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Re: [InetBib] Vision für deutsche Bibliotheken u. Informationseinrichtungen
- Date: Fri, 5 Jul 2013 11:31:57 +0200
- From: Till Kinstler <kinstler@xxxxxx>
- Subject: Re: [InetBib] Vision für deutsche Bibliotheken u. Informationseinrichtungen
On 04.07.2013 14:20, Lipka Regine wrote:
Sie sind alle herzlich eingeladen, hier in Inetbib in einen Dialog einzutreten und
die Vision für unsere Community weiter zu entwickeln.
Ich finde es sehr gut, dass Methoden zur Strategieentwicklung (auch zur
Umsetzung?) in der bibliothekarischen Ausbildung gelehrt werden.
Ich bin gerade wieder mit rund 100 BibliothekarInnen und anderen
Menschen aus dem Bibliotheksumfeld aus der ganzen Welt 10 Tage an der
frischen Luft gewesen. Wir haben auf dem Weg von Amsterdam nach Brüssel
viele interessante Bibliotheken besucht, dabei Visionen anderer
kennengelernt und diskutiert und beim Radfahren selbst viele eigene
entwickelt. Siehe http://www.cyclingforlibraries.org/
Ein Kerngedanke (Vision?), der dabei in interessanter Weise immer wieder
auftrat, war die "Wandlungsfähigkeit". Das ist als "abstrakter Gedanke"
leicht gesagt, ja eine Plattitüde: "Bibliotheken müssen wandlungsfähig
sein. Schönen Sonntag noch..."
Spannend war aber zu sehen, wie sich das in mehreren
Bibliotheksneubauten, die wir besucht haben, selbst in der
Architektur(!) niederschlägt. Neue Bibliotheken in den Niederlanden und
Belgien werden so gebaut, dass die Gebäude sich wandelnden Bedürfnissen
ihrer Benutzer anpassen können. Ein Gebäude, das solches erlaubt, ist
eine umgesetzte Vision, sozusagen in Stein gemeißelt: Die Bibliothek
wird als Ort/Gebäude/Raum weiter bestehen und eine wichtige
gesellschaftliche Funktion haben (sonst würde man keine mehr bauen),
ihre Nutzung kann sich aber stetig verändern, vielleicht in Richtung der
vierten Vision des Seminars (was allerdings doch längst stattfindet, man
schaue sich z.B. mal die Bibliothek der TU Delft an), vielleicht 2033
aber auch längst wieder ganz anders.
Deswegen bin ich allerdings ein wenig überrascht, dass wir bis 2033 Zeit
haben sollen, um die Bedürfnisse von Bibliotheksbenutzern zu verstehen.
Wenn wir bis dahin brauchen, brauchen diese Benutzer Bibliotheken doch
schon längst nicht mehr. Dieses "digitale Zeitalter" ist doch längst
Teil der aktuellen Realität. Deswegen geht es schlicht um die
alltäglichen "Informationsbedürfnisse" unserer Nutzer und nicht in
irgendeinem "digitalen Zeitalter", die wir jetzt verstehen und
unterstützen müssen. Und 2033 natürlich auch, wie auch immer die dann
sein werden. Aber das ist doch keine Vision?
Zumindest ich lebe schon längst in einer Welt mit Zugriff auf
Wissensressourcen wo, wie und wann auch immer ich es möchte. Und die
meisten Menschen in meinem Umfeld (einschließlich z.B. meiner doch schon
älteren Eltern, die sicher nicht mit dem Schlagwort "technikaffin" o.ä.
abzustempeln sind) ebenfalls. Mich wundert deswegen, wie in einem
Seminar mit jungen Informationsspezialisten so etwas wie die erste
Vision für das Jahr 2033(!) herauskommen kann? Bibliotheken müssen die
aktuellen "Informationsbedürfnisse" ihrer Nutzer schon längst verstanden
haben (sie müssten die heutige Realität mit ubiquitärem Zugang zu Wissen
vielleicht vor 20-30 Jahren als Vision gesehen haben), dazu sind keine
20 Jahre Zeit mehr...
Auch die zweite Vision ist doch hoffentlich längst Realität. Oder soll
sie ein Eingeständnis sein, dass wir bisher eher Barrieren aufbauen
statt sie zu beseitigen?
Ich bin ein wenig ratlos... Vielleicht standen eher methodische Aspekte
im Mittelpunkt des Seminars, weniger inhaltliche? Dann sollte man das
aber in der Präsentation der Ergebnisse auch in den Mittelpunkt stellen...
Und wenn ich einen methodischen Tipp zur Entwicklung von Visionen (aber
auch ihrer schnellen Heilung ;-) ) geben darf: Cycling for Libraries
findet nächstes Jahr vorraussichtlich im August von Barcelona nach Lyon
(zur dortigen IFLA-Konferenz) statt. Nähere Details stehen noch nicht
fest, werden aber auf den im digitalen Zeitalter üblichen Wegen bekannt
gegeben werden.
Viele Grüße,
Till Kinstler
--
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