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Handelsblatt zur Urheberrechtsreform / Beschlussvorlage fuerden Rechtsausschuss



Koalition lenkt im Streit mit Verlagen ein
"Urheberrechtsreform soll entschärft werden" 

http://www.handelsblatt.com/hbiwwwangebot/fn/relhbi/sfn/buildhbi/cn/GoAr
t!200013,200050,617215/SH/0/depot/0/index.html

titelt das Handelsblatt in seiner Freitagsausgabe ganz unter dem 
Einfluß der Kampagne des Börsenvereins, die den bisherigen 
Gesetzentwurf bis zur Unkenntlichkeit verzerrt dargestellt hat. 

"Im Streit zwischen Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) und 
den Verlagen um die geplante Novellierung des Urheberrechtsgesetzes 
zeichnet sich ein Kompromiss ab: Die umstrittene Regelung, dass künftig 
Bücher, Zeitschriftenaufsätze und andere urheberrechtlich geschützte 
Werke kostenfrei ins Intranet von Universitäten, Schulen und 
wissenschaftlichen Einrichtungen gestellt werden dürfen, soll deutlich 
eingeschränkt werden." (...)

"Nach Auskunft eines Sprechers hat das Bundesjustizministerium mit dem 
Formulierungsvorschlag nicht selbst die Initiative ergriffen, sondern 
nur einen bereits im Rechtsausschuss erreichten Konsens in Gesetzesform 
gegossen. Einen solchen Konsens gibt es aber noch nicht, sagte Norbert 
Röttgen, rechtspolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, 
dem Handelsblatt. Zwar begrüße er, dass Zypries zu Zugeständnissen 
bereit sei. ?Von dem alten Entwurf ist jetzt nur noch ein Viertel 
übrig.? Dennoch sei aus Sicht der Union die vollständige Streichung der 
Sonderrechte für Schulen und Universitäten die beste Lösung."

Zu unserer Verblüffung dürfen wir zur Kenntnis nehmen, daß die Union 
von den seit jeher und aus gutem Grund fundamental und im Urheberrecht 
verankerten Privilegien für Unterricht und Forschung nichts hält; hier 
scheinen parteitaktische Überlegungen endgültig den Sieg über den 
gesunden Menschenverstand davongetragen zu haben.

Der Artikel bezieht sich auf eine Formulierungshilfe vom 14.3.2003 der 
Berichterstatter der Koalitionsfraktionen mit den Beschlussvorlagen des 
Rechtsausschusses für die Sitzung des Rechtsausschusses am 9.4.2003, 
der als Faksimile auch auf den Seiten des Instituts für Urheber- und 
Medienrecht zur Info-Richtlinie

http://www.urheberrecht.org/topic/Info-RiLi/

wiedergegeben ist (Synopse des Regierungsentwurfs vom 6. November mit 
den vorgeschlagenen Änderungen), nebst der dazu gegebenen Begründung. 

Kernpunkte sind (soweit ich dies überblicke)

- in § 52 a die Beschränkung der öffentlichen Zugänglichmachung auf 
nurmehr "kleine Teile eines Werkes, Werke geringen Umfangs sowie 
einzelne Beiträge aus Zeitungen oder Zeitschriften" für den Unterricht, 
wobei dieser den Forderungen aus dem Hochschulbereich folgend jetzt 
explizit "Schulen, Hochschulen, nichtgewerblichen Einrichtungen der 
Aus- und Weiterbildung sowie (...) Einrichtungen der Berufsbildung" 
einbezieht. 
- für den Wissenschaftsbereich soll die gleiche Einschränkung gelten, 
aber ohne die Beschränkung auf "kleine" Teile.

(Ein groteskes Mißverständnis am Rande offenbart ein Satz aus der 
Begründung: "Darüber hinaus ist bei eigentlicher wissenschaftlicher 
Forschung die Nutzung von Monographien möglich (Werke geringen 
Umfangs).") 

- Bereichsausnahmen der Schrankenbestimmungen werden eingeführt für 
Werke, die explizit für den Unterrichtsgebrauch an Schulen bestimmt 
sind (also z.B. Schulbücher) und Filmwerke in den ersten zwei Jahren 
nach Beginn der Vermarktung in Filmtheatern (d.h. in diesen Fällen ist 
eine Zugänglichmachung in Netzen lizenzpflichtig). 

- Für die durch § 52 a abgedeckten Vervielfältigungshandlungen erfolgt 
eine Präzisierung und Beschränkung auf die "zur öffentlichen 
Zugänglichmachung erforderlichen Vervielfältigungen" (also z.B. die 
Digitalisierung), während die Vervielfältigungshandlungen durch die 
Nutzer wie früher auch schon Gegenstand von § 53 sein sollen). 

(Mit dieser durchaus wünschenswerten Präzisierung und Abgrenzung zu 
§ 53 entfällt m.E. ein erheblicher Teil der Argumente für eine weitere 
Beschränkung des Umfangs der öffentlichen Zugänglichmachung 
auf "(kleine) Teile von Werken, ..." etc., da diese Einschränkungen 
durch § 53 in Bezug auf Vervielfältigungshandlungen durch den Nutzer 
doch ohnehin schon bestehen. Schließlich werden Bücher in einer 
Bibliothek den Lesern auch als ganzes und nicht lediglich kapitelweise 
zugänglich gemacht, ohne daß sie damit das Recht hätten, diese Bücher 
auch komplett zu kopieren.)

- Bei der Durchsetzung von Schrankenbestimmungen sollen durch eine 
Beweislastumkehr zu Gunsten der Rechteinhaber [!] freiwillige Abreden 
der Verbände der Rechtsinhaber mit den Verbänden der 
Schrankenbegünstigten begünstigt werden.

- In der Frage der Durchsetzung des Rechts der in § 53 Abs. 1 für 
zulässig erklärten *digitalen* Privatkopie im Falle kopiergeschützter 
Medien zeichnet sich noch keine Einigung ab; sie soll im Zuge der 
Vorbereitung der nächsten Novelle des Urheberrechts weiter geprüft 
werden, mit dem Ziel, Lösungen zu suchen, die den Interessen der 
Verbraucher wie der Verwerter gerecht werden.

Die genannte Website des Institut für Urheber- und Medienrechts enthält 
neben dem Antrag der Berichterstatter der Koalitionsfraktionen auch 
schon Stellungnahmen der Verbände aus den letzten Tagen. Geäußert haben 
sich bisher der Börsenverein am 25.03. und der Verband Privater 
Rundfunk und Telekommunikation (VPRT) am 27.03.

Mit freundlichen Grüßen,
Bernd-Christoph Kämper, Stuttgart

-- 
Bernd-Christoph Kaemper, Dipl.-Physiker, Bibl.-Rat
Fachreferent für Physik und Koordination elektronischer Ressourcen
Universitätsbibliothek Stuttgart, Postfach 104941, 70043 Stuttgart
Tel +49 711 685-4780, Fax +49 711 685-3502, kaemper _at__ ub.uni-stuttgart.de 




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