: wohin mit den Büchern der aufgelassenen Klöster?

Zentralbibliothek
Die Idee einer Zentralbibliothek wird im Februar 1973 zum erstenmal vom
Provinzbibliothekar der Provinzleitung vorgetragen. Im Juni 1974 wird die Idee
der Zentralbibliothek mit dem bayerischen Staatsministerium für Unterricht und
Kultus besprochen. Seitens des Ministeriums gibt es keine Einwände. Als Gebäude
für die Zentralbibliothek wird seit August 1974 die Bierbrauerei im Konvent St.
Konrad/Altötting ins Auge gefaßt, nachdem der Betrieb stillgelegt worden war. Es
wird geplant, in der Zentralbibliothek vor allem die kostbaren alten Bücher zu
sammeln und zu erhalten: die Werke aus den Jahren 1450 bis 1803 in je einer
Ausgabe, dazu die Werke ab 1803, die franziskanisches Geistesgut enthalten.
Im März 1976 erfolgt der Beschluß der Provinzleitung, im bisherigen
Brauereigebäude die Zentralbibliothek zu errichten. Der Architekt wird mit der
Baumaßnahme beauftragt, die Regalanlage wird bestellt. Am 19. Juli 1976
beginnen die Bauarbeiten. Am 25. November 1976 rollen die ersten Bücher-
transporte aus München an. Es folgen Bücher aus Immenstadt, Mainburg,
Kempten, Erding, Mussenhausen, Rosenheim, Maria Birnbaum, Wemding,
Türkheim, Eichstätt, Altötting St. Magdalena, Vilsbiburg, Regensburg, Dillingen.
Die Bücher werden zum Teil in den Kellerräumen unter der St. Anna-Basilika
zwischengelagert.

Zentralbibliothek von Altötting nach Eichstätt
[vgl. Klaus Walter Littger: Die Übernahme der Zentralbibliothek der Bayerischen
Kapuziner in Altötting durch die Universitätsbibliothek Eichstätt, in: Jahrbuch
Kirchliches Buch- und Bibliothekswesen 1 (2000), S. 133-140.]

Am 15. April 1999 meldete sich der Direktor der Universitätsbibliothek
Eichstätt, Hermann Holzbauer, zusammen mit einem Kollegen und den Vertretern der
Stiftung Katholische Universität Eichstätt beim Guardian von St. Konrad /
Altötting zu einem Termin, um die Zentralbibliothek zu besichtigen. Das war
der Anfang einer umfangreichen Maßnahme, des Umzugs der etwa 420.000 Bände,
die bisher in Altötting gelagert waren, in die Universitätsbibliothek Eichstätt.
Dazu wurden mit Datum vom 23.06./25.06.1999 zwischen der Provinz der
bayerischen Kapuziner und der Stiftung Katholische Universität Eichstätt und
mit Zustimmung der Generaldirektion der Bayerischen Staatlichen Bibliotheken
vom 29.06.1999 ein Überlassungsvertrag abgeschlossen, aufgrund dessen die
Umsiedlung der Bücherbestände am 6. August ihren Anfang nahm. Der Lastwagen
einer Eichstätter Spedition mußte etwa zehnmal nach Altötting pendeln, um die
Bücher zu holen und auszuladen. Für die Erschließung der Bestände stellt der
überdiözesane Fonds Bayern eine Finanzhilfe. Die Erfassung des ganzen
Bestandes wird noch lange Zeit in Anspruch nehmen. Die Erschließung erfolgt im
Rahmen des Bayerischen Bibliotheksverbundes; somit werden alle Titel in den dem
Internet angeschlossenen Kapuzinerkonventen nachweisbar und können von allen
genutzt werden. Damit überschreitet der Nutzen für den Orden die vorigen
Möglichkeiten erheblich.
   Die Vollzugmeldung nach abgeschlossenem Umzug kommt von Hermann Holzbauer
am 26. Januar 2000 an den Oberen der Provinz der Bayerischen Kapuziner,
A.R.P. Werner Labus:

"Hochwürdiger Pater Provinzial,

die Universitätsbibliothek zeigt an, dass sie mit Datum des 13.01.2000 die
Überführung der Bestände der Kapuzinerbibliothek von Altötting nach Eichstätt
und von Vilsbiburg nach Eichstätt gemäß § 2, Abs. 3 in Verbindung mit § 7 ÜV
ordnungs- und fristgemäß vollzogen hat. Mit Datum des 18.01.2000 befinden sich
sämtliche Bestände in Eichstätt. Gemäß ÜV § 2, Abs. 4 erwirbt die Stiftung mit
dem Ausladen der Bestände in Eichstätt den unmittelbaren Besitz hieran. Mit der
Bearbeitung wurde bereits mittels eines eigenen dafür eingerichteten
Geschäftsganges begonnen (vgl. ÜV § 4, Abs. 1).
   Gemäß § 4 ÜV wurden ebenfalls die in Eichstätt brauchbaren Teile der
Regalanlage von Altötting nach Eichstätt, bestehend aus ca. 3600 Regalböden und
ca. 60 Regalpfosten, gebracht.
   Gemäß § 2, Abs. 2 unter Beachtung von § 2, Abs. 2 ÜV hat die
Universitätsbibliothek nach fach- und pflichtgemäßem Ermessen des
Unterzeichneten, der die Aktion vor Ort leitete, sowohl Bücher an Antiquare
verkauft als auch Bestände vorab ausgeschieden. Gemäß § 2, Abs. 2 fließt der
Verkaufserlös der Kapuzinerprovinz zu, die ihn für die Durchführung der
Übernahme zur Verfügung stellen wird. Die Mittel werden auf einem
Drittmittelkonto der KUE (Katholische Universität Eichstätt) verwahrt.
   Bewegt wurden ca. 420.000 Bände, das entspricht ca. 14.000 Regalmetern, also
einer Strecke von z.B. Altötting nach Burghausen oder viermal der Schulweg
Bruder Konrads von Parzham nach Weng und zurück."

Es folgt der Dank an alle, die die umfangreiche Aktion unterstützt und dabei
geholfen haben. Hinzugefügt werden darf noch der Dank des Provinzials, P. Werner
Labus, für die Vollzugsmeldung und der Ausdruck der Hochachtung für den
Kraftakt, der in dieser kurzen Zeit vollbracht worden ist.

Soweit der Bericht von P. Kosmas Wührer OFMCap. Damit konsistent ist die
Darstellung des Vorgangs, die Holzbauer gegenüber der katholischen Tagespost
gegeben hat (DT vom 1.3.2007).

Zitat:
Wie Holzbauer erklärte, waren viele der 350 000 für Eichstätt bestimmten Bände
erhaltungswürdig. Bei den vernichteten Büchern handele es sich offenbar auch um
völlig unbeschädigte Exemplare. Bei der Sichtung der Bestände in Altötting
seien die buchklimatisch ungünstig deponierten Bücher „besonders auf ihre
weitere Verwendbarkeit überprüft worden“. In Zusammenarbeit mit dem Institut
für Buchrestaurierung in München habe man vor dem Transport nach Eichstätt
auch vom Schimmel befallene Bücher behandelt beziehungsweise aussortiert.
Ungebundene und lückenhafte Mehrfachdubletten, die für den Antiquariatsverkauf
nicht mehr in Frage kamen, seien entsorgt worden. Insgesamt stellten die
sieben bayerischen Diözesen zwischen 1999 und 2005 147 500 Euro für den
Transport und die Aufarbeitung der Bibliothek zur Verfügung.

Holzbauer, der auch Gutachten für mehrere Jesuitenprovinzen angefertigt hat,
unterstrich gegenüber der „Tagespost“ seine Einschätzung, dass „eine katholische
Universität für die Abfederung der Säkularisation einer Ordensbibliothek
in hohem Maße berufen ist. Der Sinn ist: besitzen und teilen. Sonst wird
angesichts der absehbaren Auflösungen von Klosterbibliotheken in den
nächsten Jahrzehnten eine Sammlung nach der anderen in alle Winde zerstreut.“
Zitat Ende.

Hermann Holzbauer mußte, wie im Vorwort zur Festschrift nachzulesen ist, als er
1977 von neuen Bibliotheken an die neu aufzubauende Eichstätter
Hochschulbibliothek kam, sich zunächst einmal selbst mit der Bedeutung von Alt-
und Sonderbeständen in einer neuen Bibliothek vertraut machen, hat dann aber
schon bald deren Sammlung, Erschließung und Betreuung intensiv gefördert. Bleibt
nur noch hinzuzufügen, was in Agora - Magazin der Katholischen Universität
Eichstätt-Ingolstadt 2/2004,
http://www.ku-eichstaett.de/presse/agora/ausgabe2_04/f_/agora_0204.pdf
auf S. 33 oben nachzulesen ist:

Dr. Hermann Holzbauer, Direktor der Eichstätter Universitätsbibliothek, ist mit
dem Bundesverdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik
Deutschland ausgezeichnet worden. "Die Universität verdankt Ihnen die Erhaltung
mehrerer großer Sammlungen aus dem staatlichen, kirchlichen und privaten
Bereich, von denen ein Teil ohne Ihr Engagement verkauft und aufgelöst worden
wären", sagte Wissenschaftsminister Dr. Thomas Goppel in seiner Laudatio.



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