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Re: [Fwd: Regierungsentwurf - G. Beger]



Sehr geehrter Herr Graf,

mir scheint, Ihre Kritik zielt in die völlig falsche Richtung. 

Sie haben sicher recht damit, das sich nicht genug Bibliothekare und
Bibliothekarinnen mit dem Thema Urheberrecht auseinandersetzen, denn
dies ist ein sehr mühseliges Thema. Das ist auch in anderen europäischen
Ländern nicht anders als in Deutschland. Es gibt meist nur ein/zwei
wirkliche Experten pro Land, die aber seit einigen Jahren ihre Position
konsequent abgestimmt erarbeiten und in den jeweiligen Ländern
vertreten.

Die Information der Fachöffentlichkeit darüber, welche Konsequenzen der
deutsche Regierungsentwurf haben könnte, ist durch die Rechtskommission
in verschiedener Weise erfolgt (ich verweise z.B. auf die Artikel im
Bibliotheksdienst, das im November letzten Jahres veranstaltete Hearing,
oder die Veranstaltungen während der Bibliothekartage). Eine verstärkte
fachliche Diskussion über diese Konsequenzen ist sicher wünschenswert,
aber keine Lobbyarbeit. Meine Erfahrung ist allerdings, dass diese
fachliche Diskussion meist eine Diskussion der Missverständnisse ist, da
gerade Laien alles mögliche in bestimmte Sätze hineininterpretieren oder
herauslesen. Dies dient nicht der Interessensvertretung, und wird ein
juristisches Positionspapier auch sicherlich nicht verbessern können.
Wer soll denn durch Ihr vorgeschlagenes Webforum zu Urheberrechtsfragen
erreicht werden?

Meine Erfahrung mit Lobbyarbeit auf europäischer Ebene unterscheidet
sich sicherlich nicht so grundlegend mit der auf deutscher Ebene:

man benötigt einen gewieften Rechtsexperten wie z.B. Frau Beger, der die
fachlich richtigen und abgesicherten Formulierungsvorchläge für
Regierungsentwürfe erarbeitet. Diese Vorschläge dienen dann als Basis
für die politische Lobbyarbeit, die Diplomatie braucht, gute Kontakte
und auch informelle Vieraugengespräche in den Pausen in der "Lobby", um
die richtigen Weichen zu stellen. Nur fachlich abgesicherte Argumente
werden von Regierungsstellen überhaupt ernst genommen. Allgemeines
Geschrei nicht. Dies als "Geheimdiplomatie" zu bezeichnen, halte ich für
eine Fehleinschätzung der Art und Weise, wie erfolgreiche Lobbyarbeit
funktioniert. 

Am wirkungsvollsten ist Lobbyarbeit dann, wenn alle an einem Strang
ziehen, und ein von dem eigenen Experten erarbeitetes Positionspapier
dadurch gestärkt wird, das es von vielen Betroffenen zur Kenntnis
genommen, verstanden und weiter genutzt wird (Versand an Abgeordnete
etc.). Hierzu braucht man dann nicht gleich Urheberechtsexperte zu sein.

Barbara Schleihagen
-- 
IFLA 2003 Generalsekretärin
IFLA 2003 Berlin Sekretariat c/o Staatsbibliothek zu Berlin
Potsdamer Str. 33, D-10785 Berlin
Tel: +49-30-265588-52, Fax: +49-30-265588-53 
http://www.ifla.org, http://www.ifla-deutschland.de


> 
> Klaus Graf wrote:
> >
> > 
> meine Kritik halte ich in vollem Umfang aufrecht. Dass sich Frau Beger
> engagiert, habe ich nie bestritten. Die Frage ist doch nur, ob die Art
> und Weise der Befassung der BibliothekarInnen und Bibliotheken und ihrer
> Verbaende mit dem Thema in der OEFFENTLICHKEIT sinnvoll ist. Dass Frau
> Beger mit ihrer Geheimdiplomatie viel Erfolg gehabt hat, wage ich zu
> bezweifeln. Es ist doch ein Armutszeugnis fuer das deutsche
> Bibliothekswesen, dass die Auseinandersetzung mit einem so wichtigen
> Thema bei genau einer Person konzentriert ist.
> 
> > > Gleichwohl brauchen wir ein Webforum zu Urheberrechtsfragen
> > > aus bibliothekarischer/archivischer Sicht, das deutlich auch die
> > > Perspektive der Konsumenten/Nutzer zur Geltung bringt.
> > >
> > > Klaus Graf
> > > http://www.uni-koblenz.de/~graf/museumr.htm
> 
> Das gilt nach wie vor.
> 
> Klaus Graf


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