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Netikette & Strafrecht
Die Rechtskommission des Deutschen Bibliotheksinstituts informiert.
Bereits vor zwei Jahren hatte ein Gericht sich zur Strafbarkeit von
Äußerungen in Internet-Diskussionsforen geäußert. Das Amtsgericht
Rheinbach im Beschluß vom 12.2.1996 (AZ: 2 Ds 397/95):
1. Die Bezeichnung eines anderen Teilnehmers im öffentlichen
Diskussionsforum eines Onlinenetzes als *** ist auch dann als
strafbare Beleidigung zu werten, wenn in dem Diskussionsforum
Äußerungen mit beleidigendem Charakter nicht ungewöhnlich sind.
2. Darauf, ob auch der Verletzte in anderen Beiträgen umgekehrt
beleidigt hat, kommt es für die Strafbarkeit nicht an.
Die DBI-Rechtskommission zieht aus dieser Entscheidung den Schluß,
daß es in bibliothekarischen Diskussionsgruppen nicht auf die
sogenannte Netikette ankommt, sondern einzig und allein auf die
allgemeinen Gesetze. Das Internet ist KEIN rechtsfreier Raum. Es muß
ferner darauf hingewiesen werden, daß ein Gericht in einem
Strafverfahren durchaus die Einziehung des Tatwerkzeugs anordnen kann. Bei
einer Beleidigungstat im Internet wäre dies der PC des Täters, wenn
auf andere Weise nicht sichergestellt werden kann, daß er zukünftig
von Beleidigungen Abstand nimmt.
Schließlich sieht sich die DBI-Rechtskommission leider veranlaßt auf
die Regelung des seit 1.8.1997 in Kraft getretenen § 5
Teledienstegesetz zu verweisen:
...
(2) Diensteanbieter sind für fremde Inhalte, die sie zur Nutzung
bereithalten, nur dann verantwortlich, wenn sie von diesen Inhalten
Kenntnis haben und es ihnen technisch möglich und zumutbar ist, deren
Nutzung zu verhindern.
...
(4) Verpflichtungen zur Sperrung der Nutzung rechtswidriger Inhalte
nach den allgemeinen Gesetzen bleiben unberührt, wenn der
Diensteanbieter ... von diesen Inhalten Kenntnis erlangt und eine
Sperrung technisch möglich und zumutbar ist.
Nach Auskunft von Staatsanwälten könnte diese Bestimmung auch auf
Listowner Anwendung finden.
Wir alle sind an lebhaften und kontroversen Fach-Diskussionen
interessiert, weil sie für die tägliche Arbeit in der Bibliothek neue
Erkenntnisse bringen können. Niemand geht davon aus, daß alle
Listenteilnehmer stets auf dem gleichen Kenntnisstand stand. Deshalb
sind Anfragen von "Anfängern" genauso willkommen wie von Experten.
Nach ihrem Selbstverständnis sind die meisten Bibliothekarinnen und
Bibliothekare bemüht, das Dienstleistungsangebot ihrer Bibliothek
permanent zu verbessern. Die Diskussionen in den bibliothekarischen
Foren sind hierfür der beste Beweis.
Dr. Harald Müller
(Mitglied der DBI-Rechtskommission)
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.