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Widersprüche in der Informationspolitik
- Date: Mon, 02 May 2005 15:57:56 +0200
- From: Rainer Kuhlen <rk_iw@xxxxxx>
- Subject: Widersprüche in der Informationspolitik
Bekannt ist ja wohl auch hier, dass das BMBF seit 8/04 mit einer
Laufzeit von 5 Jahren und mit einem Projektvolumen von über 6 Mio Euro
das Vorhaben eSciDOC als Open-Access-Publikationsplattform für die
Forschung (in Zusammenarbeit MPI und FIZ Karlsruhe) fördert. Vergleicht
man diese von der Bundesregierung über das BMBF vertretene offene
Publikationspolitik mit den Zielsetzungen und Formulierungen des jetzt
gültigen Urheberrechts und erst recht mit denjenigen aus dem Zweiten
Korb (hier § 53a), so kann man eigentlich nur staunen über die
Widersprüchlichkeit der deutschen, aber natürlich auch der europäischen
und internationalen Informationspolitik.
Auf der einen Seite wird durch das BMBF ein öffentliches Gegengewicht zu
der zunehmenden Kommerzialisierung von Publikations- und
Dokumentlieferungssystemen (z.B. durch Dienste der großen Verlage wie
Elsevier, aber auch Springer) gesetzt, zum andern dürfen diese neuen,
mit öffentlichen Mitteln unterstützten Dienste dann nicht mehr, z.B.
durch die Bibliotheken angeboten werden, wenn der Markt ein
vergleichbares Angebot von sich aus bereitstellt. Das ist ja letztlich
die Konsequenz des Regelungsvorschlags von § 53a (Kopienversand auf
Bestellung) (der Entwurf ist allerdings jetzt auf Grund der Intervention
des Kanzlers auf Eis gelegt - u.a. hat Bitkom Protest eingelegt).
Noch mehr staunt man, wenn man in einer Meldung vom 29.4.2005 liest,
dass die Regierungen von Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien,
Polen und Ungarn sich gestern mit einem Vorschlag an die Kommission und
den Präsidenten der Europäischen Union gewandt haben, bei dem es um die
Schaffung einer gemeinsamen europäischen Computer-Bibliothek geht. Auch
Schröder hat unterschrieben.
Frz. Meldung unter
http://elysee.fr/elysee/francais/interventions/lettres_et_messages/2005/avril/message_a_propos_de_la_creation_d_une_bibliotheque_numerique_europeenne.29633.html
Diese "bibliothèque numérique européenne" soll das kulturelle und
wissenschaftliche Erbe der Mitgliedsländer auf dem Computer zugänglich
machen. Auf der großen Bühne sollen die Bibliotheken spektakulär das
kulturelle Erbe sichern, in Deutschland selber sollen sie gegenüber dem
Markt marginalisiert werden.
--
Prof. Dr. Rainer Kuhlen
Department of Computer and Information Science - University of Konstanz
Box D 87
email: rainer.kuhlen@xxxxxxxxxxxxxxx [also: rk_iw@xxxxxx]
URL: http://www.kuhlen.name
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M
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