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RE: Referentenentwurf zweiter Korb UrhG
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Herr Müller schrieb:
> Außerdem scheint er die lateinische Sprache nicht zu
> beherrschen. So kann ich ihm leider nicht den schönen Spruch
> entgegen halten "audiatur et altera pars", was so viel heißt
> wie, "was läßt sich sonst noch sagen".
Dazu möchte ich oberlehrerhaft anmerken, dass der Spruch - wörtlich übersetzt
heisst er "Es ist auch die andere Seite zu hören" - weniger auf Herrn Graf,
als auf das Justizministerium passt. Dort hat man scheinbar Petersilie in den
Ohren gehabt, als es darum ging, die Stimmen von Wissenschaftlern und
Informationsfachleuten nicht kommerzieller Institutionen zu hören. Der Entwurf
ist jedenfalls sehr einseitig ausgefallen.
Trotzdem ist es kontraproduktiv, wenn wir uns gegenseitig mangelndes
Engagement vorwerfen, statt ein gemeinsames Interesse auch gemeinsam zu
verfolgen. Es wäre z. B. an der Zeit, den Bundestagsabgeordneten des eigenen
Wahlkreises den Standpunkt von Bibliotheken und Wissenschaftlern zu
verdeutlichen, damit diese ihn bei ihrer Entscheidung berücksichtigen.
> Erfreulich finde ich im Referentenentwurf aber diese Neuerungen:
> - Kein "Goethegroschen". Es gibt tatsächlich Leute, die eine
> urheberrechtliche Vergütung für die Nutzung von Werken
> einführen wollen, deren Urheberschutz abgelaufen ist.
Muss man jetzt schon jubeln, wenn solche völlig absurden Ideen zurückgewiesen
werden?
Die genanten Neuerungen sind erfreulich, aber eher Nebenschauplätze.
Darüber freuen können wir uns, wenn die Regelung zum Kopienversand geändert
wird.
Es müsste doch zu vermitteln sein, dass es absurd ist, in Papierform
vorliegende Aufsätze einscannen und dem Nutzer nach Hause schicken zu können,
ihn aber, sobald die Verlage sie in digitaler Form anbieten, an einen
Leseplatz in der Bibliothek bitten oder mit einem Ausdruck abspeisen zu
müssen.
Wie ganz richtig angemerkt wurde, ist das alles noch nicht Gesetz, und auch
beim ersten Korb gab es ja noch Änderungen in letzter Minute.
Mit freundlichen Grüßen
Frank Wiederhold
Bezirksregierung Düsseldorf, Dez. 49.1.2
- Öffentliche Bibliotheken -
P.S. Auch wenn die Behauptung, er könne kein Latein in der Tat eine freche
Unterstellung ist: wenn Herr Graf schreibt "Si tacuisses" (Komplett: "Si
tacuisses, philosophus mansisses" - "Hättest Du geschwiegen, wärest Du ein
Philosoph geblieben"), wirft er damit einen Stein aus dem Glashaus.
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.