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Re: "Bibliografie" nicht nur für Bibliographi en?



Sehr geehrter Herr Voss,

eigentlich war der Begriff Bibliografie für ein modernes Bibliothekswesen schon mal so gut wie out,
als sich die Literaturnachweisdatenbanken vor dreißig Jahren in Medizin, Biologie, Chemie etc. ausbreiteten,
weil man darunter nur noch die gedruckten Bibliografien meinen konnte.
Es war also klar, was der Unterschied zwischen dem Index Medicus und MEDLINE war (und dieser Unterschied war gewaltig).


Erst als die Geisteswissenschaften endlich auch damit begannen ihre Bibliografien online oder auf CD-ROM
(und das ist deswegen noch lang nicht off-line) also ebenfalls als Literaturnachweisdatenbanken oder auch bibliografische Datenbanken
anzubieten, kam die Diskussion wieder auf, unter einer Bibliografie auch eine Datenbank zu verstehen.
Eigentlich deswegen, weil man heute kaum noch von gedruckten Bibliografien ausgeht, und wenn, nur als eine von vielen
Ausdruckmöglichkeiten (im Sinne von print über einen Reportgenerator) aus einer entsprechenden Datenbanken heraus.
Wir müssen also heute zwischen bibliografischen Datenbanken, bibliografischen Online-Datenbanken,
bibliografischen XML-Datenbanken, gedruckten Bibliografien, etc. unterscheiden.


Es freut mich, Ihnen in einem Punkt vehement widersprechen zu dürfen, weil das in den anderen Fällen so schwierig ist ;-).
Sie schreiben: Es "verschwinden im Online-Zeitalter durch Datenbanken, Open Acces und Linksysteme meines Erachtens die Grenzen."
Genau das Gegenteil ist wahr. Weil immer mehr Begriffe im gleichen Wortfeld erscheinen, werden exakte Definitionen immer wichtiger.
Sie haben aber völlig Recht, dass das für Laien immer schwieriger wird, und dass für diese die Grenzen zu verschwimmen scheinen.
Dazu gehört auch, was nur Menschen können die das Fach studiert haben, das man die historischen Zusammenhänge kennt,
und sich mit den anderen geistigen Strömungen auseinander zu setzen vermag.


Wenn als J. Krause den Begriff Bibliographie für:

1. Theorie der Literaturverzeichnung
2. Praxis der Literaturverzeichnung
3. Literaturverzeichnisse an sich

verwendet, bin ich der Meinung, dass man zwischen der Theorie der Literaturverzeichnung,
der Praxis der Literaturverzeichnung und
einem Literaturverzeichnis selbst, also dem jeweiligen Ergebnis einer solchen theoretischen und praktischen Tätigkeit,
sauber unterscheiden muss.
Wir haben eine ähnliche Problematik z.B. beim Begriff der Dokumentation:
Eine Dokumentation kann eine dokumentierende Einrichtung,
eine Tätigkeit und
das Ergebnis der Tätigkeit sein.


Bei Ihnen ist aber aus dem Zusammenhang völlig klar, dass es nur um das Ergebnis, also um bibliografische Datenbanken geht -
also um Literaturnachweisdatenbanken.
Daneben verzeichnen Online-Bibliothekskataloge nur die Quellen, die im jeweiligen Besitz einer Bibliothek sind.
Hier kommt allerdings das Problem hinzu, was ist eine Bibliothek im Rahmen der Virtuellen oder Digitalen Bibliothek.
Schon im Bereich einer Verbundkatalogisierung ist dies sicher nicht auf ein bestimmtes Gebäude reduzierbar.
Hier geht es vielmehr um die rechtliche Begrenzung, wer Zugriffs- oder Nutzungsrechte hat.


Von den bibliografischen Datenbanken sind auch die Volltextdatenbanken (die wirklich nur Text hatten bzw. haben) und die multimedialen Datenbanken zu unterscheiden.
Beide, sowohl die Online-Kataloge als auch die Online-Bibliografien können natürlich im Rahmen einer Digitalen Bibliothek auf die wie auch immer digitalisierten Dokumente verweisen bzw. verlinkt werden. Bei einer Virtuellen Biblothek dagegen, würde man sich in der Vieldimensionalität der gesitiger Räume betreits bewegen. Insofern sind Katalogdatenbanken und bibliografische Datenbanken Teile iner Digitalen aber noch keiner Virtuellen Bibliothek, wenn man dieses Wort nicht aus public relation gründen absichtlich verballhornen will.


Im Gegensatz zu Herrn Traschuetz: könnte ich mir unter "Metadatenmanagement der Beckett-Rezeption in Indien" durchaus etwas vorstellen.
Da Herr Traschuetz: sich anscheinend nichts darunter vorstellen kann, lässt sich aber nicht entscheiden ob er mit mir übereinstimmen würde.
Ich nehme aber an, dass wir trotzdem gemeinsam darin übereinstimmen, dass dieser Begriff zu weit und damit zu unspezifisch ist.
Er würde nicht nur Metadatensysteme im Rahmen des Dublin Core (und damit im bibliografischen oder genauer im Katalogbereich) berücksichtigen,
sondern alle möglichen Metadatensysteme diser Welt.


Viel erfolg bei dem Versuch das deutschsprachige Wikipedia aus dem BID-Bereich grob zu ordnen.

MfG

W. Umstätter



Werner Traschuetz wrote:

Jakob Voss schrieb am 13 Dec 2004, 0:54: "Bibliografie" nicht nur für Biblio



ob man das Verzeichnen von Publikationen (incl. grauer Literatur)
unabhängig ob mit oder ohne Bestandsnachweis noch als "Bibliografie"
bezeichnen kann bzw. es eine bessere Bezeichnung dafür gibt.
Prinzipiell sind Bibliografien (von mir aus auch Bibliographien) ja
nur bestandsunabhängige Literaturinformationsmittel.



Lieber Herr Voss, werte Kolleginnen und Kollegen,


nach Lehrmeinung (J. Krause: Bibliographieren in Praxis und Unterricht. a.d. Reihe Das Fachwissen des Buchhaendlers) bezeichnet der Begriff Bibliographie:

1. Theorie der Literaturverzeichnung
2. Praxis der Literaturverzeichnung
3. Literaturverzeichnisse an sich

Natürlich koennen und werden auch andere Medien als Buecher in Verzeichnissen erfasst: Zeitschriften, Landkarten, Filme, CDs etc. Es kann sich meines Erachtens auch um Web-Dokumente etc. handeln, ohne dass der Begriff "Bibliographie" sich dadurch veraendert oder veraendert werden muesste. Wenn ein neues Medium (neuer Gegenstand der Bibliographie) hinzukommt, ist dies fuer die Bibliographie unerheblich. Der Bibliographie in allen drei Bedeutungen ist es voellig egal, ob sie in Stein gemeiselt, auf Papier geschrieben oder gedruckt oder in einer Datenbank festgehalten wird.

Der Begriff "Metadatenmanagement" trifft das Wesen der Bibliographie in ihrer Gesamtheit nicht. Oder koennen Sie sich z.B. unter "Metadatenmanagement der Beckett-Rezeption in Indien" etwas vorstellen??

Trotz Internet - muss das Rad nicht neu erfunden werden. Auch wenn man mich jetzt fuer einen konservativen Knochen haelt.

Eine schoene Woche an alle, die hier mitlesen.

mit besten Gruessen

Werner Traschuetz




Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.