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Re: [InetBib] Abrechnung mit der Open Access-Heuchelei der Bibliotheken
- Date: Mon, 14 Aug 2006 15:03:22 +0200
- From: "Kay Heiligenhaus" <kay.heiligenhaus@xxxxxxxxxxxx>
- Subject: Re: [InetBib] Abrechnung mit der Open Access-Heuchelei der Bibliotheken
Lieber Herr Schaßan,
ich glaube nicht, daß ich diese Äpfel mit jenen Birnen verwechsle, ich denke
aber, daß dies Herr Graf tut - wie immer in einer nachahmlichen Art. Aber
vielleicht zur Erläuterung: Ich habe an einer Reihe von Projekten, die sich der
Bereitstellung bibliographischer und digitalisierter Informationen im Internet
(www.compactmemory.de, www.literatur-des-judentums.de, www.bdsl-online.de,
www.bll-online.de) widmen, mitgearbeitet. Die beiden ersten sind OA, das dritte
ist teilweise OA, das letzte ist closed content. Alle Projekte wurden und
werden von Bibliotheken mitverantwortet - und eben in Teilen auch von dem
Unternehmen, in dem ich arbeite und das ich mit gegründet habe (semantics). Von
daher habe ich, denke ich, ein wenig Einblick in die Materie - vor allem in die
fixe und variable Kostenseite derselben. Jedes dieser o.g. Projekte ist hier
jeweils sehr unterschiedlich gelagert. Daraus ergeben sich jeweils
unterschiedliche Modelle der Lizenzgestaltung. Dennoch schmeißt Herr Graf
allesamt in einen Topf, vor allem auch die BDSL, ohne die anderen zu erwähnen.
Von daher tue ich mich etwas schwer damit, Herrn Grafs - wie immer
pauschalisierende - Ausführungen hier so unkommentiert stehen zu lassen. Der
OA-Idee ist das weder zuträglich noch der Sache insgesamt angemessen. Nicht
mehr. Und auch nicht weniger.
Beste Grüße,
Kay Heiligenhaus
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx im Auftrag von Torsten Schaßan
Gesendet: Mo 14.08.2006 14:43
An: Internet in Bibliotheken
Betreff: Re: [InetBib] Abrechnung mit der Open Access-Heucheleider
Bibliotheken
Werter Herr Heiligenhaus,
ich habe gestern meinen Pizzabäcker gefragt, warum seine Brötchen nicht open
access seien, zumindest seine hervorragenden Salate. Er setze sich doch sonst
auch für die Belange der Demokratie ein und ist auch gegen Korruption und
Vetternwirtschaft. Wirklich: ein durch und durch ehrenwerter Mann. Er hat mir
erläutert, daß er dies auch schon mit seinen Lieferanten und Angestellten
besprochen habe. Alles ebenfalls durchweg ehrenwerte Leute. Aber keiner von
ihnen wolle seine Arbeitskraft kostenlos der Öffentlichkeit zur Verfügung
stellen. Die Familie, leider, die Familie wolle ernährt werden - und auch die
Leute selbst, sagten sie zumindest. "Heuchelei", hab ich dann gespottet, "was
für eine Heuchelei!".
Sie scheinen Äpfel mit Birnen vergleichen zu wollen: Ihr Pizzabäcker ist
privatwirtschaftlich organisiert und produziert auf eigenes Risiko. Also
kann und muss er wohl seine Brötchen und seinen Salat verkaufen.
Gegenstand der OA-Diskussion ist allerdings unter anderem, dass Inhalte,
deren Erstellung einmal mit öffentlichen Mitteln finanziert worden sind,
nicht erneut durch (a) öffentliche Mittel finanziert für Bibliotheken
angeschafft werden dürften und (b) den Endnutzer, der schon einmal mit
seinen Steuergeldern dafür bezahlt hat, nichts kosten sollten. Besonders
betrifft dies Inhalte, an denen *niemand* mehr Rechte hat, die also
gemeinfrei sind. Dass hier Institutionen hingehen und Rechte in Anspruch
nehmen, die ihnen nicht zustehen, wird von Herrn Graf zurecht kritisiert.
Dass in diesem Land leider keine Diskussion darum geführt wird, welche
Dinge, Dienst- oder sozialen Leistungen, uns wieviel Wert sind und
darauf aufbauend ein System zur Finanzierung geschaffen wird, sondern
vielmehr durch Gebühren- und Entgeltordnungen der Willkür Tür und Tor
geöffnet sind, verbessert die Sachlage nicht.
Beste Grüße, Torsten Schaßan
--
Torsten Schassan
Projekt Digitale Edition der Handschrift Cod. Guelf. 64 Weiss.
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Tel.: +49-5331-808-117, schassan {at} hab.de
http://www.hab.de/forschung/projekte/weiss64.htm
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