Hallo!
At 12:26 11.07.02, you wrote:
auch Sie scheinen offenbar gefangen im Bürokratismus des deutschen
Bibliothekswesens. Die Angst vor "Vorteilsnahme im Dienst", die Angst vor
falschen Sponsoren und die Angst vor Ein- und Ausladung von Referenten
sind
nur Symptome eines verkrampften Umgangs mit der Wirklichkeit. Diese ganze
Angst ist der Grund für die teilweise Erstarrung des deutschen
Bibliothekswesens. Angst vor Budgetkürzung, Angst vor dem Rechnungshof,
Angst vor kritischen Bemerkungen, Angst vor der Wahrheit, Angst vor dem
Verlust von "Pöstchen" und jetzt auch noch Angst vor belegten Brötchen?
Dahinter steckt die Urangst vor dem Fall in die Bedeutungslosigkeit
und das
gesellschaftliche Abseits des Bibliothekswesens und seiner Funktionäre.
Dabei gibt es gar keinen Grund: Wer hat jemals davon gehört, daß man
eine/einen Bibliotheksdirektor/in entlassen hätte, weil er/sie zu rührig
war? Weil er/sie zu viele Gelder akquiriert und zu viele Projekte an Land
gezogen hätte?
Zu viel Engagement wird wohl hoffentlich nie ein Grund für Kritik (oder
gar Entlassung) sein, zu enge Verbundenheit mit wirtschaftlichen
Unternehmen, die sich die Nähe durch Sponsoring erkaufen wollen aber
hoffentlich wohl. Die Erstarrung des deutschen Bibliothekswesens an
einer begründeten Vorsicht im Umgang mit 'Brötchengebern' festzumachen,
ist doch sehr gewagt. Schließlich fängt Korruption schon bei kleinen
Dingen an, und die Versorgung einer Tagung mit Lebensmitteln ist für
mich schon keine Kleinigkeit mehr. Die Organisatoren könnten sich
schließlich mit einem oder zwei zusätzlichen Zeitschriftenabonnements
erkenntlich zeigen, vielleicht ist bei der nächsten Anschaffung im
Hinterkopf, dass Frau W von der Firma X doch viel netter (und
großzügiger) war als Herr Y von der Firma Z. Beispiele für so etwas
findet man immer wieder in den Zeitungen, Dankeschön-Spenden,
Mauschelei, Vorteilsnahme im Dienst etc. Zwar spielt sich dies meist in
einem größeren Rahmen ab, doch der Tatbestand bleibt der gleiche. Und
das Unternehmen die Chance zur Einflußnahme nicht nutzen würden, wenn
sie diese bekämen, ist nicht wahrscheinlich.
Es gehört zu verantwortlichem Handeln von Entscheidern, daß sie auch an
wirtschaftlichen Prozessen mitwirken und nicht nur durchlaufende
Posten der
Zuwendungsgeber sind. Nur weil viele Bibliotheksbeamte diese
Verantwortung
scheuen und gar nicht wissen, wie sie damit umgehen sollen, ist dies noch
lange kein Grund, die Brötchen von Elsevier, Springer und Co wieder
abzubestellen. Geben und Nehmen, Austeilen und Einstecken gehören nun
einmal zur Realität. Ich habe schon längst wieder Brötchen bestellt - und
meinem Sponsor auch gesagt, wie dick sie belegt sein sollen.
Diese Bibliotheksbeamten sind nicht verantwortungsscheu, vielmehr
scheinen sie sich ihrer Verantwortung bewußt zu sein. Sich von
Großverlagen sponsorn zu lassen und darauf zu hoffen, das habe schon
keine Konsequenzen, ist doch reichlich naiv. Elsevier finanziert solche
Veranstaltung doch nicht aus reiner Mildtätigkeit!
Grüße aus Magdeburg,
Christian Hauschke
''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''
Christian Hauschke
Hochschule Magdeburg-Stendal
Bibliothek
Tel.: 0391 / 886-4795
email: christian.hauschke _at__ bibliothek.hs-magdeburg.de
''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''