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Buch contra Bildschirm / RE: MediaLab und Negropontes Medientrae



Liebe Inetbibler,

seit das "Papierlose Buero" vorausgesagt wurde, ist eine Flut von Papier
durch Computerdrucker gelaufen. Unter anderem deshalb, weil viele Leute
offenbar immer noch lieber bedrucktes Papier lesen, als Elektronenstrahlen
auf Bildschirmen.
Meine Augen ermueden beim Bildschirmlesen wesentlich schneller, als bei Papier.
Die Gruende wurden schon genannt.
Auch Fehler in Texten finde ich schneller auf dem Ausdruck, als auf dem
Bildschirm.
In Zug, Bett, Badewanne und im Park ist das Buch ohnehin konkurrenzlos.
Will ich einen Text jemand zu lesen geben, muss ich bei "Computertexten"
darauf achten, dass die Software beim Gegenueber stimmt. Beim Buch reicht
das Beherrschen der Sprache und genuegend gute Augen.
Das Markieren von Texten am PC finde ich ebenfalls umstaendlicher, als im
Buch. Und zwei Buecher nebeneinander zu legen, um zu vergleichen, ist
erheblich leichter, als Fenster am PC hin- und herzuschieben (imho).

Die Vorteile der Bildschirmtexte liegen in den Such- und
Verarbeitungsmoeglichkeiten, dem schnellen Texttransport in alle Welt via
E-Mail und WWW, der beliebigen Kopierbarkeit ohne Qualitaetsverlust
(Achtung, Copyright), den erweiterten Gestaltungsmoeglichkeiten (Veraendern
der Schriftart, grosse Buchstaben fuer Sehbehinderte, Einbindung von
Grafiken ...) und in dem Zeitvorteil, den die im Prinzip taeglich
aktualisierbare elektronische Information gegenueber jedem Werk hat, das
erst gedruckt werden muss.
Der "Nachteil" der geringeren Authentizitaet kann in manchen Bereichen auch
als kreativer Umgang mit dem Text verstanden in's Positive gewendet werden.
Auch die schnell hingeworfene E-Mail hat einen Vorteil: Es wird mehr
kommuniziert. Kurze Nachrichten, fuer die man keinen Brief schreiben wuerde,
werden per E-Mail dann doch abgesandt.
Mein Kontakt zu Freunden mit E-Mail-Adresse ist haeufiger, als zu denen
ohne. Man ist jedenfalls eher auf dem Laufenden. Wer ueber die mangelnde
inhaltliche Qualitaet die Nase ruempft, muesste in letzter Konsequenz auch
sein Telefon abmelden.
Uebrigens: Stellen Sie sich unsere Diskussion mal ohne Elektronik vor. Ginge
natuerlich, mit dem Vorteil direkter Gegenueber, bei einem Kongress. Aber
mit so vielen Personen? In der Liste kommt jeder zu Wort, und ausreden
lassen muss man auch keinen ;-)

An das Problem der Haltbarkeit sei hier auch erinnert, Literatur dazu gibt
es in grosser Menge. Derzeit wird die Haltbarkeit elektronischer
Speichermedien auf wenige Jahrzehnte geschaetzt, ein Buch auf saeurefreiem
Papier haelt ueber hundert Jahre.

Das "Entweder-oder" wird mehr und mehr einem "Sowohl-als-auch" weichen.
Weder sind elektronische Texte der Untergang des Abendlandes, noch Buecher
dessen kulturelle Rettung.


Gruesse aus Koeln von

   ____________
  (\           \        Frank Wiederhold
   (\           \        Student der FH Koeln
    (\           \        Fachbereich Bibliotheks- und Informationswesen
     (\           \        *
      (\___________\        E-Mail: v0416202 _at__ athena.rrz.uni-koeln.de
       (___________(         Homepage: http://www.fbi.fh-koeln.de/fwiederhold  

         
             



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