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Re: [InetBib] E-Book Boom an deutschen Bibliotheken
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
der ursprungs von Herrn Dr. Müller zitierte (und auch zurecht kritisierte)
Artikel
http://www.heise.de/newsticker/meldung/E-Book-Boom-an-deutschen-Bibliotheken-2557093.html?wt_mc=rss.ho.beitrag.rdf&from-mobi=1
macht aus meiner Sicht aber wenigstens den Versuch, die unterschiedlichen
Bedingungen der Systeme WB und ÖB zu differenzieren.
Er nennt wenigstens die "Onleihe", deren zeitliche Begrenzung allerdings keinen
"technischen" Grund hat :-) im Unterschied zur MultiSIM- und
nutzerstatusspezifischen Remote-Zugänglichkeit in WBs. Man muss immer bedenken,
dass die Journalisten, die diese Artikel verfassen, nicht den gleichen Einblick
in den Informationsmarkt haben wie wir.
Es geht in dem Artikel auch um die Frage des "Ersatzes" von Gedrucktem zu
elektronischen Werken. Dieser Aspekt interessiert auch eine allgemeine
Leserschaft und das hat auch für uns Bibliothekare Informationswert (siehe dazu
unten).
Wir kennen alle das Marktverhalten der Verlage, welches in verschiedenen
intransparenten Paket-, Punkte- und sonstigen Lizenzmodellen mündet samt
mittlerweile immer differenzierteren pda-Modellen.
Auch die konsortiale Erwerbung bewegt sich gerade in die Paketlinie für
E-Books, was solchen "Boom" verstärkt aber auch große Gefahren der
Mittelbindung für viel vielleicht Ungewolltes oder Mitgekauftes auslösen kann,
während für gewünschte Einzeltitel immer weniger Geld da ist. Für Verlage hat
das etwas mit Marktanteilen und Verdrängung kleinerer Marktteilnehmer zu tun.
Letztlich verbleiben in der Tat jede Menge Kröten, von denen der Nutzer wenig
weiß. DRM ist eine davon...
Allerdings ist von Seiten der Bibliotheken aus meiner Sicht auch noch etwas
fällig, was der Marktabhängigkeit wenigstens etwas entgegensetzen könnte:
nämlich ein Bestandskonzept zu formulieren, das auch diese elektronischen
Formen in einen Sammlungs- und Nutzungskontext stellt. Das umfasst Fragen wie
- welche Medienformen setze ich in einem Fach, in einem Nutzungsszenario (z. B.
Erstsemester, Bachelor, Master, Forschung) ein?
- für welchen Bedarf kaufe ich parallel, und für welchen kaufe ich print oder
elektronisch
-welchen Platz in der Akquise oder auch im Etat definiere ich für bestimmte
Erwerbungsformen bei E-Books, also z. B. Einzeltitel, Pakete, pda und/oder
Kauf/Jahreslizenz.
- welche Mittel bleiben frei, für plötzlich Wichtigeres als das ständige
Springer-E-Book Mittelbindungsspaket?
Dass man dies nicht im Detail vorherbestimmen kann, ist klar, denn dazu ist die
Sache zu komplex und auch vorherbestimmt durch Verlagssysteme. In der Tat
ändert sich auch vieles ständig.
Aber eine grundsätzliche Orientierung über ein Konzept würde z. B. die Gefahr
vermeiden, dass man sich zu sehr vom Angebot treiben lässt und da sind unsere
Freunde aus dem "Buchhandel" sehr erfindungsreich...
Übrigens führt Nicht-Kaufen (bzw. "Dauermieten") durchaus zu etwas: neuerdings
bieten Verlage, die früher nur Jahreslizenzmodelle hatten oder nur in Paketen
anboten, auch Einzeltitel zu besseren Konditionen oder über Aggregatoren an.
Freundliche Grüße
Annette Kustos, M.A. MA-LIS
Bibliotheksleiterin der Hochschulbibliothek hsg-Bochum
Hochschule für Gesundheit Bochum
Universitätsstr. 105
44789 Bochum
Tel. +4923477727150
Annette.Kustos@xxxxxxxxxxxxxxxx
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Inetbib [mailto:inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx] Im Auftrag von
Junkes-Kirchen, Klaus
Gesendet: Mittwoch, 25. Februar 2015 12:26
An: inetbib@xxxxxxxxxxxxxxxxx
Betreff: [InetBib] E-Book Boom an deutschen Bibliotheken
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
mit E-Books verhält es sich wie mit Katzen: man mag sie oder man mag sie nicht.
Ich mag keine Katzen, trotzdem haben wie eine zuhause...
Auch wenn ich persönlich dem gedruckten Buch immer noch den Vorzug gebem, so
gehört die Beschaffung von E-Books aufgrund der enormen Nachfrage an unserem
Standort zu meinen dienstlichen Aufgaben. Wie es aber nun auch verschiedene
Katzenarten gibt, die sehr unterschiedlich aussehen, so gibt es auch sehr
unterschiedliche E-Book-Formate.
Pauschale Verdammungen, dass alles blöd sei an E-Books, sollten einer
differenzierten Sichtweise inzwischen weichen können. Haben wir Bibliotheken
doch inzwischen genügend Erfahrungen sammeln dürfen. Wenn sich die Bibliotheken
darauf verständigen würden, nur Anbieter zu lizenzieren, die auch ein
benutzerfreundliches Angebot haben, also kein DRM, sondern PDF und zumindest
großzügige Ausdruckvolumina, dann würde sich der Markt auch so sortieren.
Inzwischen gibt es zahlreiche Verlags-Plattformen, auf denen DRM-freie E-Books
"erworben" werden können. Was fehlt, ist ein Aggregator, der solche Anbieter
bündeln könnte. Und dann noch ein PDA-Modell, dann wären viele frustierte
Kolleginnen und Kollegen glücklicher. Und unsere Nutzer auch - und dann gäbe es
vielleicht auch einen echten Boom...
--
Mit freundlichen Grüßen
Junkes-Kirchen
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Dr. Klaus Junkes-Kirchen
Leiter Abteilung Medienbearbeitung
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