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[InetBib] Schwächen zentraler Identifikatorensysteme
- Date: Thu, 31 Mar 2022 16:09:00 +0200 (CEST)
- From: Marcus Latour via InetBib <inetbib@xxxxxxxxxx>
- Subject: [InetBib] Schwächen zentraler Identifikatorensysteme
Lesenswerter Beitrag in o-bib Bd. 8 Nr. 4 (2021)
<https://www.o-bib.de/bib/issue/view/324>: Dezentrale Identifikatoren
(DIDs)https://www.o-bib.de/bib/article/view/5755/8591
Auszüge:
Das maßgebliche Problem ist, dass Identifikatoren wie DOI, Handle, ORCID oder
ROR in einer zentralen Datenbank unter Verantwortung einer zentralen Autorität
gespeichert werden.
Hier offenbart sich ein fundamentaler Denkfehler in dem Ansatz konventioneller
PID-Dienste: Diese sind selbst nur per URL über das Web erreichbar. Würden die
Domains doi.org, handle.net, orcid.org oder ror.org entweder durch einen
Serverausfall oder im schlimmsten Fall durch böswilliges Domain-Hijacking32
nicht mehr erreichbar sein, sind die damit verbundenen Identifikatoren
unbrauchbar oder sogar schädlich. Das Konzept der zentralen
Identifikatorensysteme ersetzt somit nur eine Abhängigkeit (sich verändernde
URLs) mit einer neuen Abhängigkeit (zentralisierte web-basierte PID-Dienste).
Hinzu kommt noch die Problematik, dass jeder Anbieter eines
Identifikatorensystems seine eigenen Sicherheits- und Datenschutzrichtlinien
festlegt, denen die Nutzer*innen des Systems unterliegen. Entsprechend hat der
Sitz der Organisation eine bedeutende Auswirkung darauf, ob die strikten
Datenschutzvorgaben der europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)
eingehalten werden oder nicht. Die International DOI Foundation beispielsweise
sitzt in den USA33, genauso wie die ORCID Inc und ROR.
Keines der bisher behandelten Identifikatorensysteme stellt technisch sicher,
dass die Integrität der dort gespeicherten (Meta-)Daten gewahrt bleibt. Es gibt
keine öffentlich einsehbaren Änderungshistorien oder verifizierbare Prüfsummen
der Datensätze.
Sobald Nutzer*innen also zentrale Identifikatorensysteme verwenden, legen sie
die alleinige Gewährleistung über die Authentizität ihrer referenzierten Daten
in die Hände des jeweiligen Anbieters.
Fünf Anforderungen zur Umsetzung von PIDs
1. Persistente Identifikatoren müssen von jedem, schnell und auch in Masse
günstig anzulegen sein.
2. Persistente Identifikatoren müssen beständig einem Subjekt zu einem festen
Zweck zugewiesen und unveränderbar sein.
3. Persistente Identifikatoren müssen dauerhaft resolvable sein, damit auf
Langzeit mindestens die Metadaten abrufbar sind.
4. Persistente Identifikatoren müssen nachhaltig und unabhängig sein, indem sie
nicht auf zentralen Registrierungsstellen, Identitätsprovidern oder anderen
zwischengeschalteten Autoritäten basieren, die anfällig sind für Hacks,
Manipulation und Datenleaks.
5. Persistente Identifikatoren müssen sicher sein. Eine Person oder
Organisation muss im Stande sein, nachweisen zu können, dass sie über einen
Identifikator verfügt oder eben nicht verfügt. Kryptografie ist für diesen
Zweck die aktuell einzig verlässliche Technologie, ohne sich auf die
Fehlbarkeit von Menschen verlassen zu müssen.
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.