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Re: [InetBib] Urheberrecht an digitalisierten Werken
On Wed, 28 Sep 2005 14:16:14 +0200
"Harald Müller" <hmueller@xxxxxxx> wrote:
>
> Liebe Frau Lübcke,
>
> wie mir scheint haben Sie bisher noch keine seriöse
> Antwort auf Ihre Frage erhalten. Ich will das mal in der
> gebotenen Kürze versuchen.
Ich moechte in der gebotenen Kuerze feststellen, dass die
von Herrn Mueller gegebene Antwort unserioes ist.
> Obwohl es noch kein Urteil über die Frage der
> Digitalisierung (Scannen) gibt, wollen die juristischen
> Kommentare diese Vorschrift auch auf "digitale
> Lichtbilder" angewendet wissen, wenn dazu eine
> persönliche Leistung eingesetzt wird. Was bedeutet das im
> Ergebnis?
>
> Durch § 72 UrhG wird die erzeugte Abbildung geschützt,
> nicht das Original, die Vorlage. Das heißt, das
> Digitalisat einer Bibel genießt Rechtsschutz zugunsten
> des Herstellers, hindert Sie aber nicht daran, von der
> gleichen Originalvorlage eine neue digitale Kopie
> anzufertigen. Den Schutz nach § 72 können nur Menschen
> erlangen, nicht aber Bibliotheken, Archive usw. (Man kann
> sich aber als Bibliothek das Nutzungsrecht vom
> Lichtbildner vertraglich übertragen lassen.)
Das ist absoluter Unsinn und steht im Widerspruch sowohl
zur Kommentarliteratur als auch zur Rechtsprechung des BGH.
Am 7.1.2000 formulierte dieser nochmals seine Auffassung,
die der Entscheidung Bibelreproduktion zugrundeliegt:
"Unabhängig davon müßte das Bild, für das die Klägerin den
Schutz des § 72 UrhG in Anspruch nimmt, mehr sein als eine
bloße technische Reproduktion einer bestehenden Graphik.
Denn der technische Reproduktionsvorgang allein begründet
noch keinen Lichtbildschutz (vgl. BGH, Urt. v. 8.11.1989 -
I ZR 14/88, GRUR 1990, 669, 673 - Bibelreproduktion,
m.w.N.; Schricker/Vogel, Urheberrecht, 2. Aufl., § 72 UrhG
Rdn. 22). Vielmehr ist ein Mindestmaß an persönlicher
geistiger Leistung erforderlich, die dann zu verneinen ist,
wenn ein Lichtbild oder ein ähnlich hergestelltes Erzeugnis
nicht mehr als die bloße technische Reproduktion einer
vorhandenen Darstellung ist."
http://www.jurpc.de/rechtspr/20010134.htm
Digitalisate, die mit Flachbettscannern (so auch RA Seiler)
oder Apparaturen, bei denen automatisch oder manuell bei
feststehender Digitalkamera lediglich umgeblaettert wird,
erstellt werden, sind, sind solche blossen technischen
Reproduktionen, da sie sich - wie die nicht geschuetzte
Fotokopie - darauf beschraenken, eine Vorlage so
originalgetreu wie moeglich und ohne weitere geistige
Leistung wiederzugeben.
Ein netter Versuch von Herrn Mueller, die Rechtslage auf
den Kopf zu stellen, aber nichtsdestotrotz abwegig.
Klaus Graf
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.