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[InetBib] Entwertung der GND
- Date: Tue, 8 Sep 2020 11:21:40 +0200
- From: verein--- via InetBib <inetbib@xxxxxxxxxx>
- Subject: [InetBib] Entwertung der GND
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,
die Entwicklung der GND war und ist ein Quantensprung in dem Aufbau
vernetzter, verlässlicher Rechercheinfrastrukturen. Im vergangenen Juni
hat die DNB nun aber die Verknüpfung mehrerer tausend
Personennormdatensätze von den bisherigen Titeldatensätzen gelöst. Die
bisherigen GND-Links führen damit ins Nichts. Die Titel bleiben zwar
weiterhin recherchierbar, die Verknüpfung mit weiteren Werken der
jeweiligen Autor/innen oder weiterführenden Informationen - also dem
eigentlichen informationstechnischen wie wissenschaftlichen Nutzen der
GND - läuft jedoch ins Leere. Normdaten machen jedoch nur dann einen
Sinn, wenn sie permanent verfügbar bleiben. Änderungen im System müssen
zu Weiterleitungen führen, dürfen aber nicht in einer Sackgasse münden.
Verdeutlichen möchte ich die Problematik an einigen Beispielen:
*
Grimsley, Ronald (1963): Jean d'Alembert (1717 - 83). Oxford:
Clarendon Press.
Der Autor war bisher mit folgenden Link verknüpft:
http://d-nb.info/gnd/151133948
Dieser wurde nun gelöst, da vermeintlich keine ergänzenden
individualisierenden Merkmale vorliegen. Der Virtual International
Authority File http://viaf.org/viaf/24500 wie auch Wikidata
https://www.wikidata.org/wiki/Q59527811 verfügen jedoch über die
entsprechenden Daten. Konsequent wäre also die Ergänzung des
Datensatzes, nicht aber dessen Löschung gewesen.
*
Heinlein, Otto (1939): August Bohse-Talander als Romanschriftsteller
der galanten Zeit. Bochum: Pöppinghaus.
Eine GND für den Autor ist nicht mehr auffindbar. DerVirtual
International Authority File http://viaf.org/viaf/306074632
verzeichnet ihn korrekt mit dem Geburtsdatum 1902. Ein Datum, das
auch der DNB nicht unbekannt ist, schließlich hat sie die
Dissertation als Digitalisat ins Netz gestellt
https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:101:1-2012042510566 In der
Dissertation ist wie üblich auch das Geburtsdatum angegeben.
*
Mein eigener Fall: Bisher gab es für mich zwei Datensätze
http://d-nb.info/gnd/1158992467
http://d-nb.info/gnd/110658175
Publikationen von mir waren nur mit dem letzten Link verbunden. Die
Verknüpfung mit dem Namen wurde nun gelöst, während der weiterhin
vorhandene Link nur noch mit einigen biographischen Daten verbunden
ist, nicht aber mit Titeln. Nun, ich hätte mich schon mal lange drum
kümmern sollen. Sorry. Wenn man nun aber die früher mit dem zweiten
Link verknüpften Werke mit dem ersten Link verbindet, so darf der
zweite Link gleichwohl nicht wie vorgesehen gelöscht werden, da
sonst externe Verknüpfungen ins Leere laufen. Korrekturen und
Systemänderungen sollten konsequenterweise durch Weiterleitungen zum
aktuellen, richtigen Link aufgefangen werden.
Das mit dem Vorgehen der DNB verbundene Anliegen, eindeutige und
zuverlässige Entitäten zu identifizieren und zu beschreiben, ist
grundsätzlich zu begrüßen, die Vorgehensweise, pauschal vermeintliche
oder tatsächliche Unstimmigkeiten durch Entkoppelung und Löschung zu
beseitigen, ist jedoch m. E. der falsche Weg und gefährdet die Akzeptanz
der GND. Wäre es nicht vernünftiger, zunächst einen Datenabgleich mit
anderen Normierungen vorzunehmen? So fällt immer wieder auf, dass GNDs
gar nicht oder mit einem eigenen VIAF-Identifikator in der
VIAF-Datenbank verzeichnet sind. Der Nutzwert der GND hängt doch auch
von der systematischen und eindeutigen Verknüpfung mit anderen
Identifikatoren ab. Weiterhin könnte man die wissenschaftliche Community
zur Mitarbeit aufrufen, indem man um Mithilfe bei der Bereinigung von
unklaren Datensätzen bittet. Eine weitere Möglichkeit wäre die Auflegung
eines Sonderprogramms mit der Beschäftigung von studentischen
Hilfskräften, die gerade in diesen Coronazeiten händeringend nach
Beschäftigungsmöglichkeiten suchen.
Meine Mitarbeiter/innen und ich haben in den vergangenen Monaten bei der
Vorbereitung des erweiterten Neuauftritts der bibliographischen
Datenbank https://enzyklothek.de viel Zeit für die Verknüpfung der
Datensätze mit den GND-Identifikatoren aufgebracht und können nun unsere
Arbeit z. T. in die Tonne klopfen bzw. bieten den Nutzer/innen Links an,
die nicht funktionieren. Anderen dürfte es ähnlich gehen.
Kurzum, mein Plädoyer: Erst Ergänzung und Korrektur sowie ggf.
Weiterleitung innerhalb des Systems, aber kein Kahlschlag bei den Daten.
Peter Ketsch
Cliothek e. V.
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.