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Dublin Core + Staatsknete, Re: META-LIB-Workshop
*Furchtbar lange Mail!*
> das META-LIB-Team (Metadaten-Projekt deutscher
> Bibliotheken) veranstaltet vom 22. Juni 1998 (13.00 Uhr) bis zum 23.
> Juni (16.30 Uhr) einen Workshop in der SUB Goettingen, zu dem wir Sie
> herzlich einladen.
>
> Das Thema lautet:
> Metadaten - neue Perspektiven fuer die Erschliessung von
> Netzpublikationen in Bibliotheken
Hallo zusammen,
man sieht's: die Metadaten-Begeisterung hat uns voll erfasst - zu
einem 2taegigen "Workshop" werden wir eingeladen.
Tatsaechlich wird auf diesem Gebiet ein Aufwand getrieben, der in
keinem Verhaeltnis zur Bedeutung der Fragestellung und schon gar
nicht zum Ergebnis steht:
Es gibt Experten, die sich ausschliesslich mit diesem Thema
beschaeftigen, sie jetten zu internationalen Konferenzen nach
Australien und Finnland, sie schreiben seitenlange Aufsaetze und
halten Vortraege, die ausser den anderen Experten keiner mehr
versteht. Macht nichts: wir sollen alle Experten werden, das wird
ueppige Fortbildungsprogramme ins Leben rufen, und die jetzigen
Experten zu Ober-Experten werden lassen.
Was sind Meta-Daten?
"Meta" heisst bekanntlich "ueber", "Meta-Daten" sind also Daten ueber
Daten, Informationen ueber Informationen = Katalogisate, formale und
sachliche Erschliessungsdaten. Z.B. Name des Autors, Sprache,
Schlagwoerter.
Solche Meta-Daten kann man nun direkt in eine WWW-Seite
reinschreiben, und fuer die Form, in der das geschehen soll, haben
ein paar Bibliothekare u.a., die vermutlich nichts Besseres zu tun
hatten, eine Gebrauchsanweisung entwickelt. Diese haben sie "Dublin
Core" genannt
(und fuer diese Namensgebung gebuehrt ihnen Respekt,
denn der Name sagt zwar nichts ueber die Sache, klingt aber
geheimnisvoll und ehrfurchtgebietend).
Dabei legen die Dublin Core, wie gesagt, NICHT die inhaltliche Art
der Erschliessung fest (z.B. Festlegung eines Regelwerks und/oder
Thesaurus fuer die Schlagwortvergabe), sondern nur, welche Daten
erfasst werden sollen und wie diese Daten ins Dokument geschrieben werden sollen.
Und hier oeffnet sich dem Experten ein weites, ja unendliches Feld,
indem er diese formalen Regeln extrem verkompliziert und gleichzeitig
die Zahl der moeglichen Meta-Daten ausweitet. Zusaetzlich wird heftig
daran gearbeitet, das Regelwerk so auszubauen, dass damit auch
Musikstuecke, Werke der Bildenden Kunst, und schliesslich Gott und
die Welt beschrieben werden koennen (letztere zwei Objektbereiche
werden wohl ein fettes DFG-Projekt ergeben).
So leben die Debatten um die formale Erschliessung von Medien, um
AACR und RAK, wieder auf, und damals wie heute liegt die Ursache
darin, dass wir die Experten gewaehren lassen.
Gerade der benutzer-, d.h. sach- und erfolgs-orientierte
Bibliothekar ueberlaesst die Diskussion den Experten. Und da er sich
nicht auskennt, traut er sich auch nicht, die Experten zu
kritisieren. Ich zitiere einen Kollegen (Du nimmst mir das hoffentlich
nicht uebel, lieber ...):
*********Zitat:
Warum schreibe ich das nicht an Liste? Weil ich mich nicht genug mit
Dublin Core auskenne und ich mich nicht so genau damit beschaeftigt
habe. Es ist bei mir eher so ein allgemeiner Eindruck, den ich aber
nicht mit meinem derzeitigen Wissensstand verifizieren kann. Und mich
in die aktuellen DC-Unterlagen zu vertiefen, dazu fehlt mir die Zeit
(und das Interesse). Von daher kann ich nicht aussschliessen, das
meine Meinung zu DC unter die Rubrik "unqualifizierte Aeusserung"
fallen wuerde, und den Hut moechte ich nicht aufsetzen.
Ende des Zitats***************************
Da man ihnen alle Freiheit laesst, verfassen die Experten in aller
Ruhe Regelwerke, die ausser ihnen niemand versteht, wodurch sie erst recht
als Experten bestaetigt werden.
Den Experten kann man's nicht verargen, aber passt denn niemand auf
die Experten auf? Natuerlich sichert der Bloedsinn Arbeitsplaetze,
aber Arbeit haetten wir doch auch so mehr als genug. Oder geht es
nur, unabhaengig von jedem inhaltlichen Nutzen, um das Einwerben
prestigefoerdernder Projekt-Gelder?
Und was das Beste an den Dublin Core ist:
keine der wichtigen Suchmaschinen kann derzeit etwas damit anfangen,
vielmehr werden nach den Regeln des Dub.C. ins Dokument geschriebene
Schlagwoerter von fast allen Suchmaschinen ignoriert! Ich habe das neulich ausprobiert
und darueber an die Liste berichtet:
http://www.ub.uni-dortmund.de/
Listenarchive/INETBIB/199802/19980204.html#10
.
Wie sagte man doch frueher: "nach den PI im
Katalog verstecken".
Und: es gibt ein Mini- "Regelwerk" fuer den Einbau einer kurzen
Inhaltsbeschreibung und von Schlagwoertern in eine WWW-Seite, und zwar
auf eine Art, wie sie die wichtigsten Suchmaschinen verstehen:
http://altavista.digital.com/av/content/addurl_meta.htm
.
Diese Regeln liessen sich einfachst durch ein paar
Zusatzkategorien allen Beduerfnissen verwoehnter Bibliotheksbenutzer
anpassen - aber es geht ja gar nicht um Einfachheit, Effizienz,
Wirtschaftlichkeit - es geht darum, durch unsinnig komplizierte
Regeln sich eine Existenzberechtigung zu schaffen, indem die Arbeit
erschwert wird.
Und natuerlich darum, nette Workshops in schoenen Staedten zu
veranstalten. Was ich wiederum sehr gut verstehe, :-)!
Ein schoenes w-e bzw. eine gute Woche,
Thomas Hilberer,
http://www.uni-duesseldorf.de/~hilberer/
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.