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Re: WWW-Statistik Fachinfoseiten



Eberhard R. Hilf wrote:
> 

> Was folgt daraus:
> statt das jede Bibliothek ihre eigene Sammlung von externen Links pflegt,
> sollten sie sich zusammentun und arbeitsteilig diese Sammlungen pflegen,
> bei 65 Unis a 50 Bibliothekaren a 100 links sind dies 300.000 links
> was zu einer Nutzung von 2 Millionen hits pro Monat fuehren wuerde....

Da ich eine letzte Warnung des Admin erhalten habe, mich zu maessigen,
will ich versuchen, ohne Polemik auszukommen.

Ich habe schon oft von besonderen Fundstuecken - mir fallen gerade
Beispiele aus Trier und Augsburg ein - der von wiss. Bibliotheken
erstellten Linksammlungen profitiert (die ich leider fast immer
zufaellig entdeckte). Andererseits gilt - und ich habe das auch hier
schon angesprochen - das von Herrn Hilf monierte nicht nur fuer die
Physik.

Da ich nicht nur dieses Semester eine akademische Lehrveranstaltung
"Internet fuer Historiker" durchfuehre, denke ich, dass ich mir das
Urteil erlauben kann, dass die in der Studie http://www.stefi.de
angesprochenen gravierenden Maengel der akademischen Internetnutzung
tatsaechlich existieren.

Von meinen Studenten der letzten beiden Semester hatte noch niemand die
exklusiven Datenbankangebote der Freiburger UB genutzt (REDI usw.). Es
wird meistens nur ein Suchwort in Google eingegeben und danach wunderte
man sich, dass man 100.000 Treffer bekommt. Suche mit thematischen
Verzeichnissen (Yahoo, DVB, lii.org, VL Geschichte usw.) ist so gut wie
unbekannt, desgleichen das Invisible Web der frei zugaenglichen
Datenbanken oder digitalisierten Buecher (Images).

Es spricht daher viel dafuer, dass das von den Fachreferenten der mit
viel Zeitaufwand erstellten Linksammlungen ins Auge gefasste primaere
Publikum diese weitgehend ignoriert. Auch eine wuenschenswerte
exzellente dezentrale Virtuelle Bibliothek der wiss.
Universalbibliotheken, wie sie Herrn Hilf zurecht vorschwebt, wuerde mit
dem gleichen Problem zu kaempfen haben.

Hier muesste auf der Seite der akademischen Lehre angesetzt werden.
Beispielsweise koennte man daran denken, dass die UBs einen
E-Learning-Kurs zum Thema Websearch/UB-Benutzung/UB-Datenbanken
anbieten, den jede/r Student/in im Rahmen eines Proseminars abonnieren
muss.

Da die meisten der UB-Linksammlungen von Suchmaschinen erfasst werden,
ergibt sich der Befund, dass die vorrangig fuer lokale Nutzer erstellten
Seiten vorrangig von externen Benutzern eingesehen werden. Wenn Herr
Hilf oder ich uns solche Seiten anschauen, dann finden wir natuerlich
viel, was uns nicht gefaellt.

Man kann die Vollstaendigkeit und Zuverlaessigkeit solcher Seiten ja
durch Suchmaschinenabfragen testen, indem man sich ueberlegt, welche
Angebote auf einer thematischen Seite auf jeden Fall vorkommen muessten.

Denkt man eine Seite ueber Online-Bibliotheken, so wuerde man von einer
wiss. Bibliothek erwarten, dass die wichtigsten Sammlungen vertreten
sind: Projekt Gutenberg, Gallica, Bibliotheca Augustana (von Harsch),
und auch das Projekt Runeberg darf man wohl voraussetzen duerfen.

Die folgende Abfrage beruecksichtigt nur deutsche Seiten, man kann an
ihr ueberpruefen, welche Linksammlungen wiss. Bibliotheken gefunden
werden (3 von 8 Treffern):

http://www.google.de/search?hl=de&ie=ISO-8859-1&q=gutenberg+gallica+augustana+runeberg&btnG=Google-Suche&meta=lr%3Dlang_de

Und nun nochmals das gleiche im Bereich der Theologie mit den Angeboten
Theoldi und ZID:

http://www.google.de/search?q=theoldi+zid&hl=de&lr=lang_de&ie=UTF-8&start=0&sa=N

Ich habe, wenn ich mich nicht verzaehlt habe, unter den gut 30 Treffern
nur vier gefunden, die von einer deutschen UB/wiss. Universalbibl.
direkt stammen.

Unwesentlich besser (5 von 20) sieht es aus, wenn man statt der
Abkuerzung ZID "Zeitschrifteninhaltsdienst" (heisst nun aber: Index
Theologicus) eingibt und deutsche Herkunft (statt deutsche Sprache)
verlangt:

http://www.google.de/search?q=theoldi+zid&hl=de&lr=lang_de&ie=UTF-8&start=0&sa=N

Hier wird auch die Einfuehrung "Theologie elektronisch" der UB Freiburg
gefunden, die - wie andere dieser vorzueglichen Monographien - als
grosses PDF vorliegt. Ich habe auch da Bedenken aus meiner
Lehrerfahrung. Studenten kaemen nie auf die Idee, im
Hochschulschriftenserver nach einer solchen Einfuehrung zu suchen. Sie
sollte doch besser als aktualisiertes HTML-Dokument auf den normalen
Seiten der UB zu finden sein.

Zu Theoldi und "Index Theologicus" nur 6 Resultate:

http://www.google.de/search?q=%22index+theologicus%22+theoldi&btnG=Google-Suche&hl=de&ie=ISO-8859-1

Hier ist es wohl so, dass von der Namensaenderung alle auslaendischen
Linksammlungen nichts mitbekommen haben.

Noch ein weiterer Test. Nach meiner festen Ueberzeugung darf in einer
brauchbaren Linksammlung auf keinen Fall Dana Suttons geniale
Zusammenstellung neulateinischer Texte (seit ca. 1300) fehlen.

Aber auch da sieht es nicht gut aus:

http://www.google.de/search?q=%22index+theologicus%22+theoldi&btnG=Google-Suche&hl=de&ie=ISO-8859-1

Es ist leider offenbar so, dass Fachreferenten, die solche
Linksammlungen erstellen, kaum Zeit haben, Hinweise, die beispielsweise
in INETBIB oder Netbib gegeben werden, wahrzunehmen, geschweige denn
einzubauen. Von den defekten Links ganz abgesehen - weil die Zeit fehlt,
einen Linkchecker einzusetzen (man muss ohnehin von Zeit zu Zeit manuell
nachpruefen).

Auch eine so nuetzliche Seite vom Juli 2002 wie
http://www.ub.ruhr-uni-bochum.de/Digibib/Volltext/Altertum_Vol.htm
enthaelt (mindestens) einen defekten Link.

Das Fazit ist deprimierend: wiss. Bibliothekare (Fachreferenten), die
ohnehin unter Arbeitsbelastung stoehnen, quaelen sich mit
Linksammlungen, die 
- vielfach nicht das enthalten, was sie sinnvollerweise enthalten
sollten
- vielfach nicht aktuell sind 
- in der Regel das anvisierte primaere Publikum verfehlen
- zu wenig besucht werden
- als Dubletten anzusehen sind, da zahlreiche andere Bibliotheken das
gleiche versuchen.

Es ist ein schwacher Trost, dass kooperative Interneterschliessung auch
bei den oeff. Bibliotheken nicht gut funktioniert.

Seit dem Weggang von Herrn Hilberer ist die DVB auch nicht mehr das, was
sie mal war ...

Internationale Angebote wie lii.org oder Dutchess koennen die Luecke
auch nicht fuellen, da sie im Bereich deutschsprachiger/europaeischer
Angebote extreme Defizte haben.

Soweit der Befund aus meiner subjektiven Sicht. Eine Wertung will ich
mir verkneifen (s.o.).

Klaus Graf
http://www.uni-koblenz.de/~graf


Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.