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(Fwd) Skandal: UB Eichstaett ...



Lieber Herr Schmalor,

laut INETBIB-Mitteilung eines Dr. Klaus Graf wissen Sie nicht, daß
die
UB Eichstätt Dubletten aus dem übernommenen Bestand
bayerischer
Kapuzinerbibliotheken verkauft. Das kann ich eigentlich nicht
glauben,
haben wir doch wiederholt darüber gesprochen; außerdem habe ich
den
Sachverhalt ausführlich in einem Beitrag dargestellt, der im 1.
Jahrgang (2000) des von uns beiden mitherausgegebenen
Jahrbuchs
Kirchliches Buch- und Bibliothekswesen erschienen ist. Daß man
an den
zuständigen Stellen der Bayerischen Staatsbibliothek nichts davon
wisse, wie es in derselben Mitteilung heißt, trifft nicht zu. Daß es
in Wolfenbüttel unbekannt sei, bezweifle ich; denn sonst müßten
sich
die dortigen Kollegen fragen lassen, warum sie unser Jahrbuch,
das sie
ja beziehen, nicht lesen. Daß Dr. Graf den Artikel nicht kennt, wie
er
mir telefonisch versicherte, steht auf einem anderen Blatt.

Offenbar, lieber Herr Schmalor, haben Sie nämlich nicht bemerkt,
daß
wir ins Visier eines Strategiespiels "Hybride Bibliothek" geraten
sind. Der Spieler hat nur den Terminus "hybrid" mißverstanden. Das
Spiel ist ziemlich einfach und kann, da alle Bibliotheken Dubletten
verkaufen, endlos weitergespielt werden. Unser Spieler spielt schon
seit Jahren.

Deshalb finde ich es schade, daß Sie nicht geantwortet haben:
"Natürlich weiß ich das. Und das fügt sich auch durchaus in
unsere Nauroder Erklärung. Denn wir verkaufen alle, soweit das
damit vereinbar ist, Dubletten." Unser Spieler hätte sich daraufhin
rasch neu positioniert und wahrscheinlich alle kirchlichen
Bibliotheken als unzuverlässig, ja "skandalös" qualifiziert. Aber Sie
hätten damit einen gewissen Schutzwall gegenüber ähnlichen
Attacken um
unsere vielen kleinen Mitgliedsbibliotheken gezogen.

Eichstätt verkraftet das. Für uns hat das Ganze sogar den Vorteil,
daß
wir uns wieder einmal der Korrektheit unseres Vorgehens
vergewissern
mußten:

Die Kapuziner haben nämlich von jeher ein eigenes Verhältnis zu
ihren Bibliotheken. Die Constitutionen dieses Bettelordens
beschränkten den Buchbestand ihrer Bibliotheken auf das für den
Orden und seine Tätigkeiten Notwendige, namentlich seelsorglich-
homiletische Literatur und Hilfsmittel. Nicht Erforderliches soll
ausgeschieden werden. Darum hatten alle alten Konvente,
vornehmlich
auf den Dachböden, (Abstell-)Räume mit ausgesonderten Büchern.
Außerdem sollten andere, z.B. neugegründete Konvente nach
Kräften mit
Literatur unterstützt werden. Das führte zu einer oft verwirrenden
Wanderung von Büchern innerhalb einer Provinz, z.B. von Eichstätt
nach
Neumarkt/OPf. und nach Wemding und wieder nach Eichstätt,
wobei die
Einträge, soweit überhaupt vh., i.d.R. undatiert sind, die Reihenfolge
also auch anders gelaufen sein kann: Was wann wo war, ist meist
nicht
mehr rekonstruierbar, es sei denn über Kataloge. Wichtig ist es
daher
vor allem zu wissen, welche Bücher in der Provinz vorhanden waren
(innerhalb der ja auch die fratres rege wechselten) - und das halten
wir heute bei den Rechnungen fest. Ähnlich sind die Kapuziner seit
Errichtung ihrer Zentralbibliothek in Altötting verfahren: Zum einen
wurde (und wird) weiterhin ausgetauscht, zum anderen wurden
nicht nur
die Bibliotheken aufgehobener Konvente, sondern auch
"überflüssige"
Werke aus weiterhin bestehenden Konventen in die
Zentralbibliothek
gegeben. Dort wurden, soweit der eine Bibliothekar überhaupt in der
Lage war, die Menge zu überschauen, immer wieder Dubletten
ausgesondert und verkauft. Bei der Übernahme der Zentralbibliothek
nach Eichstätt lag ein Bestand von mehreren 1.000 Dubletten dort,
den wir
vertragsgemäß noch von Altötting aus verkauft haben.

Nach diesen Prinzipien: Erschließung der Titel in allen
vorhandenen Auflagen für die Zentralbibliothek, deren Funktion
heute die UB Eichstätt wahrnimmt, dabei Aussonderung der
überzähligen Exemplare, verfahren wir, den Eigentümlichkeiten der
Provenienz entsprechend, nun auch in Eichstätt. Natürlich behalten
wir
in Sonderfällen wie z.B. Inkunabeln oder Werken mit besonderem
intrinsischen Wert auch die Mehrfachexemplare. Unsere
Verfahrensweise
ist also speziell auf diesen Bibliothekstyp abgestellt.
Benediktinerbibliotheken z.B. ( etwa die von St. Walburg in
Eichstätt,
die wir ja vor einigen Jahren einschließlich des vorsäkularen
Bestandes vollständig erfaßt haben) oder Fürstenbibliotheken dürften
so natürlich nicht behandelt werden. Da ist das Verhältnis zum Buch
bzw. zur Bibliothek eben ganz anders - weshalb ja auch z.B. eine
Zentralbibliothek einer Benediktinerprovinz unvorstellbar wäre.

Lieber Herr Schmalor, ich hoffe, Sie verstehen, daß ich Ihnen auf
diesem Wege schreibe. Durch Feiertage und Dienstreisen komme ich
leider erst heute dazu.

Mit besten Grüßen,
Ihr Klaus Littger
------- End of forwarded message -------


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