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Re: [InetBib] Abrechnung mit der Open Access-Heuchelei der Bibliotheken



Lieber Herr Schaßan,

ich glaube nicht, daß ich diese Äpfel mit jenen Birnen verwechsle, ich denke 
aber, daß dies Herr Graf tut - wie immer in einer nachahmlichen Art. Aber 
vielleicht zur Erläuterung: Ich habe an einer Reihe von Projekten, die sich der 
Bereitstellung bibliographischer und digitalisierter Informationen im Internet 
(www.compactmemory.de, www.literatur-des-judentums.de, www.bdsl-online.de, 
www.bll-online.de) widmen, mitgearbeitet. Die beiden ersten sind OA, das dritte 
ist teilweise OA, das letzte ist closed content. Alle Projekte wurden und 
werden von Bibliotheken mitverantwortet - und eben in Teilen auch von dem 
Unternehmen, in dem ich arbeite und das ich mit gegründet habe (semantics). Von 
daher habe ich, denke ich, ein wenig Einblick in die Materie - vor allem in die 
fixe und variable Kostenseite derselben. Jedes dieser o.g. Projekte ist hier 
jeweils sehr unterschiedlich gelagert. Daraus ergeben sich jeweils 
unterschiedliche Modelle der Lizenzgestaltung. Dennoch schmeißt Herr Graf 
allesamt in einen Topf, vor allem auch die BDSL, ohne die anderen zu erwähnen. 
Von daher tue ich mich etwas schwer damit, Herrn Grafs - wie immer 
pauschalisierende - Ausführungen hier so unkommentiert stehen zu lassen. Der 
OA-Idee ist das weder zuträglich noch der Sache insgesamt angemessen. Nicht 
mehr. Und auch nicht weniger.

Beste Grüße,
Kay Heiligenhaus



-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx im Auftrag von Torsten Schaßan
Gesendet: Mo 14.08.2006 14:43
An: Internet in Bibliotheken
Betreff: Re: [InetBib] Abrechnung mit der Open Access-Heucheleider      
Bibliotheken
 
Werter Herr Heiligenhaus,

ich habe gestern meinen Pizzabäcker gefragt, warum seine Brötchen nicht open 
access seien, zumindest seine hervorragenden Salate. Er setze sich doch sonst 
auch für die Belange der Demokratie ein und ist auch gegen Korruption und 
Vetternwirtschaft. Wirklich: ein durch und durch ehrenwerter Mann. Er hat mir 
erläutert, daß er dies auch schon mit seinen Lieferanten und Angestellten 
besprochen habe. Alles ebenfalls durchweg ehrenwerte Leute. Aber keiner von 
ihnen wolle seine Arbeitskraft kostenlos der Öffentlichkeit zur Verfügung 
stellen. Die Familie, leider, die Familie wolle ernährt werden - und auch die 
Leute selbst, sagten sie zumindest. "Heuchelei", hab ich dann gespottet, "was 
für eine Heuchelei!".

Sie scheinen Äpfel mit Birnen vergleichen zu wollen: Ihr Pizzabäcker ist 
privatwirtschaftlich organisiert und produziert auf eigenes Risiko. Also 
kann und muss er wohl seine Brötchen und seinen Salat verkaufen.

Gegenstand der OA-Diskussion ist allerdings unter anderem, dass Inhalte, 
deren Erstellung einmal mit öffentlichen Mitteln finanziert worden sind, 
nicht erneut durch (a) öffentliche Mittel finanziert für Bibliotheken 
angeschafft werden dürften und (b) den Endnutzer, der schon einmal mit 
seinen Steuergeldern dafür bezahlt hat, nichts kosten sollten. Besonders 
betrifft dies Inhalte, an denen *niemand* mehr Rechte hat, die also 
gemeinfrei sind. Dass hier Institutionen hingehen und Rechte in Anspruch 
nehmen, die ihnen nicht zustehen, wird von Herrn Graf zurecht kritisiert.

Dass in diesem Land leider keine Diskussion darum geführt wird, welche 
Dinge, Dienst- oder sozialen Leistungen, uns wieviel Wert sind und 
darauf aufbauend ein System zur Finanzierung geschaffen wird, sondern 
vielmehr durch Gebühren- und Entgeltordnungen der Willkür Tür und Tor 
geöffnet sind, verbessert die Sachlage nicht.

Beste Grüße, Torsten Schaßan

-- 
Torsten Schassan
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