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Re: Dissertationen Online und/oder Printexemplar?
- Date: Tue, 22 Feb 2000 14:32:49 +0100 (CET)
- From: Mario Kowalak <kowalak _at__ ub.fu-berlin.de>
- Subject: Re: Dissertationen Online und/oder Printexemplar?
On Tue, 22 Feb 2000, Lothar Kalok wrote:
> Date: Tue, 22 Feb 2000 11:07:32 +0100 (CET)
> From: Lothar Kalok <Lothar.Kalok _at__ ub.uni-giessen.de>
> Reply-To: Internet in Bibliotheken <INETBIB _at__ ub.uni-dortmund.de>
> To: Internet in Bibliotheken <INETBIB _at__ ub.uni-dortmund.de>
> Subject: Re: Dissertationen Online und/oder Printexemplar?
>
>
> Lieber Herr Umstaetter,
> als ehemaligem theoretischem Physiker gefaellt mir natuerlich Ihre
> Ueberzeugung:
> > Ich bin aber trotzdem sicher, dass sich
> > unsere Erkenntnis, dass unter bibliothekswissenschaftlicher Sicht z.Z. nur
> > eine Archivierung in SGML akzeptabel ist, durchsetzen wird. Das ist das
> > schöne an wirklichen Theorien, im Gegensatz zu Hypothesen, am Schluss
> > erweisen sie sich als richtig. insofern kann man diese Entwicklung mit
> > Gelassenheit betrachten.
>
> Nur: sowohl im Bibliotheksbereich als auch in der EDV allgemein
> richtet sich die Entwicklung nicht immer nach dem theoretisch
> besseren :-(
>
Lieber Herr Kalok, lieber Herr Umstaetter,
um es gleich vorwegzunehmen: Ich bin kein Naturwissenschaftler. Ich bin
allerdings der Meinung, dass Herr Umstaetter, der sehr auf eine
Verwissenschaftlichung von Entscheidungsfindungen Wert gelegt hat, in
obigem Zitat, etwas unzulaessig, Wertprobleme mit Sachproblemen vermischt.
Ich will hier nicht die alte Diskussion, ob die Bibliothekswissenschaft
eine "Wissenschaft" ist, erneut lostreten. Aber die rationale Gewissheit
oder quasi Naturgesetzlichkeit, die hier in Anspruch genommen bzw.
suggeriert wird, kann meiner Meinung nach auf Fragen wie die Einfuehrung
von technischen Standards nicht angewendet werden. Ich kann ein solches
Problem nicht eindeutig im naturwissenschaftlichen Sinne mit ja oder nein
beantworten. Bei der Entscheidung fuer Standards spielen Wertungen,
Interessen (nicht zuletzt wirtschaftliche), gesellschaftliche
und historische Gegebenheiten, auch Emotionen etc. eine betraechtliche
Rolle. Es gibt, anders als in der Zielstellung der Naturwissenschaften,
meistens mehrere (konkurrierende) Alternativen, und es setzt sich nicht
notwendig die "Wahrheit", sondern die unter den gegebenen Konstellationen
bestangepasste (vielleicht, auch wenn man das nicht gerne hoeren mag, auch
die am staerksten mehrheitsfaehige) Variante durch.
[Letzteres haben ja boese Zungen aber auch ernstzunehmende Wissenschaftler
sogar hin und wieder von der scientific community und den
Naturwissenschaften selber behauptet - der Relativismus, der dabei
durchscheint, ist aber, soweit ich sehe, unter Wissenschaftlern nie
mehrheitsfaehig gewesen ;-) ]
Ich moechte mit diesem kurzen Statement dabei ueberhaupt nicht gegen SGML
oder fuer alternative Formate reden. Ich bin ueberzeugt
davon, dass das entsprechende HU-Projekt gute Arbeit leistet und es
viele rationale Argumente fuer den Einsatz von SGML gibt - ein
Versprechen, dass sich das Gute auch (bibliothekspoilitisch) durchsetzen
wird, laesst sich daraus aber nicht ableiten.
Betrachten wir also die Entwicklung gelassen, ohne uns all zu sehr auf den
Triumph des "Wahren, Schoenen und Guten" in der Geschichte zu
'ver-lassen'...
Gruss aus Berlin-Dahlem
Mario Kowalak
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