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Re: XML ist im Kommen - oder?
- Date: Wed, 21 May 2003 10:33:16 +0200
- From: Jörg Prante <prante _at__ hbz-nrw.de>
- Subject: Re: XML ist im Kommen - oder?
Am Dienstag, 20. Mai 2003 09:07 schrieb Bernhard Eversberg:
> Ich warte eigentlich nur auf die ueberzeugende Demonstration einer
> Grossdatenbank mit XML.
Sehr geehrte Herr Eversberg,
immer dieser Größenwahn. Ihnen reicht http://scirus.com als
XML-"Grossdatenbank" nicht, ich merke es schon.
Während Sie der Redlightgreen-Dinge harren, die IBM für teuer Geld entwickelt,
möchte ich Ihnen gerne die Wartezeit mit einer kleinen XML-Reise durch
bibliothekarische Applikationen versüßen.
In Dänemark gibt es "VisualCat", wo Z39.50, IFLA FRBR, XML und RDF verbunden
ist. Eine Rundreise durch verschiedene Anwendungen finden Sie unter
http://www.stk.cz/elag2001/Papers/Poul_HenrikJoergensen/Show.html
Ein Beispiel für XML-basierte digitalisierte Bestände in Dänemark ist
http://www.adl.dk/
Oder warum nicht auch ILL durch XML erneuern? Norwegen hat ein "ny norsk
XML-protokoll for utveksling av fjernlånsbestillinger" entwickelt:
http://www.bibsyst.no/fjernprot/nill/ (für mich als Fernleih-Programmierer
nicht ganz uninteressant) und
http://starfsfolk.khi.is/edg/Nordill/Authors&Abstracts/FullSmedsrud.htm
Norwegen will einen SRW-Server einsetzen:
http://www.bibsys.no/aktivitet/aktivitet.htm
("ny XML-basert søkeprotokoll"). Z39.50 ist veraltet, SRW ist Z39.50 auf
XML-Basis gehoben.
Auch das europäisch geförderte "One-2" Projekt ist Zack überlegen, was XML
angeht, http://www.one-2.org/
Auch Portugal ist weitergekommen, hier gibt es XML im "Sirius Talk" unter
http://bookmarc.pt, als Web Services implementiert.
Was machen die Franzosen? Sie entwickeln BiblioML
http://www.culture.fr/BiblioML, eine XML-Anwendung für die in Frankreich
verwendeten UNIMARC-Datensätze und für französischsprachige Ressourcen. Dazu
gibt es Testdatenbanken:
http://brea.culture.fr/sdx/befap/index.xsp
http://nordnum.univ-lille3.fr/sdx/nordnum/
Entwicklerseite: http://brea.culture.fr/sdx/index.xsp
Schauen wir nach Australien. Auch hier geht kaum ein Weg an XML vorbei, wurde
dort doch das erste IFLA FRBR-gemäße Portal entwickelt. Unter
http://www.austlit.edu.au gibt es ein Literaturportal, Entwicklung unter
http://austlit.lib.adfa.edu.au:7777
Oder Hongkong. Warum in der Nähe schweifen, wenn das gute XML nur ein Klick
entfernt liegt? http://library.ust.hk/info/nac/nac-technical.html
Es gibt einen XML-Webservice in dieser Universitätsbibliothek in Hongkong, der
chinesische bibliographische Sätze in Unicode liefert, von MARC nach XML
gewandelt. Unciode wird von XML übrigens "frei Haus" geliefert.
http://lbxml.ust.hk/nac/srw.pl?query=personalName+exact+ding+yi
Und in Kanada gibt es ein mit XML/SOAP und XML-Topc-Maps experimentell
aufgesetztes Bibliothekssystem names Pytheas:
http://venus.uwindsor.ca/library/leddy/people/art/pytheas/index.html
http://gmacdon.libf.uwindsor.ca:8088/pyserv/
Last not least: das europäische Verbundprojekt "TEL-XML"-Projekt verfolgt die
Entwicklung von Metadaten und Interoperabilität unter XML. Hier soll es bald
Teststellungen geben. http://www.europeanlibrary.org
Die Liste ließe sich fortsetzen, wenn ich mehr Zeit hätte.
> Bis ich sowas sehe (und dazu gehoert auch
> Performance), gehe ich weiter davon aus, dass XML nicht fuer interne Zwecke
> entwickelt wurde und dafuer suboptimal ist.
Ein Mißverständnis. XML ist kein Format, sondern eine Technologie. Natürlich
wurde XML für interne Zwecke, also als Technologie, entwickelt. Für den
optimalen Austausch von Informationen muß der interne Aufbau eines Systems so
beschaffen sein, daß der externe Austausch ohne zusätzlichen Aufwand möglich
ist. Das Innere bestimmt immer das Äußere eines Systems. XML verursacht nicht
zwangsläufig die von Ihnen unterstellte Performanceeinbuße, da man es
geschickt oder ungeschickt einsetzen kann. Es wird in zentralen Bereichen
aber bestehende Technologien ablösen, da die Vorteile enorm überwiegen.
Man kann natürlich spöttisch die Meinung vertreten, daß die Informationen aus
obiger "XML-Rundreise" Unfug sind, unausgereift, in den Kinderschuhen usw.,
aber ich jedenfalls habe Mühe nachzuvollziehen, wieso die Verwendung von
XML-Technologien in bibliothekarischen Applikationen "suboptimal" sein soll.
> Nuechtern betrachtet, und wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf, scheint
> mir ansonsten, dass "allegro" intern gar nicht schlecht mit XML klar kaeme,
> besser jedenfalls als relationale Systeme.
Ich kenne Allegro nicht, das kann in der Tat sein, daher wundere ich mich über
Ihre Mißverständnisse.
>Eine sachliche Notwendigkeit
> dazu sehe ich aber noch nicht. Kommunikation (Export und Import) in XML,
> klar, muss man koennen, kein Problem. Riesiger Bedarf hat sich bislang aber
> auch dafuer aus den Kreisen unserer Anwender noch nicht artikuliert.
Auf den "mündigen Anwender" müssen Sie wohl leider eine Weile noch warten.
Den Anwendern ist die zugrundeliegende Technologie egal, solange sie eine
Anwendung effektiv nutzen können. Bibliothekare sind - oft zu meinem
Erstaunen - gutmütig, geduldig, und genügsam. Sie haben gelernt, sich mit
unzulänglichen Lösungen anzufreunden, lautstarke Forderungen nach
technologischer Innovation bleiben zurückgestellt. Schüchternheit?
Resignation? Ich weiß es nicht. Hier ist eine intensive, produktive
Zusammenarbeit von Bibliothekaren und Informatikern gefragt.
Viele Grüße
Jörg Prante
--
Jörg Prante
Dipl.Inform.
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