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[InetBib] „Was sind eigentlich Daten?“
- Date: Sat, 12 Oct 2013 13:14:06 +0200
- From: h0228kdm <h0228kdm@xxxxxxxxxxxxxxxx>
- Subject: [InetBib] „Was sind eigentlich Daten?“
Jakob Voss hat in LIBREAS http://libreas.eu/ausgabe23/02voss/ einen, wie
ich meine interessanten Beitrag zur Frage „Was sind eigentlich Daten?“
geschrieben, der aufzeigt, wie chaotisch man in diesem Bereich mit
fundamentalen Begriffen wie Information oder Daten umgeht.
Seit dem das Internet mit immer mehr Daten von Laien zugeschüttet wird,
ist es nicht verwunderlich, dass wir dort fast jeden Unsinn finden
können, den sich Menschen (insbesondere unter Pseudonymen) ausdenken und
ins Netz bringen. Hier jede Nachricht auf Evidenz zu prüfen ist nicht
immer einfach. Darum finden wir in den letzten Jahrzehnten immer
häufiger unsinnige Definitionen für Begriffe wie Daten, Information,
Wissen etc. Dazu kommt, dass mit einer wachsenden Wissenschaft und einer
zunehmenden Spezialisierung der Wissenschaftler immer mehr Spezialisten
auf einem Gebiet, die Laien auf vielen anderen Gebieten sind.
Obwohl es also legitim und wichtig ist, bei der Frage „Was sind
eigentlich Daten?“ dies reviewartig zu hinterfragen, zeigt J. Voß, dass
man bei den verschiedenen Autoren, immer wieder prüfen muss, was sie nun
gerade gemeint haben. Was allerdings schwierig wird, wen die Autoren
soelbst nur sehr diffuse Vorstellungen entwickeln. Andererseits ist es
schon bedenklich, wenn R. L. Gray in seinem Rückblick auf die
Entwicklung der Begriffe Daten und Information, die eindeutig wichtigste
Quelle (Shannon und Weaver 1949) ignoriert. Denn das wurde im zweiten
Weltkrieg bei der Chiffrierung und Dechiffrierung von Nachrichten rasch
klar, dass jede Nachricht aus grundsätzlich drei Grundelementen besteht,
der Information, dem Rauschen und der Redundanz. Das Wort Nachricht war
damit der Oberbegriff dieser drei Unterbegriffe. Auch die Erkenntnis,
dass man jede Nachricht grundsätzlich in binary digits zerlegen und
damit in Bits messen kann, fand rasch Eingang in die ersten Computer,
bei denen man aber weniger von Nachrichtenverarbeitung als vielmehr von
Datenverarbeitung sprach. Damit konnte man Daten sammeln, speichern,
verarbeiten, verschicken etc. Der Begriff Daten war also nach dem
Weltkrieg, als diese Erkenntnisse nichtmehr geheim waren, eindeutig der
Oberbegriff von Information, Rauschen und Redundanz, insbesondere in
digitaler Form. Da aber alle Nachrichten, wie Zahlen, Texte, Bilder,
Töne oder Metadaten digitalisierbar sind, wurde der Begriff Daten damit
sozusagen zum Top Term.
Die Fundamentale Erkenntnis von Shannon, der auf der Ebene der
Informationstheorie „Aspekte der Bedeutung explizit ausklammert“ wie
Voss richtig schreibt, war gerade bei der anfänglichen Computerisierung
bemerkenswert, weil man die Daten ohne jede Semiotik (die Wissenschaft
von der Bedeutung von Zeichen) verarbeiten konnte. Dieser nächste
Schritt, der Bedeutungsverarbeitung, und darauf aufsetzend der
Wissensverarbeitung, ist erst eine Entwicklung unserer heutigen Zeit.
Die Aussage W. Weavers, „information cannot be confused with meaning“
darf nicht als Nachteil der Informationstheorie verstanden werden,
sondern zeigt eine tiefere Erkenntnis über die Tatsache, dass
Information nicht mit Interpretation verwechselt werden darf.
Interpretation ist erst Gegenstand der sogenannten Pragmatik in der
Semiotik. Auch die Semiotk hat drei Unterbegriffe, die Semantik
(Zuordnung von Zeichen zu Gegenständen auf der Senderseite), die Syntax
(Zuordnung der Zeichen zueinander), und die Pragmatik (Rekonstruktion
der Zeichen zu ihren Gegenständen auf der Empfängerseite). Das hat seine
Entsprechung zu Shannons Kommunikationsmodell mit Sender,
Übertragungskanal und Empfänger, aber auf der nächst höheren
(semiotischen) Ebene. Während auf der Wissensebene noch die Begründung
einer Information hinzu kommt. Sie ist eine a priori Redundanz, weil wir
beim Wissen als Empfänger auch Informationen vorhersagen können, soweit
sie sich aus dem zuvor gesendeten logisch oder erfahrungsgemäß ableiten
lassen.
MfG
Walther Umstätter
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