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Re: Urheberrecht und elektronische Bibliotheksangebote
Klaus Graf wrote:
> S. 80f. wird auf die ECUP-Matrix eingegangen - wie die
> genannte Selbstverpflichtungserklaerung ein weiterer Akt
> der Selbstkastration der Bibliotheken. Ungenannt bleibt,
> dass walk-in-patrons von Universitaetsbibliotheken die
> dortigen lizenzierten Datenbanken bei strikter Auslegung
> der Matrix nicht benutzen duerfen.
Ich verstehe nicht, wie Sie zu dieser Auslegung kommen.
Die ECUP-Matrix sieht eine *offene* Registrierung von Walk-in-Usern vor
(z.B. Vergabe temporärer Nutzerkennungen), lediglich die Nutzung durch
*unregistrierte* walk-in-patrons soll nur öffentlichen Bibliotheken
(genauer: solchen mit einer "public library function", was ggf. *auch*
für Unibibliotheken zutreffen könnte, darüber läßt sich die ECUP-Matrix
und die Dokumente, zu denen sie den Annex bildet, nicht näher aus)
vorbehalten sein.
Wenn alle Lizenzverträge, die uns angeboten werden, in Bezug auf die
eingeräumten Nutzungsmöglichkeiten dem Raster der ECUP-Matrix folgen
oder nach dem Muster der Modell-Lizenzen auf www.licensingmodels.com
angelegt wären, hätten wir weniger Probleme, für unsere Benutzer
angemessene Nutzungsbedingungen auszuhandeln. Es kann also gar nicht die
Rede davon sein, daß es sich hier um eine Selbstkastration der
Bibliotheken gehandelt habe, ganz im Gegenteil.
> Ungenannt bleiben die
> Bestrebungen amerikanischer Bundesstaaten, ueber die
> oeffentlichen Bibliotheken flaechendeckend alle Einwohner
> mit lizenzierten Datenbanken zu versorgen.
Die mussten hier auch nicht genannt werden, denn bei der ECUP-Matrix
geht es um das, was im Sinne eines "Fair use" (bzw. abgesichert durch
entsprechende Ausnahmetatbestände im EU-Urheberrecht) auch ohne
Lizenzverhandlungen mit den Datenbankanbietern und Verlagen möglich
sein soll. Selbstverständlich kann der Staat mit den Verlagen Verträge
abschließen, unter denen diese zustimmen, daß über öffentliche
Bibliotheken flächendeckend alle Einwohner mit lizenzierten Datenbanken
versorgt werden. Genau das passiert in einigen Bundesstaaten in den USA
(übrigens wird auch dort der Zugang, ggf. auch im Fernzugriff, über die
Library card oder die driver's license oder Personalausweisnummer
geregelt, d.h. es handelt sich um registrierte Nutzer, wobei diese
Informationen nur dem Nachweis der Zugangsberechtigung dienen und
strikten Datenschutzregeln unterliegen).
Ein Beispiel dafür ist auch der Vertrag, den Island mit Springer u.a.
Verlagen abgeschlossen hat (dort haben die Bibliotheken und jeder
Einwohner mit Internet-Anschluß Zugriff). Arnoud De Kemp hat schon
früher gesagt, daß er am liebsten eine Deutschlandlizenz oder auch
eine globale Lizenz für alle Springer-Titel abschließen würde --
vorausgesetzt natürlich, die Kasse stimmt (er würde sagen, zu einem
"fairen Preis"). Das ist doch genau die Vision, die die Verlage von
"Open Access" haben ...
Allerdings habe ich schon den Eindruck, daß in den USA sich der Staat
viel stärker in die Pflicht genommen sieht, seine Bürger mit den
Informationen zu versehen, die sie brauchen (allerdings ist die
Industrielobby kräftig dabei, das zu ändern, s. die Attacken auf
Initiativen wie PubScience), während man hierzulande bislang eher darauf
gesetzt hat, daß der freie Informationsmarkt es schon richten werde.
Zu Initiativen in einzelnen US-Bundesstaaten, die Herr Graf erwähnt hat,
sind vielleicht weiterführende Informationen interessant (ich verzichte
an dieser Stelle auf eine formalen Kriterien genügende Zitierung!):
State-Wide Licensing of Information Resources: A 50-State Survey
http://www.lib.uaa.alaska.edu/database/survey.html
Ein Update findet sich unter
Statewide Database/Interlibrary Loan Initiatives
Developed by Rita Barsun, Walden University Liaison Librarian, for
The Tenth Off-Campus Library Services Conference 2002
http://www.lib.waldenu.edu/conferences/MLA_Conf/statewide.html
State Projects / compiled by Bill Forgette of Michigan Library
Consortium
http://www.msu.edu/user/forgette/
Impact of statewide database deals?
(2 Beiträge auf liblicense-l, 20./21.04.2001)
http://www.library.yale.edu/~llicense/ListArchives/0104/msg00053.html
Access to Electronic Resources in Massachusetts & the Nation: a snapshot
Final Report: April 11, 2001 / Arnold Hirshon; Ann Devenish
http://www.mlin.org/mblc/publications/nelinet_report.pdf
Gruß,
Bernd-Christoph Kämper, UB Stuttgart
--
Bernd-Christoph Kaemper, Dipl.-Physiker, Bibl.-Rat
Fachreferent für Physik und Koordination elektronischer Ressourcen
Universitätsbibliothek Stuttgart, Postfach 104941, 70043 Stuttgart
Tel +49 711 685-4780, Fax +49 711 685-3502, kaemper _at__ ub.uni-stuttgart.de
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