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Re: [InetBib] PokemonGo-freie Zone in Nordenham
- Date: Wed, 20 Jul 2016 14:10:53 +0200
- From: Christoph Deeg <christoph.deeg@xxxxxxxxxxxxxx>
- Subject: Re: [InetBib] PokemonGo-freie Zone in Nordenham
Sehr geehrte Damen und Herren,
da ich an der Diskussion auf Facebook und Co. teilgenommen habe,
möchte ich kurz ein paar Dinge ansprechen, auch damit es hier nicht zu
einer Legendenbildung kommt.
Niemand hat behauptet, die Bibliothek in Nordenham hätte in der
Vergangenheit schlecht gearbeitet. Ich denke Allen ist klar, dass
Jochen Dudeck und sein Team in vielen Themenbereichen der letzten
Jahre eine Vorreiterrolle eingenommen haben bzw. sie sind Trends
mitgegangen und haben ihren eigenen Weg in der damit verbundenen
Nutzung gefunden.
Wenn nun kritisiert wird, dass der örtliche Bezug in Nordenham nicht
hergestellt wird, dann möchte ich fragen, wo denn bei der Kritik an
den Bibliotheken, die sich intensiv mit Pokemon Go beschäftigen, der
örtliche Bezug hergestellt wurde? Wurde irgendwo gefragt, welchen
Zusammenhang es in Krefeld, Dortmund etc gab? Ich habe mir die
Diskussion von Beginn an nochmal durchgelesen - und ich mag etwas
übersehen haben - aber dort wurde schon zu Beginn das Thema "Pokemon"
als Schwachsinn bezeichnet und den Bibliotheken, die sich damit
beschäftigen, unterstellt, sie hätten nicht genug Selbstbewusstsein,
um sich einem Trend zu widersetzen.
Den hier aktiven Bibliotheken wird weiterhin kontinuierlich
unterstellt, sie wären nur an Marketing etc. interessiert. In Teilen
wird den Bibliotheksmitarbeitern, die hier aktiv sind sogar
Fachlichkeit abgesprochen. Ist das Absicht oder nur eine weitere
Provokation? Einige Bibliotheken haben sogar auf Fachliteratur z.B. im
Kontext von Gaming und Bildung hingewiesen - was aber schlichtweg
nicht angenommen wurde. In meinem Blogbeitrag zu Nutzungsmöglichkeiten
für Bibliotheken wurde mit keinem Wort behauptet, Bibliotheken müssten
unbedingt Pokemon nutzen. Im Gegenteil, es wurde nur überlegt, ob und
wenn ja wie eine Bibliothek ein solches Thema in ihre Arbeit
integrieren kann:
http://christoph-deeg.com/2016/07/15/auf-dem-weg-zu-ultimativen-pokemon-bibliothek-strategien-und-ideen-fuer-die-implementierung-von-pokemon-go-in-die-bibliotheksarbeit/
Keine der aktiven Bibliotheken hat jemals behauptet, man solle nicht
über Themen wie öffentlichen Raum, Datenschutz oder anderes
nachdenken. Im Gegenteil, in vielen Blogbeiträgen wurde explizit auf
sich damit beschäftigende Beiträge verlinkt.
Besonders schade: auf das Spiel wurde nur am Rande eingegangen. Dabei
ist es eben nicht eine reine Kopie eines anderen schon bekannten
Spiels, sondern hat viele Besonderheiten (funktional wie kulturell)
die man nicht unter den Tisch fallen lassen sollte.
Ich möchte jetzt nicht noch über die m.E. falschen Definitionen und
Sichtweisen zu Marketing und die Frage der Bibliothek als Lernort
eingehen, denn dann sind wir wieder schnell bei den ganz tiefen
Grundsatzdiskussionen. Aber: Es wäre sinnvoll, wenn man die Wertung
von Begriffen wie "Hype" endlich lassen würde. Ein Hype oder ein Trend
ist nicht schlimmes und das Mitmachen an so etwas ist kein Fehler.
Über viele Jahre haben Bibliotheken Im Kontext der digitalen
Transformation unserer Gesellschaft (bitte nicht wieder eine
Grundsatzdiskussion darüber) Schwierigkeiten gehabt, früh genug
passende Angebote zu entwickeln. Themen wie Innovationsmanagement oder
Trendforschung sind in Bibliotheken erst langsam am kommen. Was die
Bibliotheken, die etwas im Kontext von Pokemon tun, ist mit Sicherheit
nichts negatives. Sie probieren etwas aus und überlegen gemeinsam,
vernetzt wie man dieses neue Angebot nutzen kann. Dieser Prozess
basiert auf Ausprobieren und bei allem Respekt, was ist schlimm daran,
wenn Bibliotheken (endlich) dazu übergehen, kontinuierlich Dinge
auszuprobieren - und vielleicht damit den jeweiligen Trend mit zu
gestalten? Keine Bibliothek hat für diese Aktivität ihre anderen
Aufgaben vernachlässigt, keine Bibliothek hat deshalb ihre Bücher auf
den Müll geworfen. Was ist so problematisch daran, wenn einfach mal
Dinge ausprobiert werden? Und nein, Pokemon ist nicht irgendein
Blödsinn - niemand von Ihnen muss es mögen - Pokemon steht für eine
Vielzahl neuer Technologien und Funktionen (Augemented Reality, Smart
Places, Mobile Internet, Gamification etc.) die mit Sicherheit früher
oder später eine Bedeutung für die Bibliotheksarbeit haben werden.
Also selbst wenn man Pokemon nicht mag, bedeutet die Beschäftigung
damit, dass man sich im Kontext der Innovationsfähigkeit von
Bibliotheken weiterentwickelt. Niemand hat behauptet, dass hierbei
nicht auch Fragen der Soziologie, Philosophie, Psychologie, Methodik
etc. besprochen werden können und sollten.
Die Aktivitäten der Bibliothek in Nordenham sind - bei allem Respekt -
einfach nur eine nette Provokation. Aber sie sorgen eben nicht für
eine Auseinandersetzung mit dem Thema. Und sie sorgen dafür, dass das
was zu Pokemon gerade in Bibliotheken passiert, in der Diskussion
keine Relevanz mehr hat und damit besteht m.E. die Gefahr, dass die
Diskussion völlig inhaltslos wird.
Ich hoffe sehr, dass Bibliotheken einen Weg finden, beides zu tun:
aktiv und sehr schnell neue Dinge ausprobieren und gleichzeitig über
die damit verbundenen Fragestellungen zu diskutieren. So wie Handeln
ohne Reflektion problematisch sein kann, ist es auch bei Reflektion
ohne Handeln, denn dann redet man über Dinge, von denen man keine
Ahnung hat.
Ein letzter Gedanke: ich finde es total putzig, eine Pokemon-freie
Zone zu basteln. Als ob sich Pokemon an solche Schilder halten würden.
Dann muss man schon Smartphones in Bibliotheken verbieten. Das würde
wiederum den einen oder anderen Kämmerer freuen, denn dann brauchen
Bibliotheken ja auch kein WLAN mehr:-)
Beste Grüße
Christoph Deeg
(Pokemon-Trainer Level 8)
--
Christoph Deeg
Social Media - Social Media Risk - Gamification - Digitale Strategien
Neusser Wall 16
50670 Köln
Mobil.: +49(0)157-73808447
Tel.: +49(0)0221-29899129
Mail. christoph.deeg@xxxxxxxxxxxxxx
Web: www.christoph-deeg.com
Am 20. Juli 2016 um 13:28 schrieb Romeyke, Andreas
<Andreas.Romeyke@xxxxxxxxxxxxxxx>:
Hi,
ehrlich gesagt, verstehe ich das Verbot nicht. Es ist schlicht nicht
notwendig.
Entweder die Nutzer verhalten sich entsprechend den Regeln des Hauses, dann
können sie auch solange hinter Pokemonmonstern in Regalen hinterherjagen.
Oder sie verhalten sich nicht so, dann hat man, wie bereits jetzt,
Handhabungen gegen die Störenfriede und fertig.
Warum es *gerade* wegen PokemonGo eines Verbotes bedarf, ist für mich nicht
nachvollziehbar.
Mit freundlichen Grüßen
With best regards,
Andreas Romeyke
PS.: Nerviger finde ich übrigens Bibliotheken, die jetzt zwanghaft auf
PokemonGO-Hype aufsetzen
PPS.: Leben und sterben lassen ;)
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.