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[InetBib] Google Book Search und das Urheberrecht
- Date: Wed, 24 May 2006 12:16:40 +0200 (CEST)
- From: Eric Steinhauer <eric.steinhauer@xxxxxxxxx>
- Subject: [InetBib] Google Book Search und das Urheberrecht
Liebe Liste,
zur Digitalisierung von Büchern im Rahmen der Buchsuche von Google finden sich
in einem Aufsatz von Sebastian Kubis fundierte Informationen.
Nach einer Vorstellung der beiden Digitalisierungsprogramme von Google, nämlich
?publisher program? und ?library program?, wendet sich Kubis einer vertieften
Analyse des urheberrechtlich problematischen ?library program? zu.
Dies geschieht in drei Schritten. Zuerst wird die Lage nach US-amerikanischem
Recht beurteilt, dann nach deutschen Urheberrecht und schließlich nach
Kollisionsrecht mit Blick auf gerichtliche Streitigkeiten in Deutschland.
Nach amerikanischem Recht kann eine Digitalisierung ganzer Bücher nach dem
Grundsatz des ?fair use? durchaus zulässig sein. (S. 372-374)
Bei der Analyse der deutschen Rechtslage differenziert Kubis genauer, indem er
die einzelnen Vervielfältigungshandlungen untersucht.
Abgelehnt wird zunächst eine Anwendung von § 14 UrhG durch Fehler in der
OCR-Erfassung. Auch eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch
die weltweite Sichtbarkeit von entlegen und zeitlich zurückliegend publizierten
Äußerungen wird verneint: ?Wer sich mit seinem Werk an das Licht der
Öffentlichkeit begibt, muß sich vielmehr der Diskussion stellen und kann sich
dem nicht unter Berufung auf sein allgemeines Persönlichkeitsrecht entziehen.?
(S. 374 f.)
Eine vollständige Digitalisierung ist nach deutschen Recht aber nicht durch die
urheberrechtlichen Schrankenbestimmungen in §§ 44a ff. UrhG gedeckt. (S. 375 f.)
Ob durch die kleinen Ausschnitte, die Google als Suchergebnisse anzeigt,
tatsächliche eine öffentliche Zugänglichmachung geschieht, bezweifelt Kubis, da
der gezeigte Textausschnitt als solcher kaum urheberrechtlich geschützt sein
wird. Sollte dies doch der Fall sein, könnte sich Google auf das Zitatrecht
nach § 51 UrhG berufen. Allerdings setzt dies die Aufnahme in ein selbständiges
Sprachwerk voraus. Das ist bei Google nicht gegeben. Eine Analogie lehnt Kubis
ab, da es an einer produktiven Verbindung zu eigenen Gedanken als
Vergleichspunkt für eine Analogie fehlt. (S. 376)
Den Abruf der Suchergebnisse durch die Nutzer ordnet Kubis allerdings den
Schranken des § 53 UrhG zu. Der Abruf ist in der Regel zulässig. (S. 376 f.)
Nach deutschen Urheberecht wäre also lediglich das Scannen der Bücher eindeutig
urheberrechtswidrig.
Soweit das Scannen aber in den USA passiert, verneint Kubis eine erfolgreiche
Klagemöglichkeit vor deutschen Gerichten. Lediglich die öffentliche
Zugänglichmachung sowie das Abrufen durch die Nutzer kann nach deutschen
Urheberrecht beurteilt werden.
Fazit: ?Insgesamt sind die Erfolgsausschichten einer Klage von Urhebern und
Verlegern in Deutschland also ? aus Sicher der Betroffenen: enttäuschend
gering.? (S. 378)
Neben der sehr übersichtlichen Analyse der Rechtsprobleme und einer gut
verständlichen Einführung in das Recht des ?fair use? bietet der Aufsatz auch
einige beachtliche Bemerkungen, die auch für diverse Digitalisierungsprojekten
in Deutschland einschlägig sind:
?Vor allem Wissenschaftler haben sich in den vergangenen zehn Jahren gefallen
lassen müssen, daß ihre Werke von den Verlagen in weitgehendem Umfang online
zugänglich gemacht werden.? Wegen § 31 Abs. 4 UrhG sieht Kubis hier ein Problem
bei vor 1995 abgeschlossenen Verlagsverträgen: ?Insoweit hat der Verleger in
der Regel kein Nutzungsrecht erworben ...? Das bedeutet auch, daß Verlage für
diese Werke keine Erlaubnis zum Digitalisieren erteilen können, ohne das
Urheberrecht zu verletzen. (S. 371)
Am Rande erwähnt sei, daß Kubis auf S. 371 in Fn. 5 Nicholson Baker zitiert und
einen Sinn der Digitalisierung auch in dem Ersatz der Bücher durch Digitalisate
aus Gründen der Platzersparnis sieht.
Insgesamt ein sehr gut verständlicher und fundierter Aufsatz zu einem aktuellen
Thema.
Quelle: Sebastian Kubis, Digitalisierung von Druckwerken zur Volltextsuche im
Internet ? die Buchsuche von Google (?Goolge Book Search?) im Konflikt mit dem
Urheberrecht, in: ZUM 2006, H. 5, S. 370-379.
Grüße aus Thüringen
Eric Steinhauer
http://www.steinhauer-home.de
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.