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RE: Inhaltsverzeichnisse und Urheberrecht



Guten Abend,

nun wollte ich doch noch etwas zum Graf-Pannier-Disput schreiben.
Aber Sie haben alles gesagt.

Bei schöngeistigen Werken mag vor der Hand anderes gelten, man müßte dann
aber über das Zitatrecht des § 51 Nr. 2 UrhG nachdenken. Vielleicht liest
man deshalb zu den (allerdings schon nicht schöngeistigen) Publikationen
mancher Verlage z.B. bei http://www.soldanbuch.de nicht die
Inhaltsverzeichnisse sondern nur die Inhaltsübersichten bzw. erhält nur
diese zum pdf-Download.

Sammelwerke (§ 4 Absatz 1 UrhG) sind Inhaltsverzeichnisse gewiss nicht,
damit sind solche Dinge wie "Fleißsammlungen" ohne eigene Originalität
gemeint, Warenzeichenlexika etwa.

Sicher ist das alles natürlich nicht. Und wenn es einer Lobby gelingt,
Regelungen wie den § 137k UrhG im Nacht-und-Nebel-Verfahren durchzudrücken,
oder wenn jetzt aus der gleichen Richtung ernsthaft verlangt wird, unter der
Fahne eines bildungsbürgerlich daherkommenden "Goethe-Groschens"
Vergütungspflichten für die Vervielfältigung gemeinfreier Werke einzuführen,
dann muß man auch anderes für möglich halten.

Leider, und das sage ich ohne alle Häme, ist für meine langjährige
Wahrnehmung im öffentlichen Dienst Verantwortungsfreudigkeit (das wäre dann
hier das Anfassen des Nicht-Werks "Inhaltsverzeichnis" eben als
"Nicht-Werk") das Allerletzte, das sich auszahlt. Schade.
Deshalb kann man trotz meines sachlichen Votums im Sinne der Äußerungen von
Herrn Steinhauer jedem, der an sein Fortkommen denkt, nur zur Zurückhaltung
raten.

Unschädlich ist es natürlich -unabhängig von Vorstehendem- stets, um
Erlaubnis zu fragen, und zwar zuerst dort, wo man sie mutmaßlich am Ehesten
bekommet. Etwa bei der K-Verlagsgruppe. Um dann zu sehen, ob der B-Verlag
dann nicht doch nachzieht.

Gute Nacht.


Mit freundlichem Gruß
Ihr

Wolfgang Zimmermann

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Wolfgang Zimmmermann
Rechtsanwalt
PF 26 19 48
D 20509 Hamburg

Fon: 040 8187 80
Fax: 040 8187 90
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-----Original Message-----
From: owner-inetbib@xxxxxxxxxxxxxxxxxx
[mailto:owner-inetbib@xxxxxxxxxxxxxxxxxx] On Behalf Of Eric Steinhauer
Sent: Wednesday, June 09, 2004 7:29 PM
To: Internet in Bibliotheken
Subject: Inhaltsverzeichnisse und Urheberrecht

Liebe Liste,
nach § 2 II UrhG können nur persönliche geistige Schöpfungen
urheberrechtlich geschützt werden. Inhaltsverzeichnisse aber sind in ihrer
Form von der Sache so stark vorgegeben, daß kein Raum mehr für eine
persönliche geistige Schöpfung bleibt. Anders gesagt, wenn zwei Leute für
die gleiche Festschrift unabhängig voneinander ein Inhaltsverzeichnis
erstellen, dann werden sich die beiden Verzeichnisse gleichen wie ein Ei dem
anderen, denn Aufsatztitel, Seitenzahlen und Reihenfolge der Aufsätze sind
ja unveränderlich und zwigend vorgegeben. Daher genießen
Inhaltsverzeichnisse keinen urhebrrechtlichen Schutz (vgl.
Schulze, in: Dreier/Schulze, UrhG, § 2, Rn. 100: Listen und Verzeichnisse
genießen keinen Schutz, wenn ihnen individuelle Auswahl und Anordnung
fehlen).
Genauso ist es übrigens mit RAK-Titelaufnahmen, denn bei konsequenter
Anwendung des Regelwerks ist die Form des Katalogisats so stark vorgegeben,
daß auch hier kein Raum mehr für eine persönliche geistige Schöpfung bleibt.
(Sorry, aber ist so ;-) ) Um ein Mißbverständnis, das häufig anzutreffen
ist, auszuräumen: das Urheberrecht schützt nicht Ideen oder Inhalte als
solche, sondern nur ihre Verkörperung (das Werk) und auch nur insoweit diese
Verkörperung Ausdruck einer persönlichen geistigen Schöpfung, also letztlich
der Persönlichkeit des Urhebers ist.
Grüße aus Ilmenau
Eric Steinhauer
http://www.steinhauer-home.de

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