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Re: (Fwd) Re: Anreicherung von Katalogen / dandelon.com



Nichts gegen Bardot, aber in allen statistischen Fragen Sagen Computer grundsätzlich nur vielleicht.

Ansonsten lässt sich der Paradigmenwechsel vom Determinismus des Laplaceschen Dämons,
hin zu dem rein wahrscheinlichkeitstheoretischen des Maxwellschen Dämons nirgends so genau verfolgen,
wie in der Informationstheorie, die ja auf den Erkenntnissen zur Entropie beruht.
Mit Leibniz, Kant und vielen anderen haben wir die Möglichkeit auf den Schultern von Giganten zu stehen,
und die Verpflichtung weiter zu sehen, als diese es konnten.


Das heißt, jedes Wissen und jede Information hat in der mathematical theory of communication
immer eine endliche Wahrscheinlichkeit wahr oder zutreffend zu sein.
Bei Recherchen liegt die Wahrscheinlichkeit der precision seit jahrzehnten fast unverändert bei 50% (mit hoher Varianz).
Die Hoffnung, dies mit Semantik, Ontologien, etc. zu verbessern ist so lange unerfüllbar, so lange unsere Begriffe nicht
präziser sind als unsere Wortwahl. Diese ist aber in der natürlichen Sprache so unscharf, weil wir so wenig Wissen haben.
Ein Kind, das Wauwau sagt, kann auch Begrifflich meist nicht zwischen einem Rottweiler und einem Boxer unterscheiden.


Das geht einem Autor, der über Intelligenz schreibt, auch nicht anders. Er benutzt das Wort so unscharf wie er es hört und versteht.
Es ist also gleichgültig, ob ich in einem Katalog Intelligenz als Wort oder als Begriff suche.
Im ersten Fall bekomme ich falsch positive Treffer bei falscher Wortwahl, im zweiten Fall bei falschem begrifflichen Verständnis.
Diese Fehler gehen zwangsläufig miteinander einher.
Die Beispiele von Eversberg zur Metaphorik, zum Sprachwandel etc.
http://www.allegro-c.de/regeln/cosarara.htm
belegen das sehr schön.
Wobei allerdings angemerkt werden muss, dass Käfer und Coleopteren ein Synonymenproblem widerspiegelt,
aber keine Begriffsvielfalt. Es ist für einen Entomologen der selbe Begriff.
Darum können Indexierer, mit einem guten Thesaurus das semantische Problem durchaus abmildern,
wenn sie im Thesaurus eine klare Begrifflichkeit schaffen und,
gleichgültig ob ein Autor von einem Register, einem Index, einem Inhaltsverzeichnis,
einer Wortliste, einer Datei oder einem Directory schreibt,
"inverted file" indexen, wenn es sich um einen solchen handelt.


Das ist ein wichtiger Teil der Qualitätssicherung in Bildung und Wissenschaft,
um die sich Bibliotheken schon immer gekümmert haben,
wenn sie inhaltlich (also begrifflich) zusammengehöriges auswählten und zusammenbrachten.
In der Virtuellen Bibliothek können wir dies in vielfältiger Weise tun,
weil wir nicht mehr auf den dreidimensionalen Raum angewiesen sind.
Insofern ist der Hinweis auf das Browsen und Stöbern, den ja u.a. auch U. Eco hervorgehoben hat,
so wichtig. Das können wir heute mit TopicMaps, mit Linking, mit semantischen Netzen,
bis hin zu lernenden Systemen der KI unterstützen,
ohne die alten klassischen Möglichkeiten von Bibliotheken und Katalogen aufgeben zu müssen.


MfG

Umstätter


Bernhard Eversberg wrote:


On 23 Jun 04, at 14:01, Frank Hoppe wrote:



Unsere Intelligenz wird wesentlich von den Methoden, die es für seine Arbeit
nutzt, beeinflußt - nicht neu, weil schon von Kant eingehend dargelegt, aber
immer wieder übersehen.



Wobei Kant den digitalen und algorithmischen Umgang mit Information aber noch gar nicht kannte! Leibniz jedoch (8 Jahre vor Kants Geburt gestorben) hatte schon die Vorstellung, man könne eine Methodik finden, mit der jede Streitfrage mit mathematischer Präzision zu lösen wäre, nicht nur Rechenaufgaben, für welche er ja eine der ersten Maschinen entwickelte. Noch immer ist aber die Kernfrage ungelöst, ob denn das natürliche Denken algorithmisch abläuft (wovon Leibniz wohl ausging) oder aber nicht.
Im zweiten Fall wäre die Computertechnik zur Nachbildung ungeeignet. Im ersten Fall könnte es aber immer noch sein, und selbst das ist noch nicht klar, dass die Antwort lautet: "Im Prinzip ja, aber es ist hoffnungslos kompliziert". Die Komplexität des Nervensystems IST um Größenordnungen höher als die jedes Computers, doch dies wiederum muß NICHT sofort besagen, daß deswegen das Denken
horrend kompliziert sein müsse. Es gilt die stehende Redewendung des Rheinländers: "Man weiset nit jenau". Weitreichende Schlußfolgerungen auf solche Sachlage zu gründen erscheint blauäugig bis leichtfertig.




... die wechselseitige 'Informationspiegelei'
ist als Ganzes zu sehen. Entscheidend ist m. E. also die Frage, wohin sich dieses
- gar nicht mal geschlossene - System entwickelt.


Kulturskeptiker befürchten aber, was wiederum sehr mit Kant (s.o.) konform geht, daß sich unser Denken ohne Not schneller dem digital-algorithmischen Prinzip annähert als umgekehrt (z.B. T. Roszak: Der Verlust des Denkens, 1986). B. Bardot soll dagegen mal gesagt haben: "Computer sind uninteressant, sie können nur 'ja' oder 'nein' sagen, nicht 'vielleicht'."

B.E.



Bernhard Eversberg
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