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[InetBib] Offener Brief: Gemeinsame Stellungnahme des dbv und des Boersenvereins des Deutschen Buchhandels ...



Offener Brief der BSB München, der UB Frankfurt, der ZBMed Köln, der
NSUB Göttingen, der ULB Halle sowie der TIB Hannover
an die Vorsitzende des DBV, Frau Dr. Lux

An die
Vorsitzende des Deutschen Bibliotheksverbandes
Frau Dr. Claudia Lux
Zentral- und Landesbibliothek Berlin
Blücherplatz 1
10961 Berlin 14.03.07
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Gemeinsame Stellungnahme des dbv und des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels zum 2. Korb der Novellierung des Urheberrechts

*

Sehr geehrte Frau Lux,

Nachdem wir unsere Kritik an der o.g. Vereinbarung mit einem offenen Brief vom 18.02.07 bereits artikuliert hatten, haben sie uns am 19.02. geantwortet und im Wesentlichen deutlich gemacht, dass der dbv bzw. die für ihn im Rahmen des Gespräches mit dem Börsenverein agierenden Personen eigentlich nichts weiter getan haben, als einen den Bibliotheken durch die Gesetzesvorlage drohenden Schaden abzuwenden. Ohne auf die sachlich völlig neben der Sache liegenden Vorwürfe gegen einen der Unterzeichner eingehen zu wollen, müssen wir nun feststellen, dass sie in einem Brief an alle dbv- Mitglieder ihre Position -- abgesegnet durch den Vorstand des dbv -- noch einmal unterfüttern und bekräftigen. Im Prinzip lässt sich ihre Haltung dahingehend zusammenfassen, dass EU-Richtlinie und Gesetzentwurf den Bibliotheken gar keine andere Wahl lassen, als sich mit der "Gegenseite" (dem Börsenverein) zu einigen. Die damit verbundene, wissenschaftspolitisch fatale Wirkung wird von Ihnen überhaupt nicht wahrgenommen.

Natürlich geben wir Ihnen Recht, wenn sie ausführen, dass der Gesetzentwurf wissenschafts- und auch bibliotheksfeindlich ist. Aber offensichtlich ist Ihnen überhaupt nicht bewusst, dass es gerade auch der Börsenverein war, der die für uns nachteiligen Formulierungen in den §§ 52 und 53 mit Nachdruck in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht hat. Und dieser ist es auch, der auf Basis der Vereinbarung versucht, seine Position weiter zu verbessern.

Sie wissen sicherlich, dass der Gesetzentwurf in § 53a nur noch die lizenzfreie Übermittlung von Dokumenten per Post und Fax zulassen will. Kaum war jedoch die Vereinbarung unterzeichnet, wurde von Seiten der Verleger schon ein neuer Vorschlag -- selbstverständlich als gemeinsam getragene Position -- unterbreitet, die Formulierung : "Zulässig ist auf Einzelbestellung die Vervielfältigung und Verbreitung einzelner in Zeitungen und Zeitschriften erschienener Beiträge sowie kleiner Teile eines erschienenen Werkes im *Wege des Post- oder Faxversandes *durch öffentliche Bibliotheken, sofern sich der Besteller auf einen durch § 53 privilegierten Zweck berufen kann" durch die Formulierung im "*Wege des Postversandes oder auf sonstige analoge Weise" *zu ersetzen. Wie sehr also die "Zusammenarbeit" von dem Gedanken der gegenseitigen Rücksichtnahme geprägt ist, belegt alleine dieses Beispiel doch recht erhellend.

Aus unserer Sicht liefert die Vereinbarung deshalb ein völlig falsches Signal, weil damit dem Gesetzgeber und den Wissenschaftsorganisationen suggeriert wird, es würde sich doch alles gar nicht so schlimm darstellen, wie es vielfach von Bibliotheksseite und auch vom Bundesrat, dem sie mit der geschlossenen Vereinbarung in den Rücken gefallen sind, artikuliert wurde. Es ist diese fatale Wirkung, dass in vorauseilendem Gehorsam freiwillig in eine Position eingewilligt wurde, die bestenfalls zähneknirschend dann hätte zur Kenntnis genommen werden müssen, wenn es der Gesetzgeber uns so aufgezwungen hätte. Mit welchem Recht wollen wir denn Verbesserungen fordern, wenn durch freiwillige Vereinbarung alles abgesegnet wurde?

Die aus unserer Sicht einzig richtige Haltung wäre gewesen, den am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten unmissverständlich deutlich zu machen, dass wir die vorgesehene Gesetzesnovellierung für falsch, einseitig und wissenschaftsfeindlich halten. Diese Möglichkeit hat der dbv verspielt und nach unserer Auffassung dadurch einer nicht geringen Zahl seiner Mitglieder erheblichen Schaden zugefügt, wohingegen der Vorteil der geschlossenen Vereinbarung, wie auch die Stellungnahme des Vorstands der Sektion IV vom 12.03.07 zeigt, sich bis auf den Kreis der direkt beteiligten "Vermittler" so gut wie niemandem erschließt. Wir finden es außerordentlich bedauerlich, dass der Vorstand des dbv keine problembewusstere Haltung einzunehmen gewillt ist, als die Rolle des Unterstützers für vier Personen zu spielen, die sich in eine zumindest der Gemeinschaft der wissenschaftlichen Bibliotheken abträgliche Position verrannt haben und nun versuchen, sich mit mehr oder weniger hilflosen Begründungen zu rechtfertigen.

Mit vorzüglicher Hochachtung

Gez.
Dr. Rolf Griebel, Bayerische Staatsbibliothek
Berndt Dugall, Universitätsbibliothek Frankfurt am Main
Ulrich Korwitz, Deutsche Zentralbibliothek für Medizin
Dr. Norbert Lossau, Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen
Dr. Heiner Schnelling, Universitäts- und Landesbibliothek Halle
Uwe Rosemann, Technische Informationsbibliothek Hannover

Dr. Traute Braun-Gorgon
Leiterin der Geschäftsstelle subito e.V.
Tel: 030 - 417 497 11
braun@xxxxxxxxxxxxx



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