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Re: [InetBib] Verwaiste Werke
Lieber Herr Graf,
vielen Dank für diese wie meist kenntnisreiche Zusammenfassung zum Thema
"verwaiste Werke". Ein paar Anmerkungen zu Digizeitschriften (für viele
Leser hier sicher ein Déjà-lu).
Klaus Graf schrieb:
Die Open-Access-Sektion von DigiZeitschriften ist
laecherlich, da kein klarer Schnitt gezogen wird (z.B. beim
Jahr 1900), was durch die Entscheidung, nur ganze
Zeitschrifteneinheiten OA freizugeben, dazu fuehrt, dass
aus ein und demselben Jahr Aufsaetze frei und unfrei sind -
auf unabsehbare Zeit!
Die bibliographische Erfassung bei DigiZeitschriften, das
bekanntlich sein teures Geld nicht wert ist (kein
Volltext!) ,
Ein bisschen mehr Geduld. Aber schön zu wissen, dass mit Volltextsuche
dann I.E. Digizeitschriften sein Geld wert ist. :-)
Wenn ich recht sehe -- bitte korrigiere mich jemand, falls nicht -- ist
das OA-Angebot etwas, das Digizeitschriften zum Beispiel von JStor
unterscheidet. Das heißt im Umkehrschluss, dass Digizeitschriften die
Kosten für die Digitalisierung nicht über die Abonnementpreise trägt.
Das ist doch etwas gutes!
Versucht wurde, die Lebensdaten der Verfasser der Artikel
zu ermitteln (auf die Schnelle: mittels Google, Zentrale
Nachlassdatenbank Bundesarchiv, LoC u.a.m.).
1900 Heft 1: Von den 5 Artikeln sind 3 gemeinfrei, koennten
also OA sein (Todesdaten Rübsam 1927, Meister 1925, Weyman
1931), zwei sind es in wenigen Jahren (Schnitzer 1939, Koch
1940).
Sie schlagen also vor, dass man für jeden Artikel die Rechteverwaltung
einzeln vornimmt, und jemanden beschäftigt, der die Rechteinhaber bzw.
deren Todesdaten zu ermitteln sucht. Es muss Ihnen doch klar sein, dass
damit das Angebot deutlich teurer werden würde für den nicht OA-Bereich.
Nun macht sich DigiZeitschriften keinen Kopf wegen der
Urheberrechte, hat man doch den Boersenverein bzw. die
Verlage mit im Boot. Dass § 31 IV UrhG fuer Werke vor 1995
(jedenfalls fuer die Zeit ab 1966) das Urheberrecht
aufgrund unbekannter Online-Nutzungsart dem Autor
zuspricht, kuemmert es nicht.
Für mich sieht es so aus, als schlügen Sie vor, dass Digizeitschriften
sich vollständig auf gemeinfreie Zeitschriftenbände/Einzelaufsätze
konzentriert. Denn Sie schlagen ja vor, mit den Verlagen zu streiten,
statt mit Ihnen gemeinsam an einem Ziel zu arbeiten. Aggressives,
forderndes Auftreten à la "wir haben ein Recht" führt sicher nicht dazu,
die Verlage dort zur Zusammenarbeit zu bewegen, wo man dann kein Recht
hat. -- Bei Digizeitschriften ist die Politik eine andere, nämlich so
nah wie möglich an die Gegenwart heran mit den angebotenen Inhalten.
Nach meiner Erfahrung, die sich durch die Nutzungsstatistiken auch wohl
mit Daten unterfüttern ließe, sind die neueren Aufsätze für "die
Wissenschaftler" von größerem Interesse als die alten.
Bei einem wissenschaftlichen
Zeitschriftenaufsatz ist fraglich, wieviel ein Gericht als
Schadenersatz einem Autor bzw. seinen Erben zusprechen
wuerde. Vermutlich eher wenig oder nichts,
DigiZeitschriften kann sich also skrupellos ueber die
Rechte der Autoren hinwegsetzen ad maiorem gloriam Mittler
und zur Abzocke.
Da Sie so gern mit Recht und Gesetz argumentieren, sollten Sie hier --
ein Blick ins INETBIB-Archiv zeigt, dass das Ihnen nicht zum ersten Mal
zur Kenntnisnahme angeboten wird -- zur Kenntnis nehmen, dass
Digizeitschriften ein gemeinnütziger Verein ist. Wie Sie wissen, machen
solche keine Gewinne. Die Rede von der "Abzocke" ist also eine "unwahre
Tatsachenbehauptung"; Sie wissen ja, was das heißt.
Schönen Gruß, J. Eberhardt (UB Erlangen)
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.