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Re: Internet = Tod des Buchhandels? (Fwd)
> Wenn es um Besitzansprueche geht, dann gehoert das INTERNET wohl am
> ehesten dem steuerzahlenden Buerger, also uns allen, und zwar unabhaenig,
> ob in oder ausserhalb der Privatwirtschaft taetig.
> Auch wenn Unis und Bibliotheken eher das INTERNET genutzt haben,
> rechtfertigt dies meiner Meinung nach keinen Besitzanspruch. Der gesell-
> schaftliche Auftrag, den Universitaeten und Bibliotheken zu erfuellen
> haben, verpflichtet sie ja geradezu, Ihre Dienste und Errungenschaften
> der Allgemeinheit, und das heisst nun eben auch der Privatwirtschaft,
> zur Verfuegung zu stellen. Letztendlich finanziert die Allgemeinheit
> die Bibliotheken doch genau dafuer.
Moment. Heisst das, dass alles, was ich bezahle, zu meiner freien
Verfuegung steht? Darf ich jederzeit den Polizeiwagen, den ich ja
bezahlt habe, fahren? Jederzeit in der Halle der Feuerwehr eine Party
veranstalten?
Es ist schon richtig, dass die oeffentlichen Einrichtungen mit dem
Netz (= Internet) nur Dinge tun duerfen und sollen, die dem
Allgemeinwohl dienlich sind. Aber das deshalb ALLE drauf duerfen, ist
nicht richtig.
Nebenbei: Ich habe beleibe nichts dagegen, wenn jeder in das Internet
draengt. Es ist allerdings wie mit dem Wasser. Solange genuegend
vorhanden ist, ist alles klar. Wenn es knapp wird, kann halt nicht
mehr jeder seinen Pool fuellen sondern es muss sinnvoll (!)
rationiert (!) werden. Und der Internet-Draht ist leider nicht
beliebig dick.
> keine Regale -> alles auf Festplatten, usw. Denkt man dies endlos weiter,
> dann muesste man fast zu dem Schluss kommen, dass mit dem INTERNET
> der Ast auf dem die Bibliotheken sitzen (=das oeffentliche Informations-
> verteilungsmonopol), gerade abgesaegt wird.
DAS passiert schon. Die Bibliotheken bemuehen sich nur noch, den
Anschluss nicht voellig zu verpassen... :-)
Etwas differenzierter ist es schon noch. Man muss unterscheiden
zwischen der Art der jeweiligen Information. Z.B. Belletristik wird
niemals ein ernsthaftes Thema der Netze werden. Wenn es allerdings um
die reine Information und nicht die Art der Vermittlung, im
Gegenteil, sogar um die schnelle Vermittlung geht, dann werden sich
die Bibliotheken wirklich sputen muessen.
> In Michael Scharwaechters Mail moechte ich vorsichtig den versteckten
> Glashaus-Aspekt kritisieren. "Potentielle Kunden" sind nichts boesartiges,
> "Weils Geld bringt und in ist" nichts grundsaetzlich schlechtes - dies
> sind in Reinkultur echte Werte unserer Gesellschaftsform. Genau diese
> Interessen sind es, die motivieren und zu Leistung anspornen. Universitaten
> und Bibliotheken leben nicht in einem "kommerzfreien" Glashaus,
> sondern sind echter und vollwertig integrierter Bestandteil unseres
> Wirtschaftssystems - ob sie es wollen oder nicht. Die erhoffte diesbzgl.
> Unschuld kann heute keine oeffentliche Einrichtung mehr fuer sich in
> Anspruch nehmen.
Das ist die Frage. Sind Bibliotheken oeffentliche Einrichtungen oder
unterliegen sie dem Kommerz? Oder beides? Was momentan passiert ist
eine Bewegung der Bibliotheken in Richtung Marktwirtschaft. Einfach
aus dem Grunde, weil von "oben" nicht mehr genuegend Mittel fliessen,
versuchen die Bibliotheken, das Geld von "unten" einzutreiben, sich
also fuer ihre Dienste bezahlen zu lassen. Das Gegenargument zu
dieser Entwicklung ist, dass sich wohl in nicht mehr allzu ferner
Zukunft nicht mehr jeder ein Studium leisten koennen wird?
Eine Moeglichkeit waere eine leistungsbezogene Verteilung der Etats.
Der Etat einer Bibliothek wird nach ihrem Angebot errechnet. Die
Dienste am Nutzer bleiben weiterhin bezahlbar. Wird das eigentlich
irgendwo praktiziert?
Diese Thesen kommen uebrigens aus einem sehr interessanten
"Aug-in-Aug" Gespraech mit einem Listenteilnehmer.
> Tut mir leid, dass ich mich wieder so ausgebreitet habe, aber dieses Thema
> macht Spass und ist anspruchsvoll, wie sehen Sie das?
> Mfg Christian Heinisch
Ganz einfach: Ich sehe in dieser Diskussion einen Zweck dieser Liste.
Gruesse,
Michael Schaarwaechter
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