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Re: [InetBib] Ich bin ein Informatiker, AMA
- Date: Wed, 08 Mar 2017 21:08:16 +0100
- From: markus schnalke via InetBib <inetbib@xxxxxxxxxx>
- Subject: Re: [InetBib] Ich bin ein Informatiker, AMA
Anonyme Fragen:
- RDA wurde ja eigentlich für Bibliotheken, Archive und Museen
entwickelt. Ist RDA im Archivwesen ein Thema?
Ich hab noch nicht davon gehoert, aber ich habe davon vielleicht
auch nur noch nichts mitbekommen weil mein Bereich damit wenig
zu tun hat.
- Falls nein: Gibt es andere übergreifende Regelwerke oder hängt
die Art der Katalogisierung vom verwendeten Programm ab?
Archive sind weit weniger vernetzt wie Bibliotheken. Das ist
historisch so gegeben, weil in Archiven nur Unikate liegen und es
klare Zustaendigkeiten gibt was wohin anzubieten ist. Die
Austauschbarkeit von Erschliessungsdaten ist in Archiven nicht so
wichtig wie in Bibliotheken, welche auch viel homogener
erschliessen. In einen Archivbestand muss man sich als Nutzer
auch erst einarbeiten. Aber was erzaehle ich euch
Geisteswissenschaftlern schon ueber Archive?! Ihr kennt euch
damit besser aus als ich.
Aber nochmal zur Erschliessung der Bestaende. Da gibt es ja so
unglaubliche Sachen, wie die Faelle wo der ganze Text der Urkunde
einfach in das Titelfeld geschrieben wird! Eine ganze A4-Seite
voll Text, wenn man ihn ausdruckt. Viel Spass derartige Auswuechse
softwareseitig zu unterstuetzen! Aber man kann auch immer wieder
herzlich darueber lachen. :-)
- Ich bin IT-ler im Bibliothekswesen und habe oft das Gefühl, dass
technischer Fortschritt bzw. Möglichkeiten nur sehr zurückhaltend
angenommen werden. Ging es dir genauso?
Ja und nein. Auf jeden Fall wird er anders angenommen wie in der
freien Wirtschaft. Man muss halt mit programmierenden Historikern
und mit einem oftmals hohen Altersschnitt arbeiten, zudem mit
Mitarbeitern die woanders nicht untergekommen sind oder es ruhiger
angehen lassen wollen, und man sitzt auch zu oft in der eigenen
Suppe, hat zu wenige Fortbildungen, zu wenige Moeglichkeiten
``einfach mal zu machen'', usw. Es ist nicht ueberall so und auch
nicht nur so aber doch mehr so als in der freien Wirtschaft. Das
sind andere Voraussetzungen.
Vieles was draussen schon Standard ist findet nur muehsam seinen
Weg in unsere Bereiche. Gleichzeitig will man aber auch hipp sein
und glaubt man muesse auf alle Trendthemen aufspringen. In der
Diskrepanz zwischen diesen beiden Seiten sehe ich das groessere
Problem. Einen realistischen und dauerhaften Weg des Fortschritts,
das braucht es. Die wichtigsten Voraussetzungen dafuer sind
Offenheit im Kopf und junge, gut ausgebildete Mitarbeiter.
- Wie stehst du zu Open Data?
Ich finde, dass Daten frei sein sollten. Mir ist das Gemeinwohl
wichtiger als kommerzielle Interessen. Alle meine Werke (insofern
ich nicht explizit andere Lizenzen waehle) stehen unter der CC0.
(So uebrigens auch all diese Antworten auf eure Fragen. Wer daraus
also ein Buch machen will, nur zu! :-D Wenn ihr es erfolgreich
verkaufen koennt, dann schickt mir einfach 'ne nette Mail und
bedankt euch fuer meine Ausgangsdaten.)
- Du schreibst, dass du hier auf der Liste schon mehrfach aus dem
Rahmen gefallen bist. Woran liegt das? An deinem technischen
Hintergrund?
An der unterschiedlichen Kultur von Bibliothekaren und
Informatikern. Oft genug werde (inzwischen zum Glueck eher wurde)
ich als Bibliothekar mit Informatik-Background vorgestellt, ich
bin aber ganz klar ein Informatiker, der zudem auch ein
Bibliotheksreferendariat gemacht hat. D.h. ich verstehe euch
besser, aber all meine kulturelle Praegung ist die der
Informatiker, Hacker, Free Software und Community-Projekte, der
Internet-Gemeinschaft, und dergleichen. Ich habe weder den
``Stallgeruch der Bibliothekare'' angenommen (Danke der Person,
die mir diese gutgemeinte Empfehlung auf den Berufsweg gegeben
hat!) noch bin ich still gewesen, sondern ich habe versucht
weiterhin ich selbst zu sein und damit eben auch aktiv zu sein,
auf meine Art. Es ist offensichtlich, dass ich anders bin ...
und wenngleich das mich immer auch eine gewissen Ueberwindung
und Mehrenergie kostet, bin ich doch lieber aktiv und damit
spuerbar anders als dass ich versuchen wuerde ruhig zu sein und
nicht aufzufallen. Zum Glueck macht es mir wenig aus, wenn man
mich komisch anguckt.
markus
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.