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Re: Google und GDZ
Boehle, Knud schrieb:
Es sieht wirklich so aus, als hätten die "Europäer" (mal wieder?)
etwas verschlafen. Zum einen sind sie dem Denkfehler aufgesessen,
dass auch im digitalen Medium Archivieren weiterhin nur Konservieren
bedeuten könnte, während die wirkliche Perspektive die "digitale
Universalbibliothek" (so auch in dem Spiegel-Artikel) ist, d.h.:
dauerhaftes öffentliches Angebot.
...
Eine einfache Strategie nachholender Digitalisierung ist da wohl eher
nicht die Lösung. Es käme auf ein technisches und inhaltliches
Konzept mit "added value" an, das die Konkurrenz zu Google
auszeichnen müsste (z.B. aktive Querverweise zwischen
Literaturangaben, Funktionen eines "citation index" etc.). Es ist ja
auch nicht alles Gold was Google macht
Einen innovativen Mehrwert (nicht "Konkurrenz"!) zu Google böte, auf
Freie Inhalte zu setzen und die Nutzer aktiv zu beteiligen. Wenn das
Umfeld stimmt, helfen nämlich die Nutzer bei der Anreicherung selber.
Lars Aronssen macht mit dem Projekt Runeberg schon seit Jahren vor, wie
so etwas laufen kann und Distributed Proofreaders bzw. Project Gutenberg
(nicht zu verwechseln mit dem deutschen Projekt Gutenberg) dürfte auch
ein Begriff sein. Die Wikimedia Foundation ist mit Wikisource nur noch
nicht richtig in die Gänge gekommen, weil die Software nicht dafür
ausgelegt ist und es an bibliothekarischem Bewußsein mangelt. Hier
könnten sich Bibliotheken doch gut einbringen - sie haben die Erfahrung
bezüglich der Erschließung und nicht zuletzt die Originale.
Der Vorteil von Bibliotheken gegenüber Google oder anderen
Wirtschaftsunternehmen ist doch gerade, dass sie nicht darauf angewiesen
sind, aus allem Profit schlagen zu müssen, sondern ihre Daten für
weitere Nutzungen frei geben können. Wenn Bibliotheken klar auf freie
Inhalte setzen kann Google noch so viel digitalisieren und tun, denn
einmal freie Inhalte lassen Anwendungen zu, die wir uns heute noch gar
nicht vorstellen können.
Man muss sich nur von dem Gedanken lösen, als alleiniger Hüter der
Originale jede Verwendung kontrollieren zu müssen.
Vor 200 Jahren fanden es die meisten Bibliothekare unerhört, ihre
Bibliothek, wie von Schrettinger gefordert, so einzurichten, dass sich
Nutzer auch ohne ihre Hilfe darin zurechtfinden konnten - die
Entwicklung der modernen Dokumentation fand deshalb weitgehend ohne sie
statt. Heute finden es einige Bibliothekare unerhört, die von ihnen
gesammelten Daten so zur Verfügung zu stellen, das Nutzer sie beliebig
verwenden, verändern und weiterverbreiten können - die Entwicklung wird
auch ohne sie weitergehen.
Zur Einführung:
http://de.wikipedia.org/wiki/Freie_Inhalte
http://creativecommons.org/
Schöne Grüße,
Jakob Voss
P.S: Weitere Visionen diesbezüglich auch in meinem Libreas-Artikel:
http://www.ib.hu-berlin.de/~libreas/libreas_neu/ausgabe2/005zet.htm
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.