Lieber Herr Gödert,
als zur Zunft der Formalerschließer gehörend habe ich Ihren Artikel
gelesen und war äußerst erstaunt über Ihre Aussagen. Da gibt es z.B. die
Behauptung, dass "Erschließungsergebnisse als Daten ohne Normierung und
Strukturierung zum Normalfall werden". Normierung wird inzwischen aber mit
sehr viel mehr Aufwand betrieben als früher, schauen Sie sich doch mal als
Beispiel die Diskussion um die Beziehungskennzeichen an (am besten in der
englischsprachigen RDA List) oder werfen Sie einen Blick auf die neuen
Datensätze in der GND: dem Nutzer werden wesentlich mehr Informationen
angeboten als früher.
In Deutschland werden die neuen Anforderungen an die Formalerschließung
leider kaum in der breiten Öffentlichkeit diskutiert. Das hängt aber
damit zusammen, dass die Katalogisierer immer mehr unter Druck arbeiten
und außerdem ein neues Regelwerk lernen müssen (RDA hat im Druck 1100
Seiten, dazu müssen die Anwendungsrichtlinien der deutschsprachigen
Länder gelernt werden). Eine Fortschreibung der RAK unter Einbezug des
FRBR-Modells hätte mir zwar besser gefallen, aber das ist Geschichte.
Schauen Sie sich doch mal die vielen Initiativen an, wie man Katalogdaten
qualitätsvoll aufbereitet im Internet anbieten kann. Die Beispielaufnahmen
z.B. von Bibframe sind m.E. noch nicht überzeugend, aber daran muss man
arbeiten. Normiert und strukturiert sind die Daten aber in jedem Fall.
Die Arbeit eines Formalerschließers ist sehr viel anspruchsvoller als
früher: er muss neben dem Regelwerk und den Forderungen seiner Bibliothek
zusätzlich die Anforderungen anderer Bibliotheken z.B. in einem Verbund
bzw. die Anforderungen internationaler Verbünde kennen. Außerdem werden
handfeste praktische EDV-Kenntnisse und das Wissen um Web 2.0 verlangt. Je
umfangreicher die Datenbanken werden, um so mehr muss man sich an strenge
Regeln halten. [Von einer Katalogisierung in eine internationale Cloud bin
ich aus Sicherheitsaspekten und Datenschutzgründen auch nicht begeistert.]
Schöne Grüße nach Köln
Margarete Payer
Homepage: www.payer.de
Liebe Inetbib-Listenleser,
die Beobachtung der aktuellen Entwicklung im Bereich Formalerschließung
hat den Anstoß gegeben, eine Reflexion über die Einstellung der
bibliothekarischen Profession zum Themenfeld Erschließung anzustellen.
Den Inhalt des resultierenden Artikels mit dem Titel "Hashtag
Erschließung" fand eine deutsche Zeitschrift zwar interessant, den
Manuskriptumfang von 16 Seiten für einen Abdruck aber zu groß. Um
möglichen Interessenten einen Zugang zum Text und ggf. eine Diskussion
der Argumente zu ermöglichen, habe ich den Beitrag im E-LIS Repository
eingestellt. Die Adresse lautet:
http://eprints.rclis.org/24643/
Viele Grüße
Winfried Gödert
--
Prof. Winfried Gödert
Fachhochschule Köln
Institut für Informationswissenschaft
Claudiusstr. 1
D-50678 Köln
Postanschrift:
Gustav-Heinemann-Ufer 54
50968 Köln
Tel.: +49 221 8275 3388 (-3376)
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Privat: Wasser 3a, D-51491 Overath, Tel.: 02206 858195
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http://www.inetbib.de
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