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Re: umstrittene EU-Richtlinie "Softwarepatente"
- Date: Wed, 22 Dec 2004 10:10:00 +0100
- From: Daniel Zimmel <zimmel@xxxxxxxxxxxxxx>
- Subject: Re: umstrittene EU-Richtlinie "Softwarepatente"
At 23:03 21.12.2004 +0100, you wrote:
Hallo liebe ListenteilnehmerInnen,
aus einem Artikel in "Spiegel Online" ist über eine umstrittene
EU-Richtlinie zu Softwarepatenten zu lesen.
http://www.spiegel.de/netzwelt/politik/0,1518,333758,00.html
Wie kann es sein, dass eine fachfremde Politikerin Frau Künast über solch
eine Richtlinie abstimmen darf /kann?
Ihr Votum scheint als wichtig zu gelten, denn der Artikel verdeutlicht das
zumindest so.
Ferner heisst es der Deutsche Bundestag sei gegen diese
Softwarepatentrichtlinie, andererseits seien sich die EU-Mitgliedsstaaten
einig, dass sie komme. Was ist denn nun davon richtig und was falsch?
Vielleicht gibt es hier jemanden, der mir da Auskunft geben könnte.
Der Versuch, die umstrittene Richtlinie offensichtlich unter Umgehung der
derzeit geltenden EU-Mehrheiten durchzumogeln, ist gestern glücklicherweise
gescheitert. Der Ministerrat missachtete die Entscheidungen des Parlaments,
das BMJ agierte zuletzt offen gegen den erklärten Willen des Bundestages.
Die Abstimmung ist jetzt erneut verschoben, dank des polnischen Einwandes
(Heise-Newsticker-Meldung: "EU-Rat vertagt Entscheidung zu
Softwarepatenten" [1]). Es sieht vorsichtig gesagt so aus, dass im nächsten
Jahr die Richtlinie unter luxemburgischem Vorsitz kaum eine Mehrheit finden
wird.
Frau Künast ist gestern übrigens nach heftigen Protesten von Swpat-Gegnern
dem Treffen ferngeblieben.
Aus der Presseerklärung der Anti-Swpat-Kampagne gestern abend [2]:
"Am 7. Dezember hatte der belgische Wirtschaftsminister Marc Verwilghen dem
belgischen Parlament gesagt, dass "die qualifizierte Mehrheit [für
Softwarepatente] nicht mehr besteht". Das Parlament der Niederlande hatte
am 1. Juli eine Resolution verabschiedet, in der es seine Regierung zur
Enthaltung aufforderte, doch diese ignorierte den Willen der Abgeordneten.
Die polnische Regierung hatte am 16. November ihre Position bekräftigt,
dass sie "den gegenwärtigen Vorschlag nicht unterstützen kann", wurde aber
von der niederländischen EU-Präsidentschaft und anderen Ländern
diplomatisch unter Druck gesetzt. Es sah zeitweilig so aus, dass Polen sich
diesem Druck beugen würde.
Der österreichische konservative Europaabgeordnete Mag. Othmar Karas,
Vizepräsident der größten Fraktion im Europaparlament (EVP-ED), hatte
gewarnt: "Es wäre geradezu antidemokratisch, einen Beschluss zu fassen, der
am Tag der offiziellen Entscheidung keine qualifizierte Mehrheit mehr hat."
Mehrere Länder, darunter Frankreich, Ungarn, Polen, Lettland und die
Niederlande, wollten der Ratsentscheidung unilaterale Erklärungen beifügen,
mit welchen sie sich von der Position distanzieren, für die sie eigentlich
gestimmt haben.
In einer früheren Erklärung auf
<http://www.nosoftwarepatents.com/de/m/intro/app0411.html>www.NoSoftwarePaten
ts.com
hatten Linus Torvalds und andere europäische Softwareentwickler bereits den
Vorschlag des Rats als "trügerisch, gefährlich und demokratisch nicht
legitimiert" bezeichnet"
Frau Zypries hat auch schon reagiert: "Wir werden weiter konstruktiv
mitarbeiten um eine Lösung zu suchen, die allen Beteiligten noch besser
gerecht wird als der Beschluss vom Mai dieses Jahres. Dabei werden wir auch
die inzwischen formulierte Position des Deutschen Bundestages in die
Debatte auf Ratsebene einbringen." [3]
Ein bisschen Licht am Horizont über dem Meer der Unvernunft. In diesem
Sinne auch eine frohe Weihnacht,
Daniel Zimmel
[1] http://www.heise.de/newsticker/meldung/54518
[2] http://www.nosoftwarepatents.com/phpBB2/viewtopic.php?t=255
[3] http://www.nosoftwarepatents.com/phpBB2/viewtopic.php?t=257
--
Daniel Zimmel Tel. +49 228 91416-17
Max-Planck-Institut zur
Erforschung von Gemeinschaftsgütern, Bonn ||/| Bibliothek
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.