Herr Hilf beschreibt lediglich einen einzigen Nagel am immer stärkere Konturen
annehmenden Sarg des deutschen Bildungssystems. Der Referentenwurf sieht außerdem (in
§ 53 a) vor, einen Versand von digitalen Kopien durch Bibliotheken nur noch dann zu
erlauben, wenn es kein entsprechendes kommerzielles Angebot gibt.
Diese Einschränkungen beim Versand digitaler Kopien durch Bibliotheken sind für Wissenschaft und Bildung völlig inakzeptabel. Wenn der Entwurf des § 53 a UrhG eine solche Art der Informationsversorgung auf Bilddateien
und nur für den Fall des Fehlens eines vergleichbaren kommerziellen Angebots beschränken will, so werden essentielle Bedürfnisse des Bildungs- und Wissenschaftssektors den ausschließlich gewinnorientierten Interessen
der Medienindustrie geopfert. Kein Schüler, kein Student konnte sich in der Vergangenheit die benötigte Literatur für seine Ausbildung, kein Wissenschaftler die unverzichtbare wissenschaftliche Information für seine
Arbeit vollständig kaufen. Informationsversorgung für Bildung und Wissenschaft wurde im gesamtgesellschaftlichen Interesse schon immer durch öffentlich zugängliche Bibliotheken garantiert. Es ist völlig absurd,
wenn man unterstellt, dass Schüler, Studenten und Wissenschaftler sich zukünftig die benötigten digitalen Kopien bei kommerziellen Diensten kaufen werden. Der für eine digitale Aufsatzkopie geforderte Preis von ca. 35,-
Euro ist doppelt so hoch wie der Preis für viele Bücher. Die geplante Regelung wird genau die Gruppe von einer zeitgemäßen Informationsversorgung vollständig ausschließen, die für die Zukunft unserer
Gesellschaft stehen, nämlich Lernende und Lehrende. Der geplante § 53 a UrhG wäre eine Katastrophe für den Wissenschafts- und Bildungsstandort Deutschland.
In großer Sorge
--
Dr. Harald Müller
---------- Original Message ----------------------------------
From: "Eberhard R. Hilf" <hilf@xxxxxxxxxxxxxxxx>
Reply-To: Internet in Bibliotheken <inetbib@xxxxxxxxxxxxxxxxxx>
Date: Wed, 8 Mar 2006 12:02:14 +0100 (CET)
Im Gesetzentwurf steht, dass in öffentlichen und nichtkommerziellen
Bibliotheken es zulässig sein soll, veröffentlichte Werke "an eigens dafür
eingerichteten elektronischen Leseplätzen zur Forschung und für private
Studien zugänglich zu machen, soweit dem keine vertraglichen Regelungen
entgegenstehen." Dafür sei "angemessen" an eine Verwertungsgesellschaft zu
zahlen.
ausschließlich diese digitalen Kopien eingesehen werden könnten?
Das ist so gemeint vom Gesetzgeber, wie Sie es lesen: empfiehlt ein Dozent
in einer Vorlesung ein solches Werk, muessen seine 200 HoererInnen in die
Bibliothek radeln und dort vor dem einen Bildschirm Schlange stehen. Die
mathematischen Formeln koennen Sie dann,- solange keiner in der Schlange
murrt,- auf Zetteln im Stehen abschreiben...
Kurzum: der Gesetzentwurf wird Forschung und Lehre als Motor indirekt
foerdern, weil er den Druck, nur noch digitale OA Werke zu nutzen,
verstaerkt.
Und die KMU Verlage, die sich darauf flexibel und wagemutig einstellen,
werden aufbluehen.
Ihr Eberhard Hilf