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Re: [InetBib] Knowledge Unlatched



Liebe Frau Geschuhn,

vielen Dank für Ihre Auskunft. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich bin für 
jedes Unterfangen dankbar, das die Informationsversorgung sicherstellt. 
Allerdings sehe ich bei den in meiner ersten Mail angeschnittenen Fragen schon 
einige Probleme, von denen ich dachte KU hätte sie bedacht und würde sie nicht 
nach den ersten finanzierten Publikationen reflektieren. Gerade die 
Copyright-Holder-Frage ist zentral. Ich will einen weiteren Einwand 
anschließen. Sie schreiben, Ziel sei es die "Publikationskrise im Bereich der 
Geisteswissenschaften (immer kleinere Auflagen zu immer höheren Preisen) mit 
einem neuen Geschäftsmodell entgegenzutreten". Meiner Ansicht nach wird dies 
mit dem Konzept, wie ich es kenne und verstehe, schwierig. Die KU-Preise 
scheinen recht hoch angesetzt und mich dünkt das Modell lädt die Verlage 
förmlich dazu ein, sich ihren Gewinn schon zu sichern, bevor auch nur ein Buch 
gedruckt ist und das wie oft mit öffentlichen Mitteln. Ich könnte mir gut 
vorstellen, dass dieser Effekt eintritt: Die Bücher sind zwar elektronisch 
unter einer restriktiven CC-NC-ND-Lizenz erhältlich, die Kosten für die Bücher 
sind aber höher als nötig und finden kaum Druckverbreitung, da - so wie ich es 
verstehe - der Ladenpreis von den Verlagen festgelegt wird. Gerade bei Büchern 
ist aber eine günstige Druckausgabe essentiell für Akzeptanz und Verbreitung. 
Was spricht denn eigentlich gegen ein Auktionsmodell?

Auch Margo Bargheer formuliert sehr interessante Bedenken, diese sind für 
Bibliotheken wohl wichtiger als meine Einwände: 
https://lists.fu-berlin.de/pipermail/ipoa-forum/2014-January/msg00002.html


Viele Grüße


Ulrich Herb

----- Ursprüngliche Mail -----
Lieber Herr Herb,

Knowledge Unlatched entstand nach meinem Verständnis zunächst aus dem Gedanken 
heraus, der Publikationskrise im Bereich der Geisteswissenschaften (immer 
kleinere Auflagen zu immer höheren Preisen) mit einem neuen Geschäftsmodell 
entgegenzutreten, das vor allem maximale Sichtbarkeit und Verbreitung 
verspricht. Ich denke, dass es in der Pilotphase darum geht, die grundsätzliche 
Tragfähigkeit eines solchen Modells und auch die Bereitschaft der Bibliotheken 
auszuloten. Daran anschließend ist die Einrichtung eines bibliothekarischen 
Steuerungsgremiums geplant, in dem sicher genau diese Fragen, wie Sie sie 
formuliert haben, diskutiert werden müssen.

Siehe hierzu:
http://www.knowledgeunlatched.org/wp-content/uploads/2014/01/KU-Pilot-Prospectus.pdf

Beste Grüße
Kai Geschuhn


Kai Karin Geschuhn
Max Planck Digital Library
Open Access & License Management
Amalienstraße 33 | 80799 München
Phone +49 (0) 89 38602 253
Fax +49 (0) 89 38602 290
geschuhn@xxxxxxxxxxx 


------------------------------

Message: 11
Date: Wed, 15 Jan 2014 19:52:29 +0100
From: Ulrich Herb <u.herb@xxxxxxxxxxxxxx>
To: "Expertenforum für die Informationsplattform Open Access
        (http://open-access.net/)"  <ipoa-forum@xxxxxxxxxxxxxxxxxx>,
        inetbib@xxxxxxxxxxxxxxxxxx
Subject: Re: [InetBib] [IP-OA_Forum] Knowledge Unlatched - Beteiligung
        für Bibliotheken noch bis zum 28. Februar möglich
Message-ID: <52D6D8ED.2040404@xxxxxxxxxxxxxx>
Content-Type: text/plain; charset=UTF-8; format=flowed

Liebe Frau Geschuhn,


vielen Dank für die Informationen. Ich habe keine Beteiligung 
anzubieten, dafür aber drei Fragen, von denen zwei sich auf die leidige 
Lizenzdebatte beziehen.

a) Stellt KU sicher, dass Autoren den Verlagen nicht zusätzlich 
Druckkostenzuschüsse zahlen?

b) Warum werden die Bücher im Normalfall unter CC-NC-ND gestellt? Aus 
Rücksichtsnahme auf die Autoren? Mir erschiene es sinnvoll eine 
kommerzielle Verwertung durch dritte zu erlauben, *wenn* die Autoren den 
Content im Rahmen einer mit öffentlichen Mitteln finanzierten Tätigkeit 
erstellten. Taten sie das nicht, sondern waren z.B. selbständig tätig, 
könnte ich Wahl der NC-Version eher verstehen, obwohl sie auch in diesem 
Fall ihre Limitierungen hat [1]. Oder erfolgte die Wahl aus 
Rücksichtnahme auf die Verlage, schließlich sichert sie diesen die 
Monopolisierung der finanziellen Verwertung zu? Das fände ich 
fragwürdig, da ich vermute, dass sich die Verlage durch die 
KU-Finanzierung schon ausreichend gegen ausbleibende Gewinne absichern. 
Aber vielleicht will KU mit der Wahl der NC auch verhindern, dass die 
Verlage aus Angst vor Konkurrenz durch Nachdrucke noch höhere 
Entstehungskosten postulieren. Übrigens hat Eckhard Höffner in seiner 
Dissertation die Interpretation nahegelegt [2], dass das Fehlen eines 
urheberrechtlich durchgesetzten Buchdruck-Monopols im Deutschland des 
ausgehenden 19 Jhd. äußerst innovationsfördernd war. Genau so ein 
Monopol räumt KU aber den Verlagen ein. Anscheinend können Verlage und 
Autoren sich aber auch auf eine andere CC-Variante einigen, wie wird 
denn verfahren, wenn beide Akteure sich nicht eins werden?

c) Auf der KU-Website heißt es im Abschnitt zu den Lizenzen " Knowledge 
Unlatched books will generally be made available under a Creative 
Commons, Non-Commercial Licence. This type of Open Access licence allows 
people to share your book, but does not allow them to use the Open 
Access version to make money or to alter the work without the copyright 
owner?s permission." Dies wirft die Frage auf wer denn der 
Copyright-Holder ist? Der Verlag oder der Autor? Im ersten Fall ist der 
Autor eigentlich genauso entmündigt wie bei einem Total-Buy-Out.


Viele Grüße

Ulrich Herb

[1] Klimpel, P. (2012). Freies Wissen dank Creative Commons Lizenzen. 
Folgen, Risiken und Nebenwirkungen der Bedingung ?nicht-kommerziell - 
NC?. Berlin: Wikimedia. Retrieved from 
http://irights.info/userfiles/CC-NC_Leitfaden_web.pdf

[2] http://www.heise.de/tp/artikel/33/33092/1.html

On 15.01.2014 18:01, Kai Karin Geschuhn wrote:
-Bitte entschuldigen Sie Mehrfachempfang-

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir halten die britische "Community Interest Company" Knowledge Unlatched für 
einen vielversprechenden Ansatz zur Umsetzung von Open Access im Bereich der 
Geisteswissenschaften sowie für Monografien oder längere Publikationsformen. 
Zu begrüßen ist vor allem, dass neben den Verlagen gezielt Bibliotheken in 
den Prozess mit eingebunden werden. In Deutschland hat Knowledge Unlatched 
bisher noch nicht viel Resonanz erfahren, weshalb wir an dieser Stelle noch 
einmal auf die Beteiligungsmöglichkeiten hinweisen möchten.

Knowledge Unlatched ist eine Crowdfunding-Initiative für Bibliotheken mit dem 
Ziel, Monografien aus den Geistes- und Sozialwissenschaften im Open Access 
unter einer Creative-Commons-Lizenz zugänglich zu machen. Es gilt, die 
Grundkosten für einen Buchtitel zu decken, um verlegerisches Risiko zu 
minimieren und dadurch Open Access für Monografien zu ermöglichen. Je mehr 
Bibliotheken sich beteiligen, desto geringer sind die Kosten pro Bibliothek.

In der aktuellen  Pilotphase startet Knowledge Unlatched mit 28 
Neuerscheinungen aus 13 angesehenen Verlagen wie z.B. Bloomsbury Academic, 
Brill oder De Gruyter. Die durchschnittlichen Grundkosten pro Titel in dieser 
Kollektion betragen USD 12.000. Eine Beteiligung von mindestens 200 
Bibliotheken weltweit wird angestrebt, was zu Maximalkosten pro Bibliothek 
für die Open-Access-Freischaltung aller 28 Titel von USD 1.680 führen würde. 
Je mehr Bibliotheken ihre Beteiligung erklären, desto niedriger die Kosten. 
Zusätzliche oder parallele Print- oder E-Book-Bestellungen einer Bibliothek  
auf diese Titel werden dabei berücksichtigt und angerechnet.

Die "Pledging Period", also die Zeitspanne, in der Bibliotheken ihre 
Beteiligung erklären können, wurde gerade bis zum 28. Februar 2014 verlängert.

Knowledge Unlatched in 60 Sekunden erklärt:
http://www.knowledgeunlatched.org/ku-in-60-seconds/

Weitere Informationen unter:
http://www.knowledgeunlatched.org/


Mit freundlichen Grüßen
Kai Geschuhn

Kai Karin Geschuhn
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