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Neue Rechtschreibung
Ich wundere mich schon geraume Zeit, daß man von
bibliothekarisch-informationsbewegter Seite kaum etwas zu den neuen
Rechtschreibregeln hört. Vor einigen Monaten war darüber ein schöner
Artikel in den NfD zu lesen -- aber das scheint's dann auch schon gewesen
zu sein.
Vielleicht muß man einfach mal in aller Form darauf hinweisen, daß man im
BibliotheksundInformationswesen ja nicht nur mit tollen Datenbanken und PCs
umgeht, sondern auch mit einer tollen Sprache. Und die wird durch die neuen
Rechtschreibregeln täglich toller, so toll, daß letztlich die Konsistenz
von Datenbanken in Frage steht.
Eine arge Übertreibung? Sehen Sie selbst:
Die SWD verweist von Fotografie und Fotographie auf Photographie, hat also
offensichtlich Griechisch-Kenntnisse.
Der Bertelsmann (1996) verweist von Photographie auf Fotografie als
Hauptvariante, läßt also beides zu, will uns aber zum F/f erziehen. Ebenso
der Duden (1996). Bei dieser Logik müßte natürlich die Philosophie zur
Filosofie werden, aber davor sind die Wörterbuchmacher dann doch
zurückgeschreckt.
Wer bislang Mayonnaise aß, mußte seit Bertelsmann und Duden (1996) in der
Hauptvariante Majonäse essen, durfte aber in Nebenvarianten am Wochenende
immer noch zu Mayonnaise greifen. Das Duden Praxiswörterbuch (1998) will
davon nichts gewußt haben und kennt nur noch Mayonnaise.
Ebenso war man (Duden & Bertelsmann 1996) bislang bemüht, den Spaghetti das
klebrige h auszutreiben und als Spagetti einzudeutschen, obwohl niemand,
der sich bislang als erfolgreicher Toskana-Deutscher fühlen durfte, das
eindeutschen wollte. Das Duden Praxiswörterbuch von 1998 stellt sich auch
hier wieder neuschreib-dumm und kennt nur noch Spaghetti.
Ach ja, die Änderungen bei der Getrennt- und Zusammenschreibung wollen wir
nicht vergessen.
Seit den neuen Regln gab es sozusagen amtlich niemanden mehr, der
schwerbehindert war, sondern nur noch solche, die schwer behindert waren
(logischerweise waren das die schwer Behinderten). Der neue Praxisduden hat
sich da wohl so geschämt, daß wir jetzt wieder schwerbehinderte Menschen
haben dürfen: nämlich die Schwerbinderten.
Dagegen stellt sich der Praxisduden taub, wenn es um andere
Zusammenschreibungen geht. Denn daß die bis zur Rechtschreibreform
frischgebackenen Abiturienten weniger knackig waren als frisch gebackene
Brötchen, war unseren Reformern ein Dorn im Auge, weshalb man beide
gleichmaßen knackig und also frisch gebacken sein ließ. Das wird sich nach
dem Praxiswörterbuch des Duden auch in Zukunft nicht ändern, ihr lieben
frisch gebackenen Bibliothekare! Paßt aber auf, den morgen schon seid ihr
dann vielleicht so fad wie alt backenes, ach nein, das ist geblieben, also:
altbackenes Weißbrot.
Viel Spaß beim zukünftigen Recherchieren in Datenbanken!
Ihr Uwe Jochum
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Dr. Uwe Jochum
Fachreferent / Subject Specialist
Universitaet Konstanz
Bibliothek
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