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Re: [InetBib] Abrechnung mit der Open Access-Heuchelei der Bibliotheken



Werter Herr Heiligenhaus,

ich habe gestern meinen Pizzabäcker gefragt, warum seine Brötchen nicht open access seien, zumindest seine hervorragenden Salate. Er 
setze sich doch sonst auch für die Belange der Demokratie ein und ist auch gegen Korruption und Vetternwirtschaft. Wirklich: ein durch und 
durch ehrenwerter Mann. Er hat mir erläutert, daß er dies auch schon mit seinen Lieferanten und Angestellten besprochen habe. Alles 
ebenfalls durchweg ehrenwerte Leute. Aber keiner von ihnen wolle seine Arbeitskraft kostenlos der Öffentlichkeit zur Verfügung 
stellen. Die Familie, leider, die Familie wolle ernährt werden - und auch die Leute selbst, sagten sie zumindest. "Heuchelei", 
hab ich dann gespottet, "was für eine Heuchelei!".

Sie scheinen Äpfel mit Birnen vergleichen zu wollen: Ihr Pizzabäcker ist privatwirtschaftlich organisiert und produziert auf eigenes Risiko. Also kann und muss er wohl seine Brötchen und seinen Salat verkaufen.

Gegenstand der OA-Diskussion ist allerdings unter anderem, dass Inhalte, deren Erstellung einmal mit öffentlichen Mitteln finanziert worden sind, nicht erneut durch (a) öffentliche Mittel finanziert für Bibliotheken angeschafft werden dürften und (b) den Endnutzer, der schon einmal mit seinen Steuergeldern dafür bezahlt hat, nichts kosten sollten. Besonders betrifft dies Inhalte, an denen *niemand* mehr Rechte hat, die also gemeinfrei sind. Dass hier Institutionen hingehen und Rechte in Anspruch nehmen, die ihnen nicht zustehen, wird von Herrn Graf zurecht kritisiert.

Dass in diesem Land leider keine Diskussion darum geführt wird, welche Dinge, Dienst- oder sozialen Leistungen, uns wieviel Wert sind und darauf aufbauend ein System zur Finanzierung geschaffen wird, sondern vielmehr durch Gebühren- und Entgeltordnungen der Willkür Tür und Tor geöffnet sind, verbessert die Sachlage nicht.

Beste Grüße, Torsten Schaßan

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Torsten Schassan
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