[Date Prev][Date Next][Thread Prev][Thread Next][Date Index][Thread Index]

RE: R-Reform: heute Entscheidung



> Das - mit Verlaub - wage ich zu bezweifeln. In 50 Jahren wird ein
"daß"
> genauso eigentümlich auf die Menschen wirken wie ein Buch in Fraktura
heute.

Es ist schon ein Kreuz: Die meisten Leute schauen auf nicht mehr als auf
die Schreibung dieser Konjunktion, um zu beurteilen, ob ein Text in
neuer oder alter RS geschrieben. Dann werden im eigenen Schreiben hier
und da dann noch ein paar Doppel-S-Schreibungen eingemischt ins
Schriftbild und schon glaubt man nach der neuen RS zu schreiben.
Wirklich verstanden haben die wenigsten die neuen Regelungen,
praktizieren tut sieht kaum jemand. Daß uns das "Daß" so sehr ins Auge
sticht scheint wohl damit zusammenzuhängen, daß wir in der Schule alle
damit getriezt wurden - und an diesem Beispiel verstanden haben, daß wir
in der Schrift semantische Differenzierungen durch unterschiedliche
Schreibungen zum Ausdruck bringen - und dieser
Laut-Buchstaben-Zuordnungs-Mythos eine mehr oder weniger hilfreiche
Konstruktion für Erstklässler ist, um ins Schreiben zu kommen.

> Wenn denn junge Menschen derzeit überhaupt einigermaßen korrekt
schreiben,
> dann doch in der neuen Rechtschreibung.

Das ist für die Schulen bislang in keinster Weise belegt. Vielmehr sieht
es so aus, als habe die RSR die Situation zusätzlich verschärft, da sie
ein Gefühl von Beliebigkeit erzeugt hat. Die Schreibung aber muß man ins
Gefühl bekommen. Wie soll das gehen, wenn wir auf absehbare Zeit
schlichtweg zwei Orthographien haben werden: Eine in den Schulen und
Amtsstuben, eine in der literalen Öffentlichkeit? Auf Dauer wird sich
hier der Common sense wieder reetablieren - und nichts anderes war die
Praxis zuvor.

Wir werden sehen, was hinten rauskommt. Es wird wohl sein wie in der
Softwareentwicklung: Garbage in, garbage out. ;-)

Beste Grüße,
Kay Heiligenhaus


Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.