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Open Access auf der ISI 2004 in Chur
Auf dem 9. Internationalen Symposium für
Informationswissenschaft ISI 2004 in Chur (CH) 6.-8.10.2004
wurde in mehreren Beitraegen auch das Thema "Open Access"
(OA) verhandelt.
http://www.isi2004.ch
Bei der von Rainer Kuhlen moderierten Podiumsdiskussion
"Informationskompetenz zurückgewinnen", an der ich
teilnahm und die sich schwerpunktmaessig der
Urheberrechtsproblematik widmete, wurde OA vor allem in den
Beitraegen von
Dirk Lewandowski zu E-LIS und Jochen Brüning zu
http://www.creativecommons.org thematisiert.
Die Proceedings des Kongresses liegen bereits gedruckt vor:
Bekavac, B. u.a. (Hgg.): Information zwischen Kultur und
Marktwirtschaft,
Konstanz 2004 (im folgenden zit. als: Proceedings).
Christina Bieber und Werner Schweibenz berichteten ueber
ein Foto-Digitalisierungsprojekt des Kunsthist. Instituts
in Florenz: 20.000 Fotonegative, deren
Urheberrecht beim Institut liegt (Proceedings S. 125ff.,
interessant auch zur Frage der Langzeitarchivierung).
Einmal mehr erweist sich, wie wenig die
Max-Planck-Gesellschaft ihre Institute in Sachen OA im
Griff hat. Die DRM-Technik
des Bildviewers wird bei der geplanten Wepraesentation
verhindern, dass ein ganzes Bild downgeloaded werden kann
(dies wird nur auf Einzelnachfrage bei genauer Angabe des
Verwendungszwecks gestattet). Mit OA fuer Kulturgut, wie es
das ECHO-Projekt fordert, an dem das MPI fuer
Wissenschaftsgeschichte massgeblich beteiligt ist, hat das
natuerlich nicht das geringste zu tun. Ein Einwurf in der
Diskusion "Es heisst Open Access, nicht Open Downloading"
bewies einmal mehr,
wie gross die Unkenntnis hinsichtlich der Grundprinzipien
von OA ist. Die Max-Planck-Gesellschaft hat die Berliner
Erklaerung verabschiedet, und wer lesen kann, sollte
eigentlich auch begreifen, worum es darin geht. Aber das
KHI Florenz schert sich darum nicht.
Ganz OA gewidmet war am Freitag der Themenblock 9. Rafael
Ball (Leiter der Bibliothek des FZ Juelich) tat sich in
seinem provokanten Referat "Open Access - die Revolution im
wissenschaftlichen Publizieren?" (Proceedings S. 413ff.)
deutlicher noch als in der eingereichten Fassung als
OA-Skeptiker hervor, suggestiv wirkliche Probleme, Mythen
und Halbwahrheiten zu OA mischend. Der Beitrag ist
im wesentlichen identisch mit einem im Netz (PDF)
nachlesbaren Vortrag Balls, der aufgrund seiner
einflussreichen Position im deutschen Bibliothekswesen
leider leicht Fehlinformationen zu OA streuen kann.
http://www.fz-juelich.de/zb/index.php?index=534
Ball sagte, OA sei die "schoene neue Welt", es sei Zeit,
dass wir OA abhandeln und uns dann wieder wichtigeren
Dingen zuwenden und sprach von OA-Hysterie. Er pries den
etablierten Publikationsprozess, an
dem man festhalten solle. OA werfe uns viele hunderte Jahre
zurueck. Gleichwohl baut das FZ Juelich aber einen
OA-Server auf, was als "pragmatische Juelicher Loesung"
verkauft wird.
Zu den Vorteilen von OA siehe auch:
http://www.isn-oldenburg.de/publications/11argumente.html
Mit den kommerziellen Verlagen gebe es vernuenftige
Lizenzvertraege, sagte Ball und fragte nach einer
Rechtshandhabe beim Verschwinden von OA-Angeboten aus dem
Netz. In der Diskussion wies ich darauf hin, dass nach den
OA-Prinzipien Beitraege u.a. von fuer die
Langzeitarchivierung zustaendigen Bibliotheken gespiegelt
werden koennten. (Auch sieht die Berliner Erklaerung ja die
Einstellung in dauerhafte Repositorien vor, die von
etablierten Institutionen unterhalten werden.)
Frau RA Heike Stintzing (Translexio.com) unterrichtete in
temperamentvoller Weise ueber OA vs. Urheberrecht
(Proceedings S. 433ff.). Ein Konflikt entstehe nur, wenn
eine
Parallelveroeffentlichung erfolge. Sie riet allen an OA
interessierten Autoren, sich dem "Diktat der Verlage" zu
entziehen und NICHT die ueblichen Verlagsvertraege zu
unterschreiben und damit alle Rechte abzutreten.
Sowohl Druckveroeffentlichung als auch Vortrag gingen
detailliert (in nicht genannter Anlehnung an REMUS Stand
2002, das fuer den Vortrag offenbar ausgeschlachtet wurde:
http://remus.jura.uni-sb.de/faelle/onlinebibliothek.html )
auf die Rechtslage bis Sept. 2003 ein. In der Diskussion
von mir mit dem zentralen Einwand
konfrontiert, seit der Novelle sei das Recht der
oeffentlichen Zugaenglichmachung ein Unterfall der
oeffentlichen Wiedergabe und § 38 UrhG mit der
Einjahresfrist bei Zeitschriftenartikeln betreffe nur
Vervielfaeltigung und Verbreitung, erwiderte die Referentin
das sei richtig, ihre Darstellung habe
in diesem Punkt nur der Rechtslage vor Sept. 2003 gegolten.
Was dann aber eine solche ausfuehrliche Darlegung einer
obsoleten Rechtslage fuer Nicht-Juristen soll,
wird man sich mit Fug und Recht fragen duerfen, zumal in
der gedruckten Fassung keine Silbe auf die geaenderte
Rechtslage verweist.
Siehe dazu auch:
http://www.uni-tuebingen.de/fb-neuphil/epub/graf/urheberrecht_autoren_graf.html
Die Beitraege der ISI 2004 sollen, so war zu hoeren, in
absehbarer Zeit auch OA im Netz bereitstehen, was ja
ausserordentlich erfreulich waere.
Klaus Graf
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.