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[InetBib] Instant Digitalisierung und Urheberrecht



Liebe Liste,

da hier ja zur Zeit über die urheberrechtlichen Restriktionen einer universalen Digitalisierungspraxis (a la Google) gesprochen wird, möchte ich an dieser Stelle gerne die Grundzüge einer Idee zur Diskussion stellen, die zum Ziel hat, Bibliotheken zu ermöglichen, den gedruckten Bestand generell auch vollständig digital anbieten zu können. Hierbei handelt es sich um die Idee einer videovermittelten Buchsicht (VMBV: Video-Mediated Book View). Grundgedanke dieses etwas ungewöhnlichen Ansatzes ist es, den gedruckten Gesamtbestand vollständig digital bzw. online anbieten zu können, ohne dabei jedoch den gesamten Bestand zuvor digitalisiert haben zu müssen und ohne dabei durch rechtliche Bestimmungen eingeschränkt zu werden.

Technisch und praktisch sieht das dahinter stehende Konzept dann folgendermaßen aus:

Über den Katalog könnten gegen geringe Gebühr Bücher ausgewählt werden, die man dann online einsehen und lesen kann. Nach Bestätigung der Bestellung wird das Buch sofort manuell durch Bibliothekare beschafft und in eine spezielle Maschine eingelegt. In dieser kann das Buch nach Freigabe und Benachrichtigung online über hochauflösendes Video eingesehen werden. Da es zum Lesen nur eines statischen Bildes bedarf, sind nur wenige Bilder pro Sekunde und damit nur eine mittlere Bandbreite auf Nutzerseite erforderlich - selbst ein altes Modem sollte also genügen. Das Umblättern erfolgt auf der Webseite, auf der das Videobild gezeigt wird, über zwei spezielle Buttons. Über diese Webschnittstelle wird ein Roboter angesteuert, der die Seiten sanft umblättert. Da keine Kopien des Buches angefertigt, sondern die Inhalte live per Video ‚gestreamt’ werden, entspricht dieser Ansatz der Instant-Digitalisierung vermutlich grundsätzlich den Bedingungen des §52a UrhG:

- Das Buch kann zwar auf Entfernung (Fernglasseffekt) gelesen werden wie vor Ort, wird jedoch bei Anbieter und Nutzer weder kopiert noch gespeichert. Es ist also keine Vervielfältigung gegeben, da ein Live-Videostream nur für den Moment existiert und nicht speicherbar ist.

- Ein abgegrenzter Personenkreis (wie nach §52a gefordert) ist ebenfalls gegeben, da nur eine Person das Werk real oder virtuell lesen darf. So ist zur selben Zeit entweder nur das Original oder nur das Digitalisat einsehbar. Das Werk wird insofern nicht vervielfältigt, sondern ändert nur temporär für die Zeit, die es im Digitalisierungskasten eingelegt ist, sein Medienformat.

- Das Werk darf ggf. nur in Teilen eingesehen werden, so dass ggf. eine Autosperre bei 2/3 der Seiten geschaltet werden müsste

- Abgaben an VG Wort wären ggf. zu verhandeln und einzuhalten

Die Technik (zum schrittweisen Umblättern) ist seit kurzem auch für sehr geringes Budget als sogenannter 'Bücherfuchs' vorhanden, müßte aber dann noch für das Videobild und die Webschnittstelle durch die Entwickler angepasst werden:

http://schlinge.uni-wuppertal.de/sachverstand/Buecherfuchs/Flyer.pdf

Ob sich das ganze tatsächlich für den gebührenfreien Masseneinsatz eignet oder aber nur als eine alternative Lösung für Fernleihen vorstellbar ist, bleibt auch für mich selbst fraglich. Sicher ist aber zumindest, dass eine Nutzung unter dem Gesichtspunkt von Barrierefreiheit Behinderten (zumindest hier wäre das UrhG mit dem §45a nachsichtig mit den Digitalisierern) einen schnellen Zugriff von zu Hause aus ermöglichen könnte. Schon aus diesem Grund halte ich persönlich diese Idee für nicht ganz abwegig.

Wie sind die Meinungen hierzu? Könnte dies ein alternativer Ansatz sein? Oder ist dieser Ansatz zu unpraktikabel oder gar generell unsinnig, da Google in naher Zukunft eh bald alles digitalisiert haben wird?

Beste Grüße,
Erik Senst

PS: Mit der Bitte um Nachsicht bei den Paragraphen: Die Idee ist schon etwas älter und berücksichtigt wohl nicht die neuesten Entwicklungen

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