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Re: [InetBib] Neues Bayerisches Hochschulbibliotheksrecht



Lieber Herr Steinhauer,

Die Zuständigkeit für die Errichtung, Änderung und Aufhebung von Einrichtungen 
wird im Gesetzentwurf vom Ministerium vollständig auf die Hochschulleitung 
übertragen. Unter diesem Aspekt wären Strukturvorgaben anachronistisch. Das 
Verschweigen der Einschichtigkeit (zugunsten von Zentralität) kann ihrer 
Etablierung aus meiner Sicht eigentlich nur nützen, schließlich wären 
Leistungserbringung, Personal und Budgets außerhalb der Einrichtung ein 
auffälliger Widerspruch zum Prinzip der Zentralität. Für die Kommunikation 
innerhalb der Hochschule auf jeden Fall ein besser geeigneter Begriff als 
"Einschichtigkeit". Und die völlige Aufhebung von Bibliotheken muss man im 
Moment wohl nicht befürchten.

Viele Grüße, K. Söllner. 

-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx 
[mailto:inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx] Im Auftrag von Eric Steinhauer
Bereitgestellt: Donnerstag, 8. Dezember 2005 16:53
Bereitgestellt in: Post - Inetbib
Unterhaltung: [InetBib] Neues Bayerisches Hochschulbibliotheksrecht
Betreff: Re: [InetBib] Neues Bayerisches Hochschulbibliotheksrecht


Liebe Frau Söllner, liebe Liste,

es ist natürlich etwas verfrüht, einen Gesetzentwurf en detail zu kommentieren. 
Man sollte abwarten, was am Ende wirklich Gesetz wird. Für's erste soviel:

Die Deregulierung der Bibliotheksorganisation auf der Ebene des Gesetzes ist 
insoweit bemerkenswert, als die einzelnen Hochschulen hier weitgehende 
Autonomie erhalten, eine Chance für starke Direktoren. Die Normierung der 
Bibliothek als zentrale Einrichtung ist immerhin ein Schutz vor schwachen 
Direktoren, denn eine Fusionierung von Bibliothek und Rechenzentrum ist auf 
Grundlage dieser Vorschrift nicht möglich. 

Das Gesetz verschweigt sich zur Frage der Ein- oder Zweischichtigkeit. Es redet 
von "der" Bibliothek, was zumindest eine zentrale Stelle, also wohl 
funktionelle Einsichtigkeit bedeutet. Es war ja Wille des Gesetzgebers, sich an 
den noch geltenden Art. 32 BayHSchG anzulehnen. Ich denke, die Frage wird in 
der Grundordnung der Hochschule oder einer eigenen Bibliotheksordnung 
niedergelegt werden müssen.

Die Qualifikation als staatliche Angelegenheit bedeutet, daß bestimmte Aufgaben 
der Bibliotheken keine Selbstverwaltungsangelegenheiten der Universitäten und 
damit ihrer Regelung durch Satzung entzogen sind, dazu gehören etwa Funktionen 
im Bereich der überregionalen Bibliotheksarbeit ebenso, wie die Ausbildung von 
Bibliotheksreferendaren, Pflichtstücke und dergleichen mehr.

Interessant finde ich die Frage nach dem Schicksal der ABOB. In der geltenden 
Fassung wurde die Staatsregierung zum Erlaß allgemeiner Richtlinien ermächtigt, 
Art. 32 Abs. 5 S. 6 BayHSchG. Dieser Passus ist im neuen Gesetz bei Art. 19 
ersichtlich NICHT übernommen worden. Damit fehlt es anscheinend an einer 
Rechtsgrundlage für den Erlaß dieser Rechtsverordnung. Nach umstrittener 
Meinung im Verwaltungsrecht wäre damit die ABOB mangels Ermächtigungsgrundlage 
nach Inkrafttreteten des neuen Hochschulgesetzes jedenfalls für die 
Hochschulbibliotheken unwirksam! Auch wenn man mit der Gegenmeinung eine 
Fortgeltung einer ermächtigungslosen Rechtsverordnung für möglich hält, so wird 
man die ABOB aber wohl nicht mehr ändern können. 

Aber: Entwarnung!! 

In Art. 106 Abs. 1 Satz 3 findet sich die neue Ermächtigungsgrundlage für die 
ABOB, vgl. auch LT-Drs. 15/4396, S. 73!
Ist etwas versteckt. Daran merkt man, daß der Gesetzgeber dem Thema Bibliothek 
keinen eigenen Art. oder Abs. gegönnt, sondern die relevanten Regelungen über 
das ganze Gesetz verstreut hat. Aus der Genese des jetzigen Entwurfes, der in 
seinen ersten Fassungen recht bibliothesabstinent war, ist das aber 
verständlich. 

Viele Grüße
Eric Steinhauer
http://www.steinhauer-home.de



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