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Re: [InetBib] Vision für deutsche Bibliotheken u. Informationseinrichtungen



On 04.07.2013 14:20, Lipka Regine wrote:

Sie sind alle herzlich eingeladen, hier in Inetbib in einen Dialog einzutreten und 
die Vision für unsere Community weiter zu entwickeln.

Ich finde es sehr gut, dass Methoden zur Strategieentwicklung (auch zur Umsetzung?) in der bibliothekarischen Ausbildung gelehrt werden.

Ich bin gerade wieder mit rund 100 BibliothekarInnen und anderen Menschen aus dem Bibliotheksumfeld aus der ganzen Welt 10 Tage an der frischen Luft gewesen. Wir haben auf dem Weg von Amsterdam nach Brüssel viele interessante Bibliotheken besucht, dabei Visionen anderer kennengelernt und diskutiert und beim Radfahren selbst viele eigene entwickelt. Siehe http://www.cyclingforlibraries.org/ Ein Kerngedanke (Vision?), der dabei in interessanter Weise immer wieder auftrat, war die "Wandlungsfähigkeit". Das ist als "abstrakter Gedanke" leicht gesagt, ja eine Plattitüde: "Bibliotheken müssen wandlungsfähig sein. Schönen Sonntag noch..." Spannend war aber zu sehen, wie sich das in mehreren Bibliotheksneubauten, die wir besucht haben, selbst in der Architektur(!) niederschlägt. Neue Bibliotheken in den Niederlanden und Belgien werden so gebaut, dass die Gebäude sich wandelnden Bedürfnissen ihrer Benutzer anpassen können. Ein Gebäude, das solches erlaubt, ist eine umgesetzte Vision, sozusagen in Stein gemeißelt: Die Bibliothek wird als Ort/Gebäude/Raum weiter bestehen und eine wichtige gesellschaftliche Funktion haben (sonst würde man keine mehr bauen), ihre Nutzung kann sich aber stetig verändern, vielleicht in Richtung der vierten Vision des Seminars (was allerdings doch längst stattfindet, man schaue sich z.B. mal die Bibliothek der TU Delft an), vielleicht 2033 aber auch längst wieder ganz anders.

Deswegen bin ich allerdings ein wenig überrascht, dass wir bis 2033 Zeit haben sollen, um die Bedürfnisse von Bibliotheksbenutzern zu verstehen. Wenn wir bis dahin brauchen, brauchen diese Benutzer Bibliotheken doch schon längst nicht mehr. Dieses "digitale Zeitalter" ist doch längst Teil der aktuellen Realität. Deswegen geht es schlicht um die alltäglichen "Informationsbedürfnisse" unserer Nutzer und nicht in irgendeinem "digitalen Zeitalter", die wir jetzt verstehen und unterstützen müssen. Und 2033 natürlich auch, wie auch immer die dann sein werden. Aber das ist doch keine Vision? Zumindest ich lebe schon längst in einer Welt mit Zugriff auf Wissensressourcen wo, wie und wann auch immer ich es möchte. Und die meisten Menschen in meinem Umfeld (einschließlich z.B. meiner doch schon älteren Eltern, die sicher nicht mit dem Schlagwort "technikaffin" o.ä. abzustempeln sind) ebenfalls. Mich wundert deswegen, wie in einem Seminar mit jungen Informationsspezialisten so etwas wie die erste Vision für das Jahr 2033(!) herauskommen kann? Bibliotheken müssen die aktuellen "Informationsbedürfnisse" ihrer Nutzer schon längst verstanden haben (sie müssten die heutige Realität mit ubiquitärem Zugang zu Wissen vielleicht vor 20-30 Jahren als Vision gesehen haben), dazu sind keine 20 Jahre Zeit mehr... Auch die zweite Vision ist doch hoffentlich längst Realität. Oder soll sie ein Eingeständnis sein, dass wir bisher eher Barrieren aufbauen statt sie zu beseitigen?

Ich bin ein wenig ratlos... Vielleicht standen eher methodische Aspekte im Mittelpunkt des Seminars, weniger inhaltliche? Dann sollte man das aber in der Präsentation der Ergebnisse auch in den Mittelpunkt stellen... Und wenn ich einen methodischen Tipp zur Entwicklung von Visionen (aber auch ihrer schnellen Heilung ;-) ) geben darf: Cycling for Libraries findet nächstes Jahr vorraussichtlich im August von Barcelona nach Lyon (zur dortigen IFLA-Konferenz) statt. Nähere Details stehen noch nicht fest, werden aber auf den im digitalen Zeitalter üblichen Wegen bekannt gegeben werden.

Viele Grüße,
Till Kinstler

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