Lieber Kollege Finsterwalder und Maass,
sehr wichtig Ihr Hinweis, dass es auch um den systematischen
Bücherrraub in Deutschland geht, aus politischen und rasssischen
Gründen, und um Raubgut,
das sich immer noch in deutschen Bibliotheken befindet, die dessen
Provenienz trotz mancher Bemühungen erst teilweise erforscht haben.
Lieber Kollege Maass, Ihre Definition gefällt mir immer noch nicht,
waren es nach Kriegsausbruch etwa nicht 'Bücher von verfolgten Menschen
und Institutionen', sondern nur abstrakte 'Kriegsbeute'
Ich schlage vor: "Systematische Büchervernichtung und Bücherraub aus
politischen und rassischen Gründen, innerhalb Deutschlands und in den
besetzten Gebieten."
An dieser Stelle nochmal der Hinweis, dass der Wolfenbütteler
Arbeitskreis zur Bibliotheksgeschichte seine diesjährige Tagung vom
28.-30.9.15
unter das Thema "Volksbibliothekare im Nationalsozialismus" gestellt hat,
Programm s. http://www.hab.de/files/programm_neu.pdf, die Anmeldung
ist bis zum 15.9. möglich.
Neben Schuster, der nach 1933 'Frontarbeit am Leser' leisten wollte,
sind dort als intellektuelle Täter und Profiteure
u.a. auch genannt: Fritz Heiligenstaedt und Franz Schriewer.
Unten mein bisheriger Mailaustausch mit Philipp Maass.
Frauke Mahrt-Thomsen
-------- Weitergeleitete Nachricht --------
Betreff: Re: BibliothekarInnen im Nationalsozialismus
Datum: Sun, 05 Jul 2015 17:18:10 +0200
Von: Philipp Maass <philipp-maass@xxxxxx>
An: Frauke <frauke.mahrtthomsen@xxxxxxxxx>
Liebe Frauke Mahrt-Thomsen,
herzlichen Dank für Ihre kritische Mail. Ich begrüße das sehr und
freue mich auf die Verbesserungen die daraus entstehen werden.
Am 05.07.2015 um 16:03 schrieb Frauke:
Lieber Philipp Maass,
ich habe Ihre Mail an inetbib zum Thema Bibliothekarinnen,
Bibliothekare und Bibliotheken im Nationalsozialismus
in der Wikipedia gelesen, auch Einzelbeiträge zu Herman Kruk u.a. Ich
finde Ihre Initiative verdienstvoll und habe mir auch vorgenommen,
mich in konstruktiver Weise daran zu beteiligen, mit
Verbesserungsvorschlägen, Korrekturen und neuen Beiträgen.
Klasse!
Vorab nur den Hinweis, dass der erste Satz zu Ihrem WikiProjekt
irreführend bis falsch ist. Sie schreiben zunächst, dass Sie einen
zentralen Zugriff
/zu Ressourcen, Personen und Institutionen im
Bibliothekswesen//während der NS-Zeit /ermöglichen wollen - das ist
ein viel zu weitgehender Ansatz.
Tatsächlich beschreiben Sie im nächsten Absatz wesentlich genauer,
was Ihr Thema ist: /Personen, Institutionen und Geschehnisse aus
Bibliotheken, die im
Bezug zur nationalsozialistischen Gewaltherrschaft stehen, /zu
erfassen. Dieses Vorhaben ist schon mehr als anspruchsvoll, da sollte
man im ersten Satz
nicht noch suggerieren, dass über das Bibliothekswesen während der
NS-Zeit als ganzes informiert wird.
Da haben Sie im Prinzip recht. Ich habe dass jetzt noch mal
eingeschränkt auf "innerhalb der Wikipedia." Ich dachte das wird auch
durch den Folgesatz deutlich, hebe das aber gerne nochmal hervor da
ich es nach Ihrem Hinweis auch so sehe. Ich habe auch noch ergänzt
dass ein Anspruch auf Völlständigkeit nicht bestehen kann. Vielleicht
können wir den Text gemeinsam weiter entwickeln.
Mir fiel auch auf, dass die Lektorierung Ihrer Texte noch zu wünschen
übrig lässt, zu offensichtlich sind grammatikalische Fehler
(Kommasetzung!)
erwischt, meine Achillesferse...schon immer. Ich sehe es einfach
nicht. Da muss ich trotzdem noch mal drüber schauen. Danke.
, mangelnde Vereinheitlichung bei den Ortsnamen (Wilna/Vilnius),
Werde ich mir noch vornehmen. Danke!
langatmige und nicht ganz korrekte Zitierweise
(vielfache Wiederholung vollständiger Titel, anstatt: a.a.O., häufig
Großbuchstaben bei Nicht-Substantiven im Titel wie: Und, Seine etc.),
Da habe ich es mir einfach gemacht und aus meiner Literaturverwaltung
exportiert. Das nehme ich mir auch noch mal vor. Das Problem bei
Wikipedia ist auch dieser benutzerunfreundliche Editor mit dem es
wenig Spass macht stundenlang davor zu sitzen,
bei der Nennung der Tagebuch-Ausgabe von Herman Kruk aus dem Jahre
1961 vermisse ich den Hinweis, dass es sich um die hebräische Ausgabe
handelt (war der.
Verlagsort nicht Jerusalem oder zumindest auch Jerusalem?).
Richtig, das muss dazu, soeben erledigt. Erschien in New York,
herausgegeben vom YIVO-Institut.
Aus Berlin-Kreuzberg kenne ich die Namen von 2 Kolleginnen, die in
Auschwitz und anderswo ermordet wurden: Helene Goldberg und Else
Simon,
in Berlin-Schöneberg wurden Lucie Abraham und Wally Bloch im Frühjahr
1933 entlassen und wahrscheinlich ebenso in einem Vernichtungslager
umgebracht,
genauere Recherchen sind nötig.
Mir sind weitere KollegInnen bekannt, die im Frühjahr 1933 abrupt
ihre Stellen verloren, zwar emigrieren konnten, aber in der
Emigration nur zum Teil an ihre frühere Tätigkeit
anknüpfen konnten: aus Berlin-Kreuzberg Curt David Wormann (in Israel
später Leiter der Jüdischen Naionalbibliothek) und Hans Margolius (in
den USA nicht so erfolgreich),
aus Hamburg konnte Hedda Guradze zwar zunächst in die USA ausreisen,
ist aber an ihrem Verfolgungsschicksal zerbrochen (ich habe die
Kopie einer Diplomarbeit zu ihr).
Für die Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz gibt es schon
umfangreiche Recherchen zu den in der NS-Zeit verfolgten Kollegen
(A.Spanier u.a.), z.B. von H.Saur,
es gab dort schon mal ein sehr intensive Tagung zu dem Thema. Anfang
der 50er beschäftigte sich ein Aufsatz in BuB mit den in der NS-Zeit
verfolgten KollegInnen (Nachweis folgt).
Da ich in den nächsten 2-3 Wochen noch sehr viel zu tun habe, melde
ich mich später wieder, würde mich aber über eine Reaktion von Ihnen
freuen.
Danke für die zahlreichen Hinweise. Das ist überaus interessant und
überaus wichtig und wird voraussichtlich arbeitsintensiv. Vielleicht
könnten wir wenn Sie wieder Zeit haben einen Telefontermin machen und
uns absprechen wer was tut und auf der Seite eine Redaktion bilden um
die Artikel zu verbessern und Neue anzulegen. Dann wären wir zu zweit.
Mein Projekt ist dann zwar abgeschlossen, aber ich werde privat weiter
Energie hinein stecken. Ich muss zwar noch ein weiteres Projekt und
meine Masterarbeit umsetzen, aber das WikiProjekt zum Thema werde ich
aber weiter bearbeiten. Am Telefon könnten wir auch Korrekturen gut
besprechen und sofort umsetzen. Ich freue mich von Ihnen zu hören und
mit Ihnen zusammen zu arbeiten, danke Ihnen für Ihr kritisches
Feedback und Grüße Sie herzlich nach Berlin,
Philipp Maass
Viele Grüße,
Frauke Mahrt-Thomsen
Torstraße 221
10115 Berlin
Tel. 030 2809 9004