Sehr geehrte Frau Trott,
Sie schrieben:
Ich staune, wenn ich manchmal höre, dass Promotionen ohne
einschlägige Veröffentlichungen überhaupt möglich sind -
aber offenbar gibt es das.
Ich wehre mich immer wieder gegen die Annahme,
dass die Publikation einer Dissertation etwas mit der Qualität zu tun hat.
Das ist eine reine Frage des Leserkreises.
Gerade Dissertationen haben oft sehr spezielle Themen, die weltweit nur
wenige Spezialisten interessieren, dringend brauchen oder verstehen ;-)
Es gibt ja auch keine direkte Korrelation zwischen steigender Auflagenhöhe
und steigender Qualität. Wenn überhaupt, ist das eher invers proportional.
Ihr folgender Hinweis:
Vor Jahren gab es im Senat unserer Universität die
Diskussion, ob Diplomarbeiten von der Bibliothek gesammelt
werden sollen. Die Fakultät Wirtschaftswissenschaften hat
sich eindeutig dagegen ausgesprochen, u.a. mit der
Begründung, es würden an verschiedenen Einrichtungen
zumindest ähnliche Themen ausgegeben, und dann sei die
Aufgabe "Diplomarbeit" zu leicht zu erledigen. Worauf die
Naturwissenschaftler empört reagierten, wie das sein könne,
es müsse doch stets was Neues erforscht werden. Und die
Antwort bekamen, es sei einfach unmöglich, soundsoviel
hundert Themen mit Neuigkeitsanspruch pro Jahr zu stellen.
Das konnte ich nachvollziehen.
Das heißt: Für mich ist das Thema "Diplomarbeiten"
zwiespältig in seiner Bedeutung. Das Sammeln aller
Diplomarbeiten der Hochschule (im Volltext) macht sehr viel
Arbeit, die organisatorisch in Abstimmung mit der Hochschule
bewältigt werden muss.
müsste in der Fachwelt eigentlich sehr viel genauer diskutiert werden.
1. Weil wir schon längst nicht mehr wissen wie viele Magister- und
Diplomarbeitsthemen weltweit mehrfach vergeben werden.
Wenn wir sie also nicht bald erfassen, wird Plagiat immer wahrscheinlicher.
2. Die Volltexterfassung dürfte die einfachste Form sein,
wenn die Arbeiten (nach dem Vorbild DissOnline) elektronisch abgegeben
würden. Hier lässt sich am ehesten automatisieren und über XML ein
automatischer Science Citation Index für Deutschland erstellen..
Außerdem darf die Zeitverzögerung nicht zu groß werden.
3. In einer Diplom- bzw. Magisterarbeit muss, im Gegensatz zu einer
Dissertation,
nichts wirklich "Neues erforscht werden". Es könnte und sollte eigentlich
der neuste Stand der Wissenschaft überprüft werden.
Das ist die eigentliche klassische Selbstkontrolle der Wissenschaft,
die im Moment bekanntlich zu oft versagt.
4. Die Gefahr, nicht genügend viele Themen zu finden ist abwegig,
wenn man gute Datenbanken hat die zeigen was gerade bearbeitet wurde.
Da jede neue Erkenntnis neue Fragen aufwirft, haben wir ja die konstante
Verdopplungsrate der Literatur. Jedes gelöste Problem macht
noch mehr neue Probleme lösbar.
MfG
W. Umstätter