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Re: Dublin Core + Staatsknete (META-LIB-Workshop)



*Ebenfalls sehr lange Mail*

Sehr geehrter Herr Hilberer, liebe Liste,

als zustaendiger Projektbearbeiter des
META-LIB-Teilprojekts Der Deutschen Bibliothek sehe ich
durchaus den Sinn und Nutzen von Metadaten, und dies nicht
nur, weil ich aufgrund dieses Projekts einen Arbeitsplatz
erhalten habe:

Die Deutsche Bibliothek hat in diesem Projekt die Aufgabe,
Konventionen fuer die (national)bibliographische
Erschliessung digitaler Publikationen zu entwickeln. Wenn
man davon ausgeht, dass fuer die Bibliothek nicht nur die
traditionellen Publikationstypen (Buecher, Zeitschriften,
CD-ROMs...), sondern auch Internet-Dokumente eine wichtige
Rolle spielen, so braucht man natuerlich geeignete
Instrumente, um diese beschreiben zu koennen. Die Sammlung
von Links, wie zum Beispiel in der Duesseldorfer Virtuellen
Bibliothek, ist natuerlich wichtig und sinnvoll und hilft
beim Auffinden von Informationen haeufig schneller als die
Befragung von Suchmaschinen, sagt aber nichts ueber die
einzelnen Dokumente aus, sprich die klassischen
bibliothekarischen Beschreibungselemente fehlen (Autor,
Titel, Datum...). Herr Hilberer, Sie verweisen auf das
schoene Zitat von Negroponte, wonach: "der Wert von
Informationen ueber Informationen groesser sein kann als der
Wert der Informationen selbst." (zit. nach: Thomas
Hilberer: Die Duesseldorfer Virtuelle Bibliothek. In:
nfd 4/98, S. 198; online:
http://www.darmstadt.gmd.de/NFD/Ausg498/ber1.html ). Diese
Daten und Informationen, es sind Metadaten, geben Auskunft
ueber die Qualitaet eines Dokuments und sind damit ein
wichtiges Instrumentarium im Rahmen der
Informationsfilterung. Diese Daten sind letztlich fuer die
Nutzer von Bibliotheken, zum Beispiel Wissenschaftler, von
Wichtigkeit. Metadaten werden also nicht aus reinem
Selbstzweck fuer Bibliothekare ("endlich einmal wieder
etwas zu katalogisieren"), sondern als Dienstleistung
angeboten. Wenn Bibliotheken auch in Zukunft eine wichtige
Rolle im Bereich der Informationsbereitstelllung und
-vermittlung spielen wollen, so muessen sie Metadaten auch
fuer Internet-Dokumente anbieten. Ansonsten laufen sie
Gefahr, wichtige Arbeitsfelder aufzugeben, die dann von
anderen (gerne) uebernommen werden. Es duerfte
selbstverstaendlich sein, dass in diesem Fall nicht nur
Projektgelder nicht mehr in die Bibliotheken fliessen
werden.

> Und was das Beste an den Dublin Core ist:
> keine der wichtigen Suchmaschinen kann derzeit etwas damit
> anfangen, vielmehr werden nach den Regeln des Dub.C. ins
> Dokument geschriebene Schlagwoerter von fast allen
> Suchmaschinen ignoriert!

Dieser Einwand ist natuerlich berechtigt. Kommerzielle
Suchmaschinen sind leider eher auf Vollstaendigkeit (recall)
als auf Genauigkeit (precision) ausgerichtet. Aber die
Entwicklung von Suchmaschinen, mit denen nach
Dublin-Core-Metadaten gesucht werden kann, ist bereits in
Angriff genommen: In dem europaeischen DESIRE-Projekt (
http://www.nic.surfnet.nl/surfnet/projects/desire/ ) wird
der Europaeische Web-Index (
http://gungner.ub2.lu.se/index.html.en ) erstellt. Auch in
dem australischen MetaWeb-Projekt (
http://www.dstc.edu.au/RDU/MetaWeb/ ) wird eine
DC-Suchmaschine entwickelt (
http://flare.dstc.edu.au:8017/search.html ).

Es wird immer vom Wirtschafts- und
Wissenschaftsstandort Deutschland gesprochen. Wenn
man nicht will, dass Deutschland international
zurueckfaellt, muessen entsprechende (Metadaten-)Projekte
stattfinden, denn das Thema Metadaten ist in anderen
Nationalbibliotheken auch ein Thema und Gegenstand von
Projekten, die zum Teil auch schon Ergebnisse vorzuweisen
haben, zum Beispiel:

Australien: PANDORA
http://www.nla.gov.au/pandora/index.html

Europa: BIBLINK
http://hosted.ukoln.ac.uk/biblink/

Daenemark: INDOREG
http://purl.dk/rapport/html.uk/

Finnland: EVA
http://linnea.helsinki.fi/eva/english.html

Schweden: The Kulturarw³ Heritage Project
http://kulturarw3.kb.se/

Man kann natuerlich sagen, dass alle diese Projekte ohne
inhaltlichen Nutzen sind und nur zum Ziel das "Einwerben
prestigefoerdernder Projekt-Gelder" haben...

Auf dem Bibliothekartag werden verschiedene Vortraege zum
Thema Metadaten angeboten, die auf die Wichtigkeit dieses
Themas hinweisen:

Lehmann: Die Deutsche Bibliothek als digitale
Depotbibliothek im europaeischen Kontext.

Rinn: Metadaten und nationalbibliographische Verzeichnung.

Hoechsmann: Das Meta-Daten-Projekt deutscher Bibliotheken
(Meta-Lib).

Im Rahmen der Praesentation der einzelnen Abteilungen Der
Deutschen Bibliothek werde ich das META-LIB-Teilprojekt
vorstellen. Aus diesem Grund moechte ich jetzt hier nicht
auf den Projektarbeitsplan eingehen und weiter begruenden,
warum einzelne Arbeitspakete wichtig sind.

> Es gibt Experten, die sich ausschliesslich mit diesem
> Thema beschaeftigen, sie jetten zu internationalen
> Konferenzen nach Australien und Finnland, sie schreiben
> seitenlange Aufsaetze und halten Vortraege, die ausser den
> anderen Experten keiner mehr versteht. Macht nichts: wir
> sollen alle Experten werden, das wird ueppige
> Fortbildungsprogramme ins Leben rufen, und die jetzigen
> Experten zu Ober-Experten werden lassen.

Es versteht sich von selbst, dass man nicht auf allen
Gebieten Experte sein kann und auch nicht werden muss.
Derjenige, der aber an einem bestimmten Thema interessiert
ist und sich fortbilden moechte, kann (!) zu einem der
angebotenen Workshops, die es zu vielen Bereichen (nicht nur
Metadaten) gibt, hingehen. Aus diesem Grunde gibt es auch
diverse Diskussionslisten, die zu verschiedenen Themen
informieren und fortbilden (so zum Beispiel die INETBIB,
auch wenn hier sicherlich nicht immer jeder Beitrag zur
(Fort-)Bildung beitraegt :-) ).

> Gerade der benutzer-, d.h. sach- und erfolgs-orientierte
> Bibliothekar ueberlaesst die Diskussion den Experten.  Und
> da er sich nicht auskennt, traut er sich auch nicht, die
> Experten zu kritisieren. ...
>Von daher kann ich nicht aussschliessen, das
> meine Meinung zu DC unter die Rubrik "unqualifizierte
> Aeusserung" fallen wuerde, und den Hut moechte ich nicht
> aufsetzen.

Wenn jemand etwas nicht weiss, macht ihm das niemand zum
Vorwurf. Er hat trotzdem die Erlaubnis zu fragen, bzw. er
sollte sogar fragen, wenn er an der Sache interessiert ist.
Es ist wie schon in der Schule: Es gibt keine dummen Fragen!
Jeder Mensch sollte Kritik vertragen koennen, Experten sind
da nicht ausgenommen. Deswegen moechte ich auf die neu
eingerichtete Diskussionsliste META-BIB
http://www.dbi-berlin.de/cgi-bin/lwgate/lwgate/META-BIB/ )
verweisen; sie steht jedem offen. Anregungen, Fragen, Kritik
usw. sind sehr willkommen.

> Dabei legen die Dublin Core, wie gesagt, NICHT die
> inhaltliche Art der Erschliessung fest (z.B. Festlegung
> eines Regelwerks und/oder Thesaurus fuer die
> Schlagwortvergabe),  sondern nur, welche Daten erfasst
> werden sollen und wie diese Daten ins Dokument geschrieben
> werden sollen.

Wenn es nur ein Regelwerk oder nur einen Thesaurus gaebe,
braeuchte man die Unterscheidung natuerlich nicht. Waere
denn ein Universalthesaurus fuer alle Bereiche sinnvoll? Das
ist aber eine andere Diskussion...

Wer bis hierhin noch mitgelesen hat, der scheint an dem
Thema Metadaten wirklich interessiert zu sein und ich hoffe,
dass die Diskussion nicht verstummt und sich diejenigen in
der entsprechenden Liste auch zu Wort melden! Oder gibt es
nichts mehr zu sagen?

Mit freundlichen Gruessen
B. Weiss





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Berthold Weiss, M.A.
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