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Re: [InetBib] Alternative zu Amazon
Sehr geehrte Frau Ecks,
herzlichen Dank für den detailreichen Beitrag zu den rechtlichen
Komplexitäten einer solchen Webseite.
Leider bin ich mit den rechtlichen Bestimmungen für BuchhändlerInnen in
Deutschland etwas überfragt, ich habe mich noch nie damit beschäftigt. Im
Falle einer Webseite würde sich vermutlich auch die Frage stellen, ob eine
solche kostenfreie Vermittlungsleistung für Buchverkäufe überhaupt
verlangen würde, daß die BetreiberInnen der Webseite als "BuchhändlerInnen"
irgendwo formal Mitglied werden, zum Beispiel im Börsenverein. Die bloße
Bereitstellung einer kostenlosen Informationsplattform für VerkäuferInnen
und KäuferInnen von Büchern ist ja an sich kein Handelsgeschäft. Ich nehme
an, eine Privatperson, die auf einer solchen Webseite Bücher zum Verkauf
anbieten würde, bräuchte auch keine solche Mitgliedschaft bezahlen, da sich
dies wohl rechtlich nicht vom Verkauf eines privaten Buches an ein
örtliches Antiquariat unterscheidet.
Was die Buchpreisbindung für deutsche Neuerscheinungen betrifft - meine
Information ist, ohne daß ich die Debatte en détail kennen würde, daß die
deutsche Buchpreisbindung sehr viel dafür leistet, die hierzulande
existierende Pluralität an Buchläden (noch, zumindest in größeren Städten),
Verlagen und AutorInnenfreiheiten abzusichern. Ich weiß nicht, warum es
etwa in Rußland keine Buchpreisbindung gibt, wo erstens literarische
Kenntnisse ein hohes Kulturgut sind und sich zweitens die Preise von
Büchern teilweise sehr unterscheiden und es sich daher finanziell sehr
lohnt, vor größeren Einkäufen Erkundigungen einzuziehen, wo welches Buch am
billigsten ist. Die Buchpreisbindung würde natürlich auch für so eine
Webseite gelten, allerdings ist es, soweit ich es absehen kann, relativ
egal, ob ein neues deutsches Buch über das Internet, vom Verlag oder im
regionalen Buchhandel erworben wird - für Menschen in kleinen Orten, in
denen die Buchhandlung wegen starker Konkurrenz von Ketten leider schließen
mußte, ist es sicherlich bequemer, ein Buch per Internet zu bestellen und
als Päckchen nach Hause geliefert zu bekommen, statt einen der wenigen
Linienbusse in die nächste Kleinstadt nehmen zu müssen oder das Auto.
Ich wäre sehr dankbar, wenn irgendjemand auf dieser Webseite mir informiert
sagen könnte, ob die deutsche Buchpreisbindung auch dann gilt (und in
welchem Sinne), wenn ein neues Buch aus dem Ausland auf einer solchen
Webseite angeboten würde (oder auch von einem Buchladen hierzulande für
einen Kunden beschafft wird). Sicherlich wäre es hilfreich, wenn etwa ein
französischsprachiges Buch einer marokkanischen Feministin, das u.U. von
einer kleinen, ehrenamtlichen Initiative eines marokkanischen Kollektivs
herausgegeben wurde, auch direkt ohne Zusatzkosten über eine solche
Webseite angeboten und gekauft werden könnte (ich denke z.B. an "Le Harem
européen" von Fatima Mernissi, das mir mein Antiquar, der bei britischer
und US-amerikanischer Fachliteratur im Bereich der antiken griechischen
Ethik keine Probleme hat, mir nicht besorgen konnte). Das wäre dann nicht
nur dem deutschen, sondern auch dem internationalen Schutz kleiner Verlage
förderlich.
Die Frage, wer eine solche Webseite in verschiedene Sprachen anwendbar
übersetzen könnte, ist sicherlich das kleinere Hindernis. Eine rechtliche
Frage wäre jedoch auch, ob die gesamte juristische Debatte völlig anders
geklärt werden müßte, wenn etwa eine solche Webseite auf einem Server des
Königreiches Tonga beheimatet wäre, wo wegen der dortigen rechtlichen
Bestimmungen z.B. das Ansehen von Kinofilmen im Streaming-Verfahren völlig
legal ist und nach meinem Kenntnisstand daher auch beim Abrufen in
Deutschland keinerlei rechtliche Konsequenzen hat (www.kinox.to).
Zu guter Letzt gibt es auch AkademikerInnen, die mit universitärer oder
journalistischer Anbindung relativ gezielt Verlage auffordern, ihnen
Freiexemplare zur Rezension zuzuschicken, bei denen sie dann natürlich
weder Buchpreis noch Porto bezahlen. Diese völlig legale Vorgehensweise,
die manchmal etwas exzessiv zum Ausbau der eigenen Bibliothek genutzt wird,
kann nur dann rechtlich verantwortlich gemacht werden, wenn der Verlag
selbst irgendwann bemängeln sollte, daß etwa zahlreiche versandte
Rezensionsexemplare an immer dieselbe Person nie zu einer Rezension
führten. Wenn die angeblichen Rezensionen dann in obskuren Publikationen in
einer seltenen Sprache im Ausland erschienen sind, sind wohl viele deutsche
Verlage einfach mit der Frage überfordert, ob da irgendein Fehlverhalten
vorliegt. Ich würde sagen, hier unterliegt das individuelle Verhalten
solcher AkademikerInnen den Kriterien nicht nur des "beruflichen"
Geschmacks sondern auch der persönlichen Ethik, unabhängig jeglicher
rechtlichen Verfolgbarkeit.
Mit freundlichen Grüßen
Naomi Anne Kubota
--
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