[Date Prev][Date Next][Thread Prev][Thread Next][Date Index][Thread Index]
Re: [InetBib] Ich bin ein Informatiker, AMA
- Date: Fri, 10 Mar 2017 15:36:34 +0000
- From: "Ruhland, Florian via InetBib" <inetbib@xxxxxxxxxx>
- Subject: Re: [InetBib] Ich bin ein Informatiker, AMA
Lieber Herr Schnalke,
Bibliotheken und IT - ein weites Feld. Wenn ich zwischen den Zeilen Ihrer
Antworten richtig lese, dann betrachten Sie die Informatik nicht isoliert,
sondern in ihrer Einbettung in institutionelle und gesellschaftliche
Zusammenhänge. Daher möchte ich als OPLer Ihre Sprechstunde gerne in Anspruch
nehmen:
1. Neben all den grossartigen Möglichkeiten, die uns die digitale Revolution
beschert hat, gibt es ja auch hin und wieder ein gewisses Unbehagen, das IMHO
u.a. damit zusammenhängt, dass neue Abhängigkeiten entstehen, die ein
Nicht-Informatiker noch weniger als ein Informatiker durchschaut. Um nur einmal
eine Spitze eines Eisbergs als Beispiel zu nennen: Wenn man eine der grössten
Bibliotheken Europas freundlich und mit den besten Absichten darauf hinweist,
dass in ihrem Katalog immer wieder Scans von Titelseiten oder Einbänden falsch
verknüpft sind, erhält man als Antwort, dass man da leider nichts tun könne,
darauf habe man keinen Zugriff. Da wundert man sich dann als Benutzer - der ja
nur helfen will. Vielleicht sehen Sie als Informatiker die durch die digitale
Revolution entstandenen Abhängigkeiten klarer? Gibt es in der Informatik so
etwas wie eine "kritische Informatik", die sich für solche Fragen interessiert?
Wenn man nach kritischer Orientierung zur digitalen Revolution in der
Bibliothekswissenschaft sucht, geht es halt leider gerne mal in eine
ranzig-reaktionäre Richtung. Kennen Sie aus der Informatik progressive
kritische Ansätze oder Literatur?
2. Sie haben freie Software im allgemeinen und konkret Debian angesprochen.
Mich wundert in den ganzen Diskussionen um Openness im Bibliotheksbereich
immer, dass Open Access offensichtlich problemlos ohne Open Source machbar ist.
Wie viele KommilitonInnen haben damals im Berliner Studium ein freies
Betriebssystem genutzt? Wie viele Open Office? Dass sich Open-Source-Software
quasi zwangsläufig ausbreiten muss, ist nicht ausgemacht. Siehe z.B. den
beabsichtigten Umstieg der Münchner Verwaltung von Linux zurück zu
Microsoft-Produkten (siehe hier
https://www.heise.de/newsticker/meldung/Muenchner-IT-Leiter-zu-LiMux-Es-gibt-keine-groesseren-technischen-Probleme-3644868.html
und hier
https://www.heise.de/newsticker/meldung/Aus-fuer-LiMux-Muenchner-Stadtrat-sagt-zum-Pinguin-leise-Servus-3626623.html
und hier
https://www.heise.de/newsticker/meldung/Nahendes-LiMux-Aus-Open-Source-Szene-trauert-Microsoft-jubelt-3627759.html
). Daher meine Frage: Wie sehen Sie die Bedeutung und das Verhältnis der
beiden Schwestern Open Source und Open Access in Bibliotheken, Archiven, aus
Sicht eines Informatikers?
Ein schönes Wochenende!
Mit besten Grüssen
Florian Ruhland
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.