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[InetBib] Fwd: Newsletter Urheberrecht, 22.12.2005 - Teil 1



Anbei - mit Verspätung aufgrund technischer Probleme - Teil 1 des "Newsletter Urheberrecht":

Liebe KollegInnen,

anbei zur Information der letzte "Newsletter Urheberrecht", herausgegeben vom Justiziar des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels e.V., Dr.Christian Sprang, mit hochinteressanten Informationen und Stellungnahmen zu den Themen Subito sowie Bestsellerverleih oder -vermietung. Ich werde ihn in mehreren Teilen versenden, da der geamte Newsletter offenbar den für die Mailingliste zulässigen Gesamtumfang sprengt.

Es ist auch sehr empfehlenswert, sich das vorläufige Gutachten des Münchener Urheberrechtlers Dr. Gernot Schulze zum Thema Gebührenerhebung für den Verleih von Bestsellern unter der angegebenen Website anzusehen.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch auf die warnenden Hinweise von Barbara Schleihagen in ihrem Aufsatz "Freie Märkte, kulturelle Vielfalt und ein Weltgipfel" (BuB 57(2005)9, S.602-608) hinweisen: "Öffentliche Bibliotheken bieten heute ...aber auch mehr und mehr kostenpflichtige (nicht kostendeckende) Angebote an, zum Beispiel Internetnutzung und -schulung, Wirtschaftsinformationsrecherche, Videoverleih oder Bestsellerverleih. Diese Angebote könnten ebenso von privaten Firmen ... gemacht werden. Sie könnten nach erfolgter Liberalisierung unter Berufung auf die "Inländerbehandlung" und mit dem Argument des unfairen Marktvorteils für öffentlich geförderte Bibliotheken eine ähnliche Förderung von deutschen öffentlichen Trägern für ihre Angebote einklagen. Der öffentliche Träger könnte seine Bibliotheken und ihre Angebote dann nicht mehr gezielt unterstützen." (S.603-604)

Mit freundlichen Grüßen,

Frauke Mahrt-Thomsen

Akribie (Arbeitskreis Kritischer BibliothekarInnen)
sowie
Stadtbibliothek Friedrichshain-Kreuzberg
Grünberger Straße 54
10245 Berlin


Newsletter, T.1:

Liebe Empfänger des Newsletters Urheberrecht,

kurz vor Weihnachten informieren wir Sie ein letztes Mal in diesem Jahr aktuell über folgende Themen:
* Subito: LG München hält nationalen eMail-Dokumentversand für zulässig
* Übersetzervergütung: Aktuelle Übersicht über bisherige Urteile
* Bestsellervermietung: Börsenverein legt Gutachten vor

* Subito: LG München hält nationalen eMail-Dokumentversand für zulässig

Vor wenigen Tagen hat das Landgericht München seine mit Spannung erwartete Entscheidung zum elektronischen Dokumentversand durch Bibliotheken "Subito") verkündet. Eine (leider schlecht lesbare Fax-)Kopie des 41seitigen Urteils finden Sie unter www.boersenverein.de/de/69181?rubrik=69173&seite=50&dl_id=99701.

Für den Börsenverein, der in dem Verfahren gemeinsam mit nationalen und internationalen Wissenschaftsverlagen geklagt hatte, ist die Entscheidung weitgehend sehr enttäuschend ausgefallen. Da es sich um ein Musterverfahren handelt, das im Zweifel bis zum Bundesgerichtshof geführt wird, wird das Urteil allerdings nicht rechtskräftig. Das LG München hat folgende Kernaussagen getroffen:
* Der e-Mail-Versand gescannter Artikel durch Bibliotheken fällt innerhalb Deutschlands unter die Privatkopieschranke des § 53 UrhG und ist daher auch ohne Genehmigung der Verlage zulässig. Dabei macht es keinen Unterschied, ob es sich bei dem Besteller des Dokuments um einen kommerziellen oder einen nicht-kommerziellen Nutzer handelt. Auch Firmen können sich also über "Subito" Fachliteratur zu Tiefstpreisen beziehen (und Zeitschriftenabos abbestellen...).
* Die Begründung dafür ist, dass die elektronische Versendung einer grafischen Datei (z.B. eines pdfs) noch als analoge Nutzung anzusehen sei. Nur die Versendung von Volltextdateien (z.B. einer Word-Datei) sei eine digitale Nutzung, die nur mit Genehmigung des Rechtsinhabers zulässig sei. Der massenhafte eMail-Versand bestellter Dokumente durch die Bibliotheken stelle auch keine "öffentliche Zugänglichmachung" (§ 19a UrhG) dar, die der Genehmigung des Rechtsinhabers bedürfe.
* Unzulässig ist hingegen der Versand von Dokumenten von Bibliothek zu Bibliothek (elektronischer innerbibliothekarischer Leihverkehr), und zwar sowohl im Inland als auch ins Ausland. Hierfür fehle es an einer Rechtsgrundlage im Urheberrechtsgesetz.
* Die Versendung von Dokumenten an Endnutzer im Ausland durch Subito ist schließlich nur dann zulässig, wenn sie mit dem Urheberrecht des Empfängerlandes in Einklang steht. Hierzu sollen die Kläger noch weiter vortragen (weswegen die jetzige Entscheidung nur ein Teilurteil ist).

Nach der Entscheidung muss als sicher gelten, dass die VG Wort in dem parallel laufenden Verfahren vor der Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt zur Lizenzierung des Subito-Dokumentversands herangezogen wird (wobei auch dieser Schiedsspruch nicht rechtskräftig werden wird). Zu befürchten ist zudem, dass das Münchener Urteil einen erheblichen negativen Einfluss auf das bevorstehende Gesetzgebungsverfahren zum sog. Zweiten Korb (Umsetzung der EU-Richtlinie zum Urheberrecht in der Informationsgesellschaft) haben wird. Dort werden die Länder sowie viele Bildungspolitiker auf die gesetzliche Festschreibung der Erlaubnis des Subito-Versands drängen. Zugleich werden interessierte Kreise massiv auf die Schaffung einer neuen Urheberrechtsschranke zur Ermöglichung eines elektronischen innerbibliothekarischen Leihverkehrs drängen.

* Übersetzervergütung: Aktuelle Übersicht über bisherige Urteile

Zu den laufenden Prozessen zwischen Übersetzern und Verlagen um Ansprüche auf angemessene Vergütung gemäß § 32 UrhG übermittle ich Ihnen in Anlage eine tabellarische Übersicht zu den von den Gerichten getroffenen Entscheidungen. Die Tabelle wurde dem Börsenverein freundlicherweise von den Münchener Anwälte Dr. Konstantin Wegner und Dr. Daniel Kaboth zur Verfügung gestellt.

Neue Entscheidungen gibt es nicht, nachdem das Landgericht Hamburg die Verkündung der Urteile in den bei ihm anhängigen drei Fällen zum dritten Mal - nun auf den 6. Januar 2006 - verschoben hat. Sobald die Hamburger Urteile vorliegen, werden wir Ihnen deren Texte sowie auch diejenigen der letzten Entscheidungen des LG München in unserem Newsletter dokumentieren.




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