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[InetBib] Offener Brief: Gemeinsame Stellungnahme des dbv und des Boersenvereins des Deutschen Buchhandels ...
- Date: Thu, 15 Mar 2007 10:59:32 +0100
- From: Jörg Schwiemann <schwiemann@xxxxxxxxxxxxx>
- Subject: [InetBib] Offener Brief: Gemeinsame Stellungnahme des dbv und des Boersenvereins des Deutschen Buchhandels ...
Offener Brief der BSB München, der UB Frankfurt, der ZBMed Köln, der
NSUB Göttingen, der ULB Halle sowie der TIB Hannover
an die Vorsitzende des DBV, Frau Dr. Lux
An die
Vorsitzende des Deutschen Bibliotheksverbandes
Frau Dr. Claudia Lux
Zentral- und Landesbibliothek Berlin
Blücherplatz 1
10961 Berlin 14.03.07
*
Gemeinsame Stellungnahme des dbv und des Börsenvereins des Deutschen
Buchhandels zum 2. Korb der Novellierung des Urheberrechts
*
Sehr geehrte Frau Lux,
Nachdem wir unsere Kritik an der o.g. Vereinbarung mit einem offenen
Brief vom 18.02.07 bereits artikuliert hatten, haben sie uns am 19.02.
geantwortet und im Wesentlichen deutlich gemacht, dass der dbv bzw. die
für ihn im Rahmen des Gespräches mit dem Börsenverein agierenden
Personen eigentlich nichts weiter getan haben, als einen den
Bibliotheken durch die Gesetzesvorlage drohenden Schaden abzuwenden.
Ohne auf die sachlich völlig neben der Sache liegenden Vorwürfe gegen
einen der Unterzeichner eingehen zu wollen, müssen wir nun feststellen,
dass sie in einem Brief an alle dbv- Mitglieder ihre Position --
abgesegnet durch den Vorstand des dbv -- noch einmal unterfüttern und
bekräftigen. Im Prinzip lässt sich ihre Haltung dahingehend
zusammenfassen, dass EU-Richtlinie und Gesetzentwurf den Bibliotheken
gar keine andere Wahl lassen, als sich mit der "Gegenseite" (dem
Börsenverein) zu einigen. Die damit verbundene, wissenschaftspolitisch
fatale Wirkung wird von Ihnen überhaupt nicht wahrgenommen.
Natürlich geben wir Ihnen Recht, wenn sie ausführen, dass der
Gesetzentwurf wissenschafts- und auch bibliotheksfeindlich ist. Aber
offensichtlich ist Ihnen überhaupt nicht bewusst, dass es gerade auch
der Börsenverein war, der die für uns nachteiligen Formulierungen in den
§§ 52 und 53 mit Nachdruck in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht
hat. Und dieser ist es auch, der auf Basis der Vereinbarung versucht,
seine Position weiter zu verbessern.
Sie wissen sicherlich, dass der Gesetzentwurf in § 53a nur noch die
lizenzfreie Übermittlung von Dokumenten per Post und Fax zulassen will.
Kaum war jedoch die Vereinbarung unterzeichnet, wurde von Seiten der
Verleger schon ein neuer Vorschlag -- selbstverständlich als gemeinsam
getragene Position -- unterbreitet, die Formulierung : "Zulässig ist auf
Einzelbestellung die Vervielfältigung und Verbreitung einzelner in
Zeitungen und Zeitschriften erschienener Beiträge sowie kleiner Teile
eines erschienenen Werkes im *Wege des Post- oder Faxversandes *durch
öffentliche Bibliotheken, sofern sich der Besteller auf einen durch § 53
privilegierten Zweck berufen kann" durch die Formulierung im "*Wege des
Postversandes oder auf sonstige analoge Weise" *zu ersetzen. Wie sehr
also die "Zusammenarbeit" von dem Gedanken der gegenseitigen
Rücksichtnahme geprägt ist, belegt alleine dieses Beispiel doch recht
erhellend.
Aus unserer Sicht liefert die Vereinbarung deshalb ein völlig falsches
Signal, weil damit dem Gesetzgeber und den Wissenschaftsorganisationen
suggeriert wird, es würde sich doch alles gar nicht so schlimm
darstellen, wie es vielfach von Bibliotheksseite und auch vom Bundesrat,
dem sie mit der geschlossenen Vereinbarung in den Rücken gefallen sind,
artikuliert wurde. Es ist diese fatale Wirkung, dass in vorauseilendem
Gehorsam freiwillig in eine Position eingewilligt wurde, die bestenfalls
zähneknirschend dann hätte zur Kenntnis genommen werden müssen, wenn es
der Gesetzgeber uns so aufgezwungen hätte. Mit welchem Recht wollen wir
denn Verbesserungen fordern, wenn durch freiwillige Vereinbarung alles
abgesegnet wurde?
Die aus unserer Sicht einzig richtige Haltung wäre gewesen, den am
Gesetzgebungsverfahren Beteiligten unmissverständlich deutlich zu
machen, dass wir die vorgesehene Gesetzesnovellierung für falsch,
einseitig und wissenschaftsfeindlich halten. Diese Möglichkeit hat der
dbv verspielt und nach unserer Auffassung dadurch einer nicht geringen
Zahl seiner Mitglieder erheblichen Schaden zugefügt, wohingegen der
Vorteil der geschlossenen Vereinbarung, wie auch die Stellungnahme des
Vorstands der Sektion IV vom 12.03.07 zeigt, sich bis auf den Kreis der
direkt beteiligten "Vermittler" so gut wie niemandem erschließt. Wir
finden es außerordentlich bedauerlich, dass der Vorstand des dbv keine
problembewusstere Haltung einzunehmen gewillt ist, als die Rolle des
Unterstützers für vier Personen zu spielen, die sich in eine zumindest
der Gemeinschaft der wissenschaftlichen Bibliotheken abträgliche
Position verrannt haben und nun versuchen, sich mit mehr oder weniger
hilflosen Begründungen zu rechtfertigen.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Gez.
Dr. Rolf Griebel, Bayerische Staatsbibliothek
Berndt Dugall, Universitätsbibliothek Frankfurt am Main
Ulrich Korwitz, Deutsche Zentralbibliothek für Medizin
Dr. Norbert Lossau, Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen
Dr. Heiner Schnelling, Universitäts- und Landesbibliothek Halle
Uwe Rosemann, Technische Informationsbibliothek Hannover
Dr. Traute Braun-Gorgon
Leiterin der Geschäftsstelle subito e.V.
Tel: 030 - 417 497 11
braun@xxxxxxxxxxxxx
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.