[Date Prev][Date Next][Thread Prev][Thread Next][Date Index][Thread Index]

Re: Anreicherung von Katalogen / dandelon.com



Sehr geehrter Herr Umstätter,

immer noch geht die Reflexion auf die Recherche, auf das Finden von
Informationen, welches natürlich ein Akt der Intelligenz ist, von Polaritäten
aus. Hier der Nutzer, da das zu befragende informationsbeladene System.
Vielmehr ist aber wohl, heute mehr denn je, diese Vorgabe an der Realität
vorbeigedacht.

Unsere Intelligenz wird wesentlich von den Methoden, die es für seine Arbeit
nutzt, beeinflußt - nicht neu, weil schon von Kant eingehend dargelegt, aber
immer wieder übersehen.

Die Information, die auf ein System zukommt, um daraus wieder neue Information
zu erhalten, ist ja sowohl ein fließender als auch wechselseitiger Prozess, so
dass der Affe - gemäß Lichtenberg - zwar durch das 'Saugen von Honig' nicht
unbedingt Apostel wird, aber in seinem Denkprozess (sic!)ganz entschieden
durch neue Information wohl beeinträchtigt wird - nun gut, werden kann. Auf
welcher Niveaustufe wir uns also auch befinden, die wechselseitige
'Informationspiegelei' ist als Ganzes zu sehen. Entscheidend ist m. E. also
die Frage, wohin sich dieses - gar nicht mal geschlossene - System
entwickelt.

Gruß Hoppe


--

.... wo aber Gefahr ist, waechst das Rettende auch...  (Hoelderlin - Patmos)

Dr. Frank Dirk Hoppe
- Abt.-Ltd. Landesbibliothek -
Stadt- und Landesbibliothek Potsdam
Am Kanal 47
14467 Potsdam
Tel.: 0331 / 2896500          http://slb.potsdam.org





 Walther Umstätter <h0228kdm@xxxxxxxxxxxxxxx> wrote ..
> Die Gefahr der Überschätzung von Künstlicher Intelligenz ist ebenso
> gegeben, wie die der Unterschätzung.
> Vor beidem müssen wir uns hüten, und darum müssen wir auch deutlicher
> als bisher sagen,
> welche Konsequenzen die bisherigen Erfahrungen mit Ontologien haben.
>
> Tatsache ist, dass die bisherige Erfahrung mit der
> Informationsverarbeitung nichts mit Begrifflichkeit zu tun hatte,
> weil Information per definitionem nichts über die Bedeutung von Worten
> und damit nichts über ihrer Begrifflichkeit aussagt.
> Das ändert sich aber jetzt durch den verstärkten Einsatz der Künstlichen
> Intelligenz, der Ontologien und dessen,
> was wir herkömmlichen Thesauri gegenüber als semiotische Thesauri
> bezeichnen können.
>
> Es ist eine Frage wie wir Intelligenz definieren.
> Wenn wir eine Definition festlegen, die nur dem Menschen Intelligenz
> zugesteht, kann weder ein Tier noch ein Computer Intelligenz besitzen.
>
> Wenn wir aber auf das zurückgreifen, was wir in einem Intelligenztest
> messen, und da haben wir zweifellos die längste einschlägige Erfahrung,
> dann ist Intelligenz der Teil des Wissens, den wir ererbt haben, mit dem
> wir bestimmte Probleme lösen.
> Dann haben Tiere und Computer durchaus, und recht erstaunliche
> Intelligenzleistungen.
>
> Bei Computern liegt sie aber trotzdem auf vergleichsweise primitiverer
> Ebene. Sie haben ihr Wissen
> (verstanden als begründete Information) über einen Programmierer ererbt.
> Was sie dann daraus machen,
> was sie zu lernen in der Lage sind, wie Komplex die Probleme sind, die
> sie lösen,
> welche Strategien und Taktiken jeweils wirksam werden, und wie weit sie
> Begrifflichkeiten, wie z.B. bei CYC erkennen,
> ist  eine Frage des Programms.
>
> Das gute Buch können wir alle vom schlechten unterscheiden, aber immer
> nur für uns selbst und zu bestimmter Zeit.
> Darum kann es der Computer auch nicht für uns tun.
> Er kann aber durchaus, mit erhöhter Wahrscheinlichkeit für uns das
> herausfinden,
> was wir gerade für gut, wichtig, hilfreich oder notwendig halten, wenn
> wir ihm die notwendigen Informationen zukommen lassen.
> Bisher haben wir das mit brauchbarem Erfolg im Information Retrievalauf
> der Informationsebene getan.
> Mit der KI kann ein Computer auch schrittweise über fuzzy logic oder
> andere Strategien lernen.
>
> Diese Entwicklung können und dürfen wir nicht übersehen. Als
> Bibliothekare und Content Manager müssen wir sie
> gerade auf der thesaurusebene sogar mit gestalten.
>
> Die vollmundigen Marketingtrends können wir auch nur so von der Realität
> unterscheiden.
> MfG
>
>
> Umstätter
>
>
> Bernhard Eversberg wrote:
>
> >On 19 Jun 04, at 11:48, Manfred.Hauer@xxxxxxxxxx wrote:
> >
> >
> >
> >>Es geht mir nicht darum, dass Computer wie Menschen denken, sondern die
> >>Intelligenz von vielen Menschen über Computer an andere vermittelt
werden:
> >>die Intelligenz in den Medien der Bibliotheken (Fachinhalte) und die
> >>Intelligenz von Information Professionals und Informatikern in Form
unserer
> >>Lösungen. Solche Ansätze finden sich immer mehr, deshalb findet man auch
> >>immer mehr Anbieter, die ihre Systeme "intelligent" nennen, das ist ein
> >>globaler Marketingtrend, dem wir uns hier auch gar nicht entziehen
wollen.
> >>Können Sie damit leben?
> >>
> >>
> >>
> >Nein. Ein Marketingtrend, der unhaltbare Illusionen nährt, der
unaufhebbare
> >Unterschiede verwischen will, der das Potential der Technik unangemessen
> >überhöht, ist unredlich und fördert Verdummung. Umso schlimmer, wenn das
> ein
> >globaler Trend ist.
> >
> >Was in den Medien der Bibliotheken steht, was sie den Lesern zugänglich
> machen,
> >ist nicht Intelligenz! Es sind Aufzeichnungen, die dank Intelligenz
> >zustandekamen, aber diese Aufzeichnungen zu nutzen, das gelingt nur mit
> Einsatz
> >eigener Intelligenz des Lesers.
> >(Lichtenberg: "Ein Buch ist ein Spiegel, aus dem kein Apostel herausgucken
> kann,
> >wenn ein Affe hineinblickt.")
> >
> >Zweifellos, man verstehe mich nicht falsch, sind die beschriebenen
Methoden
> das
> >hochinteressante Resultat sehr intelligenter Bemühungen. (Herr Hauer hat
> es daher
> >gar nicht nötig, dem besagten Trend hinterherzulaufen.) Zweifellos kann
> die
> >dadurch bewirkte Anreicherung der Kataloge in sehr vielen Fällen
Ergebnisse
> >bringen, wo unsere bisherigen Methoden keine bringen. Selbstverständlich
> sollten
> >daher Bibliotheken ihre Kataloge mit solchen Verfahren anreichern.
Kataloge
> >könn(t)en schon jetzt und in Zukunft sehr viel mehr leisten als bisher.
> >Intelligent sind und werden sie dadurch nicht. (Auch Schlagwortkataloge
> kamen
> >durch Einsatz von Intelligenz zustande, aber es wurde nie von einem
intelligenten
> >Katalog geredet.)
> >Wer erwartet, von irgendeinem System DAS gute Buch empfohlen zu bekommen,
> nachdem
> >er ihm zwei drei Wörter (nicht Begriffe!) hingeworfen hat, traut dem
System
> Dinge
> >zu, die z.B. Lichtenberg nicht einmal dem Menschen zugetraut hat: "Unter
> die
> >größten Entdeckungen, auf die der menschliche Verstand in den neuesten
> Zeiten
> >gefallen ist, gehört wohl die Kunst, Bücher zu beurteilen, ohne sie
gelesen
> zu
> >haben."
> >
> >MfG B.E.
> >
> >
> >Bernhard Eversberg
> >Universitaetsbibliothek, Postf. 3329,
> >D-38023 Braunschweig, Germany
> >Tel.  +49 531 391-5026 , -5011 , FAX  -5836
> >e-mail  B.Eversberg@xxxxxxxx
> >
> >
> >
> >


Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.